Enthemmt!
zwar besser einen verdammt guten”, brüllt Charles und stürmt aus der Toilette.
Ich habe ein Notfalltreffen mit Claudia und Lishelle einberufen. Hier bin ich also, stürze kurz nach einundzwanzig Uhr ins “Liaisons”, um die beiden zu treffen. Ich bin froh, dass sie Zeit haben, denn ich bin bis jetzt stundenlang ziellos durch die Stadt gefahren, ohne zu wissen, was ich tun oder wohin ich gehen soll. Ich traue mich nicht zurück in unser Haus, weil Charles ja den Alarmcode geändert haben könnte. Bei allem, was er mir angetan hat, wäre das kein Wunder.
Claudia sieht auch nicht viel besser aus, als ich mich fühle. Sie genehmigt sich gerade einen Cosmopolitan. Lishelle hat ein Glas Wein vor sich stehen und wirkt zugleich müde und besorgt.
“Ally”, ruft Lishelle. “Deine Nachricht klang so …”
“Dieser verfluchte Scheißkerl!”, rufe ich aus, noch bevor ich mich auf den Sitz plumpsen lasse.
“… wütend”, vollendet Lishelle ihren Satz.
“Am liebsten würde ich ihn mit einem Baseballschläger zu blutigem Brei schlagen, das könnt ihr mir glauben.”
“Oje”, murmelt Claudia. “Du hast zu viele Antidepressiva geschluckt und mutierst jetzt zu einer gewalttätigen Wahnsinnigen.”
“Ich mutiere zu einer gewalttätigen Wahnsinnigen, weil Charles sich als verfluchter Dreckskerl herausstellt.”
“Du liebe Zeit.” Claudia nippt an ihrem Cosmo. “Der muss ja wirklich was Schlimmes angestellt haben, wenn du wie ein Bauarbeiter fluchst.”
“Ich bin doch die von uns, die derart flucht”, bestätigt Lishelle. “Und du fast nie, Ally.”
“Du kannst dir überhaupt nicht vorstellen,
wie
ich heute bereits geflucht habe.” Ich wusste nicht, dass ich dazu überhaupt in der Lage bin, wenn man meine Erziehung betrachtet. Aber Höllenfeuer hin oder her, ich habe erkannt, wie erleichternd es sein kann.
“Du klingst ja noch wütender als an dem Tag, an dem du entdeckt hast, dass Charles es mit seiner Kollegin treibt”, kommentiert Lishelle.
“Weil ich wütender bin. Ich bin verdammt noch mal angepisst!”
“Du solltest etwas trinken.” Claudia winkt der Bedienung, einer Frau, die ich noch nie gesehen habe. Ich bestelle einen Cosmopolitan, das ist ein nettes, starkes Getränk.
“Also”, sagt Lishelle, als die Bedienung sich verzogen hat. “Was zum Teufel ist eigentlich los?”
“Könnt ihr euch vorstellen, dass dieser Wichser unser Konto leer geräumt hat?”
Lishelle schnappt nach Luft. Claudia kichert.
Ich starre sie an.
“Tut mir leid. Ich wollte nicht lachen. Aber ich habe mir heute Nachmittag selbst Antidepressiva eingeworfen. Natürlich weiß ich, dass man dann keinen Alkohol trinken sollte, aber wenn man einen solchen Tag hinter sich hat wie ich …” Sie trinkt ihren Cosmo leer und beginnt erneut zu lachen.
“Ignorier sie einfach”, sagt Lishelle.
“Was ist denn los?”
“Sie hat selbst ein paar Neuigkeiten. Vielleicht wurde ja irgendwas ins Wasser gemixt, die Männer trinken es und verwandeln sich in erstklassige Arschlöcher.”
“Hat sie mit Adam gesprochen?”
“Die Geschichte spare ich mir fürs Dessert auf”, verkündet Claudia.
Die Bedienung serviert meinen Drink, und ich bestelle gleich einen zweiten. Dann schütte ich das Glas hinunter.
“Charles hat wirklich das Geld von eurem gemeinsamen Konto abgehoben?”, hakt Lishelle nach. “Ich kann nicht fassen, dass er so mies sein kann.”
“Er ist ein Mann”, mischt sich Claudia ein. “Die sind per Definition mies.”
“Wem sagst du das. Und es kommt noch besser. Er hat mehr oder weniger angedeutet, dass er mir nicht mal die Hälfte des Hauses geben will.”
Claudia fallen fast die Augen aus dem Kopf. “Okay, also das ist richtig mies.”
“Allerdings. Unvorstellbar, dass ich mit diesem Kerl verheiratet war. Er will mich aus seinem Leben entfernen, als hätte ich nie existiert.”
“Nun, das kann er nicht. Er wird bluten müssen. Schließlich verdient er die Brötchen, du bist nicht in der Lage, dich selbst zu finanzieren.”
“Er sagt, ich hätte keinen Anspruch auf das Geld, weil ich ausgezogen bin.”
“Das ist doch total absurd”, stößt Lishelle hervor. “Das ist es doch, oder?”
“Oh Gott. Ich kann nicht glauben, dass das alles wirklich geschieht. Ich brauche noch einen Drink.”
Der Cosmo hat mich von innen gewärmt, mir ist schon ein klein wenig schwindelig. Aber einer ist nicht genug.
Nicht annähernd genug.
“Wo ist die Bedienung?” Claudia blickt um sich.
“Du
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