Enthemmt!

mir liegt? Auf keinen Fall.” Ich lächle ihn zuckersüß an.
    “Claudia!”
    Beim Klang meines Namens drehe ich mich um: Lishelle eilt mit Glenn an der Hand auf mich zu. Sie lässt ihn erst los, als sie nah genug ist, um mir die Arme um den Hals zu werfen. Lishelle gibt nie höfliche Küsschen. Sie ist meine Freundin, und das demonstriert sie deutlich, egal, wo wir sind.
    “Wie geht es dir?”, fragt sie. Ich muss gestehen, sie hat noch nie glücklicher gewirkt. “Gott, du siehst toll aus. Du hast ja gesagt, dass du heiß aussehen wirst, aber so heiß? Irre!”
    “Danke. Aber du siehst selbst ziemlich klasse aus. Ist das Kate Spade?”
    “Mhm. Klassisch, aber sexy.”
    “Allerdings.” Erst jetzt fällt mir auf, dass ich Glenn völlig ignoriert habe. Deshalb wende ich mich ihm zu und nehme seine Hand. “Glenn, hallo. Es ist lange her.”
    “Das stimmt. Schön, dich zu sehen.”
    “Finde ich auch. Und wie ich höre, werden wir uns jetzt öfter sehen.”
    “Sehr viel öfter”, stimmt Glenn zu. Dann hebt er Lishelles linke Hand an, an dem ein wunderschöner Diamantring blitzt.
    “Mann!” Ich sperre den Mund auf. “Du sagtest ja, dass es ernst ist, aber …”
    “Er hat mir heute Nachmittag einen Antrag gemacht.”
    “Lishelle!” Also hatte sie recht, Glenn hat endlich die Kurve gekriegt. “Gratuliere!” Ich umarme sie noch mal und dann auch Glenn.
    Als ich eine Hand auf meiner Taille fühle, wirble ich herum. Adam wartet darauf, vorgestellt zu werden.
    “Ich glaube, du kennst Glenn noch nicht, oder?”
    “Nein.”
    “Adam, das ist Glenn Baxter, Lishelles Verlobter. Glenn, das ist mein Verlobter, Adam Hart.”
    Die beiden Männer schütteln sich die Hand.
    “Wie geht es dir, Adam?”, fragt Lishelle.
    “Könnte nicht besser sein.”
    “Glenn und ich haben uns gerade verlobt”, flötet Lishelle. “Soll ich ihnen von dem Haus in Duluth erzählen?”
    “Nun …” Glenn zuckt mit den Achseln.
    “Ich sollte eigentlich meinen Mund halten, weil es noch nicht sicher ist, aber Glenn hat mir ein wunderschönes Haus in Duluth gezeigt. Dort hat er mir auch den Heiratsantrag gemacht. Es war so romantisch.”
    Ich kann nicht anders, ich bin skeptisch. “Seid ihr nicht erst seit letztem Wochenende wieder zusammen?”
    Glenn drückt Lishelle fest an sich. “Aber es ist schon seit über zehn Jahren in der Mache.”
    “Gratuliere”, ruft Adam. “Das sind tolle Neuigkeiten.”
    “Danke.”
    “Was machen Sie beruflich, Glenn?”, fragt Adam.
    “Ich bin Pilot.”
    “Aha. Bei welcher Fluggesellschaft?”
    “All-American Air.”
    Adam nickt höflich, aber ich weiß bereits, was er denkt. Er denkt, die Airline ist nicht groß und repräsentativ genug.
    “Jetzt kannst du also im ganzen Land herumfliegen”, sage ich zu Lishelle, in der Hoffnung, dass Glenn nichts von Adams Hochnäsigkeit mitbekommt. Wirklich, ich liebe ihn, aber ich kann es nicht ausstehen, wie elitär er manchmal sein kann.
    “Das ist nur einer der Vorzüge, auf die ich mich freue.” Lishelle löst sich von Glenn und hakt mich unter. “Wo ist Alisha?”
    “Ich habe sie noch nicht gesehen.”
    “Dann sollten wir sie suchen gehen.” Lishelle dreht sich zu Glenn um und reicht ihm die Hand, die er nicht nimmt, ohne ihr vorher tief in die Augen zu blicken wie ein rettungslos verliebter Mann.
    “Ich drehe mal ein paar Runden.” Adam gibt mir ein Küsschen auf die Wange.
    “Ja, gut.” Ich bin ein wenig enttäuscht, obwohl mir klar ist, dass Adam die Gäste begrüßen und sich für ihre Unterstützung bedanken muss. “Bis später dann.”
    Ich zwinge mich zu einem Lächeln. “Dann los. Suchen wir Alisha.”
    Ich entdecke Alisha, als diese gerade ein Champagnerglas von einem silbernen Tablett nimmt und in null Komma nichts herunterschüttet – bis zum letzten Tropfen.
    Irgendetwas stimmt nicht.
    Und als ich näher komme, sehe ich, dass ihre Augen rot gerändert sind. Sie muss geweint haben.
    Alishas Augen leuchten auf, als sie uns bemerkt, sie löst sich von Charles' Arm und schwebt auf uns zu. Wir hauchen uns Küsschen zu. “Glenn.” Alisha schnappt sich seine Hand. “Wie schön, dich wiederzusehen.”
    Sie plappert ein wenig zu viel – so als ob sie bereits einiges getrunken hätte.
    “Wir sind verlobt!” Lishelle lässt ihren Ring aufblitzen.
    “Was? Das ist ja fantastisch.” Als Tränen aus Alishas Augen treten, ist mir klar, dass es nicht wegen Lishelle und Glenn ist. Ich frage mich, ob Lishelle das auch bemerkt.
    Ich