Enthuellung
stelle ich fest.
Er neigt den Kopf. »Ihre Interessen sind auch meine. Wir haben dieses Gespräch schon einmal geführt.«
Er meint die zwei Tage zurückliegende Unterhaltung, bei der er mir ein Video von Chris gezeigt hat, wie er mich in der Galerie küsst. Er hat mich davon überzeugt, dass Chris sein Wissen um die Videoüberwachung benutzt hat, um sein Recht auf mich zu demonstrieren. Ich habe mich an diesem Abend wie eine Spielfigur gefühlt. Am selben Abend hat Chris mich in den Club gebracht. Marks Club.
Ein plötzlicher Fluchtreflex überwältigt mich fast, und ich greife nach dem Kaffeebecher und gehe auf die Kaffeekanne zu. Irgendwie verfange ich mich mit dem Absatz in etwas, das eigentlich nur Luft sein kann, und kriege es trotzdem fertig, zu stolpern. Mark hält mich am Arm fest. Die Berührung lässt mich aufkeuchen, und ich schaue ihm unwillkürlich in die harten, silbrigen Augen. Es ist ein Gefühl, als wäre mir die Luft aus den Lungen gesaugt worden. Ich will mich losmachen, habe aber die Hände voll.
»Alles okay, Ms McMillan?«, fragt er, und seine tiefe Stimme hat etwas Suggestives.
In mir schrillen alle Alarmglocken. Ich glaube, dass die Art, wie ich diesen Moment handhabe, unsere Beziehung definieren wird und damit vielleicht die Zukunft eines Jobs, den ich behalten will.
»Ich sollte High Heels erst anziehen, wenn ich Kaffee getrunken habe.«
Seine Mundwinkel zucken, und er überrascht mich, indem er mir ein seltenes Lächeln schenkt. »Sie haben wirklich Humor.«
Er nimmt die Hand von meinem Arm, und ich erinnere mich allzu gut, dass Rebecca von Marks Spielchen gesprochen hat. Ich frage mich, ob diese Stimmungswechsel, die viel bedrohlicher wirken als die von Chris, nicht ein Teil der Art sind, wie er mit Menschen spielt. Ich stelle den Becher weg und greife nach der Kanne.
»Wir sollten reden, bevor Sie den auffüllen«, bemerkt Mark, und ich erstarre.
Kurz schließe ich die Augen und wappne mich, bevor ich mich zu ihm umdrehe. Er stellt seinen Becher beiseite, wir lehnen nun beide an der Theke.
»Reden?«, frage ich. »Ich dachte, das täten wir bereits?«
»Meine Welt betritt man nur auf Einladung, Sara.«
Sara. Er hat meinen Vornamen benutzt, und ich weiß, dass er mich damit einschüchtern will. »Sie haben mich eingestellt. Das ist eine Einladung.«
»Koketterie passt nicht zu Ihnen.«
Er hat recht. Wir wissen beide, dass er den Club meint. »Ich bin eingeladen worden.«
»Von der falschen Person.«
»Nein. Nicht von der falschen Person.«
»Ein ziemlicher Gesinnungswechsel seit unserer Plauderei neulich Abend, als Sie ziemlich ärgerlich auf ihn waren.«
Ich beschließe, eine Verteidigung der Gründe, warum ich mit Chris zusammen bin, zu umgehen. Mark würde es sowieso nicht gutheißen. Er will nicht einmal Chris’ Namen aussprechen. »Ich bin gut in meinem Job. Ich werde Ihnen jede Menge Geld einbringen, aber mein Privatleben ist mein Privatleben. Ich gehöre Ihnen nicht, Mark.« Ich benutze seinen Vornamen absichtlich.
»Wem gehören Sie dann, Ms McMillan?«
Chris. Das ist die Antwort, auf die er wartet, die Antwort, von der Chris wollen würde, dass ich sie gebe, aber die Geister der Vergangenheit toben in mir. Mein Überlebensinstinkt weigert sich loszulassen, wofür ich in diesen letzten Jahren meiner Unabhängigkeit hart gekämpft habe. »Ich gehöre mir selbst.«
Marks Augen glänzen zufrieden, und ich weiß, dass ich einen entscheidenden falschen Schritt gemacht habe. »Eine gute Antwort und eine, mit der ich leben kann.« Seine Mundwinkel zucken. Er wendet sich ab, schlendert auf die Tür zu, bleibt dort aber noch einmal stehen und dreht sich zu mir um. »Es gibt kein Zwischending. Lassen Sie nicht zu, dass er Sie vom Gegenteil überzeugt.«
Bevor ich antworten kann, ist er fort, und ich spüre, dass meine Knie vom Nachhall seiner Worte zittern. An dem Morgen, an dem wir ins Napa Valley gefahren sind, hat Chris in seiner Wohnung das Gleiche zu mir gesagt.
Kein Zwischending,
wiederhole ich im Geiste. Es ist eine Realität, über die ich schon den ganzen Morgen nachgedacht habe. Sie besagt: »Alles« bedeutet, dass ich nicht nur Chris’ dunkle Seite zur Gänze annehmen muss, ganz gleich, wohin das mich und uns bringt, sondern dass ich ihm auch meine zeigen muss. Und ich weiß nicht, ob ich dazu bereit bin. Ich weiß nicht, ob ich jemals dazu bereit sein werde, und ich bezweifle stark, dass er sie annehmen kann. Nicht das. Nicht bei seiner eigenen
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