Enthuellung
mich.
Mark setzt sich zu mir, ohne zu fragen, und nimmt direkt mir gegenüber an dem winzigen Tisch Platz. »Haben Sie vor, dieses Sandwich zu essen, oder wollen Sie es sich anschauen wie einen Film im Fernsehen?«
»Ah, schau an, ich dachte schon, Sie würden sich Ihren Sinn für Humor ganz fürs Mailen und Simsen aufheben.«
Er lacht nicht. »Sie sehen verhärmt aus.« Er schiebt das Sandwich auf mich zu. »Essen Sie.« Auch wenn er sich überraschenderweise anhört wie der Vater eines Kleinkinds, hat er in diesem Fall recht. Ich habe fünf Pfund abgenommen, die ich nicht zu viel auf den Rippen hatte, aber ungeachtet seiner guten Absichten bin ich wahrhaftig nicht in der Stimmung, mich herumkommandieren zu lassen. »Ich will nichts essen. Und schubsen Sie mich nicht herum, als wäre ich Ihre Untergebene. Das bin ich nicht.«
»Ms McMillan …«
»Sara«, blaffe ich gereizt und verärgert darüber, dass er auf einmal meinen Vornamen nicht mehr benutzt, denn ich hatte das Gefühl, wir hätten in dieser letzten Woche Freundschaft geschlossen. »Warum nennen Sie mich nicht Sara, so wie Sie Amanda Amanda nennen?«
Er wirft mir einen dieser undeutbaren, unfassbar intensiven grauen Blicke zu. »Also schön,
Sara.
Ich mache mir Sorgen um Sie.«
»Das brauchen Sie nicht.«
Er beugt sich zu mir vor. »Kann ich etwas für Sie tun?«
»Nein. Nichts, was Sie nicht bereits getan haben. Ich weiß, dass Sie Ryan dazu gebracht haben, mich die Lobby seines Gebäudes einrichten zu lassen. Es hat geholfen. So hatte ich etwas zu tun, und das weiß ich zu schätzen.«
»Ryan hat Sie gern. Wir müssen das fürs Geschäft nutzen, so gut wir können.«
»Richtig.« Ich stoße ein Lachen aus. »Bei Ihnen geht es immer um Geld, nicht wahr?«
»Geld ist Macht.«
Genau das hat Chris einmal gesagt. »Und wir beide wissen, wie sehr Sie Macht schätzen.«
Er zieht die Brauen hoch. »Wissen wir das?«
»Wir wissen es«, versichere ich ihm.
Er lehnt sich auf seinem Stuhl zurück, und über sein Gesicht gleitet der Anflug eines Lächeln. »Schön, dass das klar ist.« Er hält inne, sein Mund wird schmal, und ich spüre den Themenwechsel, bevor er kommt. »Haben Sie von ihm gehört?«
»Nein.« Ich versuche, freudlos zu lachen, aber es kommt eher als ersticktes Geräusch heraus. »Ich schätze, ich habe meine Sache nicht so gut gemacht, wie Sie es sich erhofft haben, als ich zu ihm durchdringen wollte.« Ich massiere eine angespannte Stelle in meiner Schulter. Eine brennende Frage, die mir ständig durch den Kopf geht, drängt mich, Marks seltene, einfühlsame Stimmung und volle Aufmerksamkeit auszunutzen. »Warum, Mark?«
»Warum was, Sara?«
»Warum brauchen Sie beide diesen Ort?«
Meine Frage scheint ihn nicht zu bekümmern. »Ich habe es Ihnen gesagt. Jeder hat einen anderen Grund, und Chris und ich sind wie Tag und Nacht. Er will sich selbst bestrafen. Im Schmerz spürt er sich selbst. Der Schmerz hat Macht über ihn.«
»Und Sie?«
Dieses stählerne Glitzern, das ich inzwischen so gut kenne, erscheint in seinen Augen, und ich beobachte, wie sich der Mann in den Meister verwandelt, auf intensive Weise dominant und fähig, die Menschen in einem Raum durch seine bloße Anwesenheit zu dirigieren. »Nichts kontrolliert mich, außer mir selbst. Ich bin der, der ich bin, und ich genieße jeden Moment. Das Gleiche tun jene, die mein Anwesen betreten. Dafür trage ich Sorge.«
Ich bin gebannt von seinem Blick, fasziniert von diesem Mann, dem es nur um Macht und Sexualität geht, aber noch mehr von der Vorstellung, ich könnte selbst ein solches Selbstbewusstsein und eine solche Selbstbeherrschung haben.
Er scheint das zu spüren, oder vielleicht kann er meinen Gesichtsausdruck mühelos deuten. Er beugt sich vor und senkt die Stimme zu einem verführerischen Schnurren. »Ich würde mein Vergnügen oder meinen Schmerz niemals über Ihre Bedürfnisse stellen, Sara.«
Ich bin mir sicher, dass sein Versprechen dazu gedacht ist, mich tiefer in seinen Bann zu locken, aber das funktioniert nicht. Es macht mir nur klar, dass es hier um die Möglichkeit einer Beziehung mit ihm geht, über die ich gar nicht nachdenken möchte, und weckt meinen Widerspruchsgeist. Ich lehne mich brüsk zurück. »Das tut er nicht. Chris stellt seine Bedürfnisse nicht über meine.«
»Wie nennen Sie das, was er getan hat, Sara?«
»Er versucht mich zu beschützen.«
»Und wie fühlt sich dieser Schutz an? Denn Sie essen nicht, und Sie schlafen nicht.
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