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Entfuhrt

Entfuhrt

Titel: Entfuhrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Koppel Hans
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wirklich passiert ist.«
    »Und das glaubst du!«, meinte Karlsson. »Er ist frisch verliebt und hat eine Tochter, um die er sich kümmern muss. Warum gibt es eigentlich nie irgendwas Süßes zum Kaffee? Immer nur diese langweiligen Kekse, die so trocken sind, dass man sie mit Wasser runterspülen muss.«
    »Vielleicht war er es ja nicht«, meinte Gerda.
    »Wer? Was?«, erwiderte Karlsson geistesabwesend.
    »Dieser Oberschichtschnösel. Vielleicht ist er ja unschuldig.«
    Karlsson lachte.
    »Sicher. Schneewittchen in höchsteigener Person. Was hat sie noch gleich gesagt?«

    »Wer?«
    »Diese Schauspielerin.«
    »Ich weiß nicht, von wem du sprichst.«
    »Diese Blonde«, meinte Karlsson, »die wie ein Transvestit klang. Schwarz-Weiß-Filme.«
    »Rita Hayworth?«
    »Die hatte doch wohl nichts von einem Transvestiten! Früher. Hände in den Hüften, ordinär.«
    Gerda schüttelte den Kopf.
    »Doch, du weißt schon«, meinte Karlsson. »Irgendwas mit M.«
    »Marilyn Monroe?«
    »Nicht Marilyn Monroe. Ich habe doch gesagt, früher, zur Zeit der ersten Tonfilme.«
    »Keine Ahnung.«
    »Mae West.«
    »Und was ist mit der?«
    »Sie hat das gesagt.«
    »Was?«
    »I used to be Snow White, but I drifted. Verdammt gut.«
    »Das verstehe ich nicht«, erwiderte Gerda.
    »Ich war Schneewittchen, aber … Also, dass sie das eben nicht mehr ist.«
    »I used to …?«
    » … be Snow White, but I drifted.«
    »Was bedeutet drifted?«
    »Also, ich weiß, was es bedeutet, aber ich kann es nicht übersetzen.«

    Gerda nickte.
    »Okay.«

    Calle stieg aus dem Bus. Als Erstes sah er zwei Mädchen, Teenager, die in langsamem Schritt auf ihren Ponys an ihm vorbeiritten. Anschließend fuhr ein einzelnes Auto gemächlich die steile Straße hinauf. Zwischen den Häusern schimmerten der Öresund und die dänische Küste.
    Calle las die Straßenschilder: Sperlingevägen, Sundsliden. Er zog den Stadtplan aus der Tasche, den er aus dem Internet ausgedruckt hatte, und versuchte, sich zu orientieren. Eine ältere Frau harkte den Kies einer Garagenauffahrt. Calle nickte ihr zu.
    »Brauchen Sie Hilfe?«, fragte sie. Es war deutlich zu hören, dass sie aus Stockholm war.
    »Danke, kein Problem, ich finde es schon.«
    Calle nickte dankbar. Die Leute aus der Hauptstadt, dachte er, das sind anständige Leute. Die Frau lächelte, und Calle hatte das Gefühl, dass sie ihm irgendwie bekannt vorkam. Freundliche Gesichter kamen ihm irgendwie immer bekannt vor.
    »Wo wollen Sie denn hin?«, fragte sie.
    »In den Gröntevägen«, sagte Calle.
    »Das ist auf der anderen Seite der großen Wiese. Suchen Sie jemand Bestimmtes?«
    »Michael Zetterberg«, sagte Calle.

    »Er wohnt in dem großen weißen Haus mit dem schwarzen Dach.«
    Die Frau deutete in die Richtung.
    »Danke«, sagte Calle und setzte sich in Bewegung.
    Er hätte um ein Haar gefragt, ob sie sich nicht schon einmal irgendwo begegnet wären, aber nach dem, was ihm die Redaktionschefin des Familienjournals erzählt hatte, war er nicht in der Laune für Smalltalk.
    Ylva war seit fast anderthalb Jahren verschwunden. Drei der vier waren tot, die Vierte wurde vermisst. Was bedeutete das? Gab es einen Zusammenhang? Oder handelte es sich um einen Zufall?
    Calle widerstand der Versuchung, die Wiese zu überqueren, und ging die Straße entlang. Das Gras war sicher nass, und er hatte zur Feier des Tages seine besten Halbschuhe angezogen, obwohl sie für das kalte Herbstwetter eigentlich zu dünn waren.
    Zetterbergs Haus war groß, und der Garten wirkte gepflegt. Als Calle näher kam, fiel ihm ein Trampolin auf, das die letzten Winter im Freien gestanden haben musste. Ein vergessener Fußball lag auf dem Rasen, und ein Tretschlitten stand nachlässig geparkt vor der Terrassentür.
    Gut, dachte Calle. Vor Pedanten sollte man sich hüten. Er hatte Artikel für mehrere Einrichtungszeitschriften verfasst und wusste, dass es in den schicksten Häusern und Wohnungen in der Regel nach Desinfektionsmittel und Scheidung roch.
    In der Auffahrt stand kein Auto, es schien niemand zu Hause zu sein.

    Calle ging zur Tür und klingelte. Niemand zu Hause. Irgendwie war er erleichtert. Er hatte keine Ahnung, was er zu Ylvas Mann hätte sagen sollen.
    Calle schaute auf die Uhr, Viertel nach fünf. Er hatte einen Platz in der letzten Maschine nach Stockholm gebucht, um nach der Arbeitsbesprechung noch Zeit für ein Interview mit Ylva zu haben. Obwohl er der Redaktionschefin des Familienjournals gegenüber Gegenteiliges

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