Enthuellung
Ricco getroffen habe. »Ich bin hergekommen, um mich noch einmal mit Ricco zu treffen, aber er bleibt hart, was das Geschäftliche betrifft. Ich schätze, ich bin ein Kandidat für eine Bestrafung.«
»Ja«, stimmt Mark trocken zu. »Ich glaube, das sind Sie.«
Innerlich entrüste ich mich bei seiner Anspielung auf Chris, und ich kämpfe gegen ein schnippisches »Er ist meine Art der Bestrafung« an, als die Türglocke hinter uns ertönt. Um nicht angerempelt zu werden, tritt Ryan näher an mich heran, gleichzeitig mit Mark. Ich werde gegen Marks Körper gepresst und starre in seine durchdringenden grauen Augen. Plötzlich rast mein Puls, und ich mache einen Schritt rückwärts. »Ich sollte in die Galerie zurückkehren.«
Marks Mundwinkel zucken. »Ich beiße nicht, Ms McMillan.«
»Irgendwie bezweifele ich das.« Die Worte sind heraus, bevor ich es verhindern kann.
Mark zieht arrogant eine Augenbraue hoch, und Ryan lacht gutmütig. »Wunderbar. Ich liebe Frauen mit Biss. Aber bevor Sie in die Galerie davonlaufen, Sara, die Kunstwerke, die Sie für das Gebäude bestellt haben, sind eingetroffen. Wenn Sie mich zu dem Haus zurückbegleiten würden, könnten Sie das Einrichtungsteam anweisen, sie dort aufzuhängen, wo Sie sie haben wollen.«
Ich werfe Mark einen fragenden Blick zu. Er bedeutet mir, mitzugehen. »Nur zu. Sehen Sie sich die Kunstwerke an, die Sie gut genug finden, um sie zu kaufen, und verdienen Sie für uns alle Geld, indem Sie den Deal zu Ende bringen. Sie werden sich dann besser fühlen. Ich weiß, dass ich mich dann besser fühlen werde.«
Das Einzige, was dafür sorgen könnte, mich besser zu fühlen, ist eine Nachricht von Chris. »Dann gehe ich mit. Soll ich Ihnen nachfahren, Ryan?«
»Klar.« Er legt die Hand lässig auf meine Schulter. Eine kühne Berührung, immerhin kennt er mich kaum, aber er ist ein freundlicher Mann. »Erlauben Sie mir, etwas Kaffee für unterwegs zu besorgen. Wollen Sie auch welchen?«
»Mehr Koffein steht immer auf meiner To-do-Liste«, witzele ich, dann drehe ich mich um, um zur Theke zu gehen, und stelle fest, dass Ava nicht mehr da ist. Es kommt mir merkwürdig vor, auch wenn ich keinen Grund dafür benennen könnte. Noch seltsamer – es ist ein Eindruck, den ich nicht abschütteln kann, bis ich bei Ryans Gebäude bin und hoch über dem Meer stehe, in einem eleganten Apartment mit einer Wand aus Fenstern, ähnlich denen in Chris’ Apartment. Ich gehe zu dem weißen Marmorkamin hinüber, der einen Kontrast zu den dunklen Mahagoniböden bildet, und starre auf die leere Wand darüber. Ich will dafür sorgen, dass an dieser Wand ein Chris-Merit-Original hängt. Sie ist so leer, wie ich es bin.
28
Sechs Tage nach Chris’ Abreise und nur wenige Tage vor dem 1. Oktober, an dem für Ella die Schule beginnt, könnte ich die Bürowände hochgehen, so nervös bin ich. Ich sende beiden eine stumme Botschaft, dass sie mich anrufen sollen. Es ist Donnerstag und fast Mittag, und zum ersten Mal in der ganzen Woche versuche ich ernsthaft, mich auf den Bruch mit Chris vorzubereiten. Ich ziehe sogar meine alten Sachen an, einen schlichten schwarzen Rock und eine rote Seidenbluse. Es ist unvermeidlich, dafür zu sorgen, dass meine Sachen in mein Apartment zurückgebracht werden. Lieber mache ich es jetzt, als darauf zu warten, dass Chris zurückkommt und es für mich erledigt.
Mit dem Gefühl, wie meine Mutter die Gefangene eines abwesenden Mannes zu sein, brenne ich darauf, der Enge der Galerie zu entfliehen. Aus Sorge um Chris’ Seelenfrieden tue ich, was ich seit Tagen getan habe, und melde mich bei Jacob, bevor ich zu dem Delikatessenladen drei Blocks weiter unten an der Straße gehe. Ich bestelle ein Eiersalat-Sandwich, suche mir einen Ecktisch im hinteren Teil des Raums und schiebe mein Essen beiseite. Ich kann nicht essen. Ich kann nicht mehr essen, seit Chris gegangen ist.
Die Türglocke bimmelt, und als ich aufschaue, sehe ich, dass Ava und Mark in den Delikatessenladen kommen. Die Art, wie sie ihn ansieht, erinnert mich fatal an ihren Blick im Restaurant. Mir tut ihr Mann leid, der mit Mark zu konkurrieren versucht. Er hat keine Chance.
Mark schaut auf und sieht mich. Er flüstert Ava etwas zu und macht einen Schritt von ihr weg, und für einen Moment sehe ich in Avas Gesicht so etwas wie einen Funken von Eifersucht. Donnerwetter – das ist neu. Ich habe gemeint, das bei ihr zu spüren, aber es zu sehen ist noch einmal etwas ganz anderes. Sie hasst
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