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Entfuhrt

Entfuhrt

Titel: Entfuhrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Koppel Hans
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einmal in der Woche dorthin. Weil es praktisch war. Weil es dort alles gab, und nicht zuletzt, weil dort das Parken nichts kostete. Einfach den Kofferraum vollladen und nach Hause fahren.
    Ylva schlenderte meistens genüsslich durch dieselben Läden wie in der Woche zuvor und machte mit geübtem Blick neue Waren in dem enormen Angebot aus, während Mike fast panisch durch die verglasten Gänge eilte, aus Angst dass etwas von diesem unerträglichen Mist an ihm kleben bleiben könnte.
    Sannas Einstellung lag irgendwo dazwischen. Die Eisdiele, das Zoogeschäft und die vielen Menschen lockten. Hier waren Leben, Bewegung, Licht und Eindrücke, für viele Besucher der Höhepunkt der Woche.

    Ylva breitete ihre Einkäufe nach dem Nachhausekommen wie Trophäen auf dem Bett aus. Sie erzählte Sanna, was sie gekauft hatte, warum sie es gekauft hatte und wie sich die neuen Kleidungsstücke mit denen kombinieren ließen, die sie bereits besaß.
    Mike fragte sich, ob das eine Art Schule war, ob so die neuen Konsummonster herangezogen wurden.
    Ganz gleichgültig, er hatte nicht die Ruhe herumzuschlendern und so zu tun, als ob nichts wäre.
    »Was meinst du, Sanna, wollen wir zu McDonald’s gehen und dann nach Hause fahren?«
    »Wir sind doch gerade erst gekommen.«
    »Bist du denn nicht hungrig?«
    »Nein.«
    »Okay, dann gehen wir erst in die Läden und essen anschließend eine Kleinigkeit. Okay?«
    Ylva hatte immer noch nicht angerufen, und zu seiner Wut gesellte sich eine leise Unruhe.
    Der Gedanke, dass etwas passiert sein könnte, dass es einen legitimen Grund gab, warum sie nicht von sich hören ließ, war fast tröstlich. Unruhe war leichter zu ertragen als Angst.
    Aber er hatte Angst, Angst, abserviert und aus der Handlung gestrichen zu werden.
    Als Tröstender oder, Gott bewahre, Trauernder hätte Mike zumindest eine Aufgabe zu erfüllen.

    Sanna kaute langsam und betrachtete mit großen Augen ihre Umwelt: übergewichtige Familien, nicht abgeräumte Tische und gestresstes Personal.
    Mike war mit dem Essen fertig und wippte unter dem Tisch rastlos mit dem Fuß.
    »Lecker?«
    Er lächelte seine Tochter an und war bemüht, sich nicht anmerken zu lassen, dass er gern auf einen großen Teil seines Lohnes verzichtet hätte, wenn er sofort das Lokal verlassen dürfte. McDonald’s war der letzte Stopp. Sie hatten die Zoohandlung hinter sich gebracht, in der Buchhandlung DVDs angeschaut und in einer Bijouterie billigen Schmuck.
    Sanna nickte und biss ein Stück von einer Pommes ab. Ganz langsam. Mike war fertig gewesen, da hatte seine Tochter noch nicht einmal die Gurke aus ihrem Hamburger gefischt.
    »Konzentrier dich auf den Hamburger, dann können wir deine Pommes mitnehmen«, sagte er mit einem gezwungenen Lächeln.
    »Haben wir es eilig?«
    »Was? Ach so, nein. Wir haben es nicht eilig.«
    Sanna kaute nachdenklich auf ihrer Pommes, während sich zwei Jungen im Kindergartenalter am Nachbartisch um die Spielsachen ihres Happy Meal prügelten.
    Mike sah ein, dass er noch mindestens ein halbstündiges Leiden vor sich hatte.
    Er zog sein Handy aus der Innentasche, warf einen Blick auf das Display, um sich zu vergewissern, dass ihm
kein Anruf entgangen war, und rief dann erneut Ylvas Handy an. Die Mailbox sprang sofort an. Er unterbrach die Verbindung, ohne etwas aufs Band zu sprechen. Dann rief er zu Hause an, ließ es ein halbes Dutzend Mal klingeln und gab dann auf.
    Er sah seine Tochter an und hielt das Telefon mit elterlicher Überdeutlichkeit in die Höhe.
    »Ich muss telefonieren«, sagte er. »Ich stelle mich einen Moment draußen hin, aber so, dass ich dich durch das Fenster sehen kann. Okay?«
    »Kannst du nicht hier telefonieren?«, fragte Sanna.
    »Ich muss mit jemandem reden.«
    »Aber du hast doch eben auch telefoniert.«
    »Das hier ist ein anderer Anruf. Ich will nicht, dass im Hintergrund so ein Lärm ist. Bleib einfach sitzen, ich stehe direkt vor der Tür.«
    Er trat ein paar Schritte vor das Lokal, winkte seiner Tochter zu und suchte Nours Privatnummer aus dem Nummernverzeichnis.
    »Hallo, hier ist Mike.«
    »Hallo, hallo. Ist sie aufgetaucht?«
    »Nein, ist sie nicht. Zumindest nicht, dass ich wüsste. Ich bin mit Sanna im Einkaufszentrum in Väla, aber ich habe einen Zettel für sie hinterlassen und sie gebeten, mich anzurufen. Das hat sie bisher nicht getan. Es geht auch niemand dran, weder zu Hause noch an ihrem Handy. Hast du was rausgekriegt?«
    »Also … ich. Bislang kein Treffer, aber ich mache

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