Enthuellung
Wenn das seine Art ist, Sie zu beschützen, ist er gescheitert.«
»So wie Sie bei Rebecca gescheitert sind.«
Er überrascht mich, indem er sichtlich zusammenzuckt und wieder einmal beweist, dass sie für ihn ein wunder Punkt ist. »Sie wollte etwas, das ich nicht geben kann und nie versprochen habe.«
»Und das wäre?«
»Die Fassade von Liebe. Das gleiche Gift, das dazu führt, dass Ihr Sandwich ungegessen hier liegen bleibt. Denken Sie daran, was dieses Märchen von Liebe, das Sie erschaffen haben, Ihnen antut. Wenn Sie bereit sind, sich dieses abscheulichen Gefühls zu entledigen, werde ich Ihnen zeigen, wie.« Er erhebt sich. »Heute Abend ist allgemeine Besichtigung in Ryans Gebäude. Wir brechen um Viertel vor sieben auf. Ich fahre.«
Als er davongeht, bin ich es, die zusammenzuckt.
Es freut mich, dass ich spät am Nachmittag einen großen Verkauf tätigen kann, aber das verzögert Marks und meinen Aufbruch aus der Galerie, und als wir zur Besichtigung des Gebäudes eintreffen, haben wir nur noch fünfundvierzig Minuten. An der Vordertür des dreißigstöckigen Hochhauses, die zum Meer hin gelegen ist, manövriert Mark den Jaguar unter das Vordach, und zwei Türsteher öffnen uns den Schlag. Als Mark den Wagen umrundet, um sich zu mir zu gesellen, legt er mir die Hand ein wenig zu besitzergreifend auf den Rücken.
Die Lobby ist überfüllt, gewärmt von einem Gaskamin, der mit Steinen eingefasst ist, und möbliert mit Sitzgruppen aus kostbaren braunen Ledersesseln sowie dekoriert mit mehreren Gemälden, die ich ausgewählt habe. Überall wandern Leute mit Drinks umher. Mark und ich mischen uns unter die Besucher und halten Ausschau nach neuen Kunden. Ryan findet uns schnell und sieht atemberaubend aus. Er trägt eine auffällig rote Seidenkrawatte, die einen Kontrast zu seinem Nadelstreifenanzug bildet, so dunkel wie sein adrett frisiertes, rabenschwarzes Haar.
Er nimmt meine Hand und küsst sie. »Sie sehen zauberhaft aus, Sara.« Er beugt sich zu meinem Ohr vor. »Erheblich besser als jedes der vielen Meisterwerke, die heute Abend hier ausgestellt werden.«
Das unverdiente Kompliment lässt mich erröten, und ich denke an die teuren, eleganten Kleider und Anzüge, die die Besucher hier wie selbstverständlich tragen. »Ich hätte mich umziehen sollen.«
»Unsinn«, widerspricht er. »Sie sehen wunderbar aus. Warum gehen Sie nicht nach oben in die Musterwohnung? Dort ist eine Anzahl von Besuchern, die Sie mit Ihren Kenntnissen über Kunst beeindrucken können.«
In dem Apartment im zwanzigsten Stock verbringe ich die nächste halbe Stunde glücklich damit, mit Gästen zu plaudern, und versuche, all meine Sorgen zu vergessen, während ich über die Kunstwerke diskutiere, die ich für das Projekt ausgewählt habe. Es gelingt mir nur schwer, weil ich immer wieder die leere Wand ansehen muss, die für eine Skyline von San Francisco vorgesehen ist. Ich habe sie bei einem berühmten ansässigen Künstler in Auftrag gegeben und werde nun ständig an ihn erinnert.
Als sich die Menge lichtet, stehe ich irgendwann allein da, tief in Gedanken versunken. Der elegante Raum ist schwach beleuchtet, und es läuft dezente Hintergrundmusik. Ich stelle fest, dass mir vor dem leeren Apartment, das auf mich wartet, graut.
»Schluss für heute«, verkündet Ryan, und als ich mich umdrehe, sehe ich, dass sowohl er als auch Mark auf mich zukommen. »Die Lobby hat sich geleert, und wir schließen das Gebäude.«
Ich lehne an dem Fensterrahmen aus Mahagoni in der Mitte der deckenhohen Fensterfront und spüre ruckartig Spannung in der Luft – das Gefühl, Opfer nicht eines Löwen zu sein, sondern zweier Löwen. Sie treten neben mich und keilen mich zwischen sich ein.
»Der Abend war ein Erfolg, Ms McMillan«, lobt mich Mark. »Sie haben sich als ein ziemlich großer Gewinn für mich erwiesen.«
Das waidwunde Tier, zu dem ich in den letzten Tagen geworden und das ich jetzt mehr denn je bin, hungert nach den Komplimenten dieses Mannes, und ich sage mir, dass es um meinen Job geht und nicht um mehr. »Ich habe mein Bestes getan.« Es kommt zittrig und piepsig heraus, und ich spüre, wie mich der Verlust von Chris zurückgeworfen hat. Dass ich noch immer so leicht einem Bedürfnis nach Anerkennung von Männern wie Mark und Michael verfalle, macht mich wütend.
Ryan streicht mir das Haar über die Schulter, und trotz der Sanftheit der Berührung ist sie zu intim. Ich verkrampfe mich und funkele ihn an. »Arme Sara«,
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