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Entfuhrt

Entfuhrt

Titel: Entfuhrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Koppel Hans
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Dummheiten einen Riegel vorzuschieben.
    Die nächste Szenerie in Calles Kopf waren der Telefonanruf, die Gardinenpredigt und die beendete Zusammenarbeit. Anschließend: wie sich alle das Maul zerreißen würden.
    Dieser Calle Collin, was ist mit dem eigentlich los? Er war früher ja wohl mal ein ganz passabler Reporter. Jetzt scheint er vollkommen durchgeknallt zu sein.
    Der dritte Gedanke, und da war die Maschine bereits gelandet und rollte auf das Gate in Arlanda zu, lautete J-ö-r-g-e-n. Dieser unsympathische Typ mit so viel Kohle in den Taschen, dass er nichts Besseres zu tun hatte, als sich selbst als aufregenden Exzentriker zu stilisieren.
    Das war alles seine Schuld. Alles. Wenn er nicht überhaupt dahintersteckte.
    Statt auf den Flughafenbus zu warten, nahm Calle ein Taxi.
    »Lidingö.«
    Er schaltete sein Handy ein und rief Jörgen an.

    »Ich bin auf dem Weg zu dir«, sagte Calle. »Wir müssen miteinander reden.«

    »Heute war jemand hier«, sagte Marianne.
    »Hier?«, fragte Gösta.
    »In der Straße. Er fragte nach dem Gröntevägen. Er wollte zu Mike. Er nannte ihn Michael.«
    »Und?«
    Gösta klang nur mäßig interessiert. Er blätterte weiter in seiner Zeitung.
    »Eine Schwuchtel«, sagte Marianne. »In ihrem Alter. Der Sprache nach aus Stockholm.«
    »Ein Schwuler aus Stockholm. Welch eine Sensation.«
    Marianne seufzte müde.
    »Da war etwas«, sagte sie. »Er hat mich angeschaut, als würde er mich kennen.«
    »Hat er sich vorgestellt?«
    »Natürlich nicht.«
    »Hat er was gesagt?«
    »Nein.«
    »Na dann.«
    Marianne stand verärgert auf und räumte die Spülmaschine ein. Gösta las weiter, ohne sie zu beachten. Sie knallte die Klappe zu. Gösta schaute hoch.
    »Wir können nicht bis in alle Ewigkeit so weitermachen«, sagte sie. »Wir sind fast fertig, nur Ylva ist übrig. Wir müssen die Sache abschließen, und wir müssen es jetzt tun.«

48. KAPITEL
    Calle Collin bezahlte das Taxi, ging zur Pforte und klingelte. Er schaute in die Kamera. Der Lautsprecher knisterte.
    »Komm rein«, sagte Jörgen. Das Türschloss klickte.
    Calle drückte die Pforte auf und ging auf das Haus zu. Noch bevor er dort war, öffnete Jörgen die Haustür.
    »Was verschafft mir die Ehre?«
    Calle sah seinen alten Klassenkameraden forschend an.
    »Ist die Familie zu Hause?«, fragte er.
    »Natürlich«, erwiderte Jörgen.
    »Dann schlage ich vor, dass wir einen Spaziergang machen.«
    Jörgen verstand zwar nicht, warum, aber er nickte.
    »Ich hole nur schnell eine Jacke«, erwiderte er.
    Sie waren nur ein paar Schritte von der Pforte entfernt, da packte Calle Jörgen am Kragen und drückte ihn an die sorgsam gestutzte Hecke.
    »Was zum Teufel hast du angerichtet? Willst du sie noch alle umbringen?«
    Jörgen wirkte aufrichtig schockiert. Er blinzelte rasch, und seine Unterlippe zitterte.

    »Verdammt. Lass mich los. Wovon redest du?«
    »Du hast sie umgebracht«, schrie Calle. »Alle.«
    »Wen? Wovon sprichst du?«
    Jörgen war den Tränen nahe. Calle hielt ihn fest.
    »Für wie blöd hältst du mich eigentlich? Glaubst du, weil du so viel Geld hast, kannst du über Leben und Tod entscheiden? Wen willst du als Nächstes killen? Kann ich mir meines Lebens noch sicher sein? Vielleicht willst du mich ja auch umbringen?«
    »Hör auf, Calle. Ich hab nichts getan. Wovon sprichst du eigentlich?«
    Calle zitterte. Sein Körper war maximal angespannt. Jörgen weinte, der Rotz lief ihm aus der Nase, und er rang nach Luft. Calle drückte ihn tiefer in die Hecke.
    »Ich gehe zur Polizei. Nur damit das ganz klar ist«, sagte er. »Ich gehe zur Polizei.«
    »Ich habe nichts getan«, stammelte Jörgen.
    Calle schob ihn beiseite und lief los. Er war fünf Meter gegangen, da hielt er inne und drehte sich um. Er streckte einen Arm aus, half seinem Freund auf die Beine und umarmte ihn weinend. Arm in Arm kehrten sie zum Haus zurück.
    Jörgens Frau sah sie forschend an.
    »Spielt ihr Brokeback Mountain?«
    Calle lachte.
    »Nein. Ich habe höhere Ansprüche.«
    Jörgens Frau runzelte die Stirn.
    »Du meinst, im Gegensatz zu mir?«
    Jörgen küsste sie vorsichtig auf die Wange.

    »Calle ist einfach nur eifersüchtig«, meinte er.
    Sie gingen hoch und setzten sich in die Küche. Calle erzählte von seinem Tag in Schonen und dass Ylva seit über einem Jahr verschwunden war.
    »Sie kann doch nicht einfach verschwinden«, meinte Jörgen.
    »Bestimmt hat ihr Mann sie umgebracht«, meinte Jörgens Frau.
    Calle schüttelte den Kopf.
    »Wenn er

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