Enthemmt!
Pappbecher in der Hand.
“Ach Scheiße”, murre ich, wische die Tränen fort und streiche mein Haar hinter die Ohren. “Wie lange stehen Sie schon da?”
“Lang genug um zu wissen, dass Sie einen wirklich schrecklichen Tag hatten. Ich dachte, nachdem Sie sich nicht gemeldet haben, komme ich einfach mal vorbei. Mit Kaffee. Cappuccino. Mit Zucker. Ich hoffe, das ist richtig so.”
“Nun, klar.” Ich tue so, als müsste ich die Papiere auf meinem Tisch ordnen. “Tut mir leid, dass ich Sie nicht angerufen habe. Ich wollte ja, aber, ähm, ich habe Ihre Nummer verloren.” Ist ja nicht ganz gelogen.
“Ah so.” Er kommt langsam auf meinen Tisch zu. “Passiert mir oft.”
Mist, er betrachtet meinen Ehering. Jetzt komme ich mir wirklich blöd vor. Also kann ich auch gleich die Wahrheit sagen.
“Okay, das war eine Lüge. Ich habe Ihre Nummer nicht wirklich verloren, sondern weggeworfen.” Ich wackle mit meiner linken Hand. “Ich bin verheiratet.”
“Ich muss Ihnen auch etwas gestehen.”
“Sie sind auch verheiratet? Ist denn kein Mann auf dieser Welt mehr treu?”
Dominic setzt sich auf die Tischplatte und stellt einen Becher vor mir ab. “Nein, ich bin nicht verheiratet, aber ich war auch nicht ganz ehrlich.”
“Das heißt?”
Er nimmt eine Karte von meinem Tisch und mustert sie, mir ist allerdings nicht ganz klar, warum.
“Ich bin an Ihnen interessiert, Alisha. Und an Ihrem Mann. An Ihrer Lebensweise.”
Ich versteife mich.
“Ich habe Sie beim Einkaufen beobachtet. Sie haben in letzter Zeit recht viel Geld bei “Victoria's Secret” ausgegeben.”
“Welche Frau tut das nicht?”
“Stimmt, aber so ganz passt das nicht zusammen. Sie verdienen bestimmt nicht so viel Geld. Ja, Ihr Mann ist ein erfolgreicher Anwalt, aber selbst mit seinem Verdienst kann ich nicht recht verstehen, wie Sie beide so viel Geld ausgeben können.”
“Ich habe vierhundert Dollar für Dessous ausgegeben. Na und? Und wer zum Teufel sind Sie eigentlich? Und wieso beobachten Sie mich?”
Er hebt entschuldigend beide Arme. “Dazu komme ich noch. Nur fürs Protokoll, ich habe diese Frage nur gestellt, um ihre Reaktion zu testen. Und so wie es aussieht, haben Sie wirklich keine Ahnung von den Nebentätigkeiten Ihres Mannes.”
“Bitte sagen Sie mir, wer Sie sind, oder gehen Sie.”
“Mein Name ist Dominic Bertucci. Wirtschaftsprüfer.”
Ich starre ihn verständnislos an.
“Im Augenblick untersuche ich einen Spendenbetrugsfall. Ihren Mann beobachte ich sogar schon seit ein paar Monaten.”
“Na wunderbar.” Kann mein Leben eigentlich noch katastrophaler werden? “Also ist Sebastian auch nicht Ihr Bruder, weshalb auch seine angebliche Verlobte und er sich bei mir nie mehr gemeldet haben.”
“Nein, Sebastian ist wirklich mein Bruder. Er und Helen werden heiraten. Und sie wollen Sie engagieren. Ich bat sie nur noch zu warten, bis ich meine Ermittlungen abgeschlossen habe.”
Jetzt schlägt mein Herz gewaltig. “Sie glauben – Sie glauben, dass ich dieses Unternehmen mit
gestohlenem Geld
aufgebaut habe? Gestohlenen
Spendengeldern?”
Erst jetzt erfasse ich Dominics Worte in ihrer ganzen Bedeutung. Spendenbetrug. Diese Kinder aus Macon, deren Wunsch nie erfüllt wurde.
Ist mein Mann dafür wirklich verantwortlich?
“Ich glaube das nicht. Ich schätze, dass Ihr Mann das Geld anderswo versteckt hat.”
“Im Moment bin ich ziemlich verwirrt. Verstehe ich richtig, dass Sie glauben, mein Mann hat Geld der Stiftung 'Wünsche werden wahr' veruntreut?”
“Genau.”
“Oh mein Gott.”
“Vermutlich sollte ich mit Ihnen gar nicht darüber sprechen.” Er wirft mir einen scharfen Blick zu. “Aber mein Bauch sagt mir, dass ich Ihnen trauen kann. Dass Sie niemals Kindern schaden würden.”
“Niemals!”, rufe ich aus. “Wenn Charles das wirklich getan hat, dann ohne mein Wissen.”
“Er hat die Bücher frisiert. Auf Papier wirkt es so, als ob das Geld wohltätigen Zwecken zugutegekommen wäre, aber als ich etwas genauer hinsah, fiel mir auf, dass es zwei Empfänger gab, die ständig Spenden bekamen. Organisationen, die es überhaupt nicht gibt. Dann bekam ich einen Tipp, dass das Geld auf eine Bank außerhalb des Landes überwiesen wurde. Ich versuche jetzt herauszufinden, auf welche.”
“Sie werden meinen Mann verhaften.”
“Ich bin kurz davor, allerdings.”
“Was bedeutet das?”
“Ich könnte jetzt schon die Ergebnisse meiner Ermittlungen offenlegen. Aber ich versuche, herauszufinden,
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