Enthuellung
und aus welchem Grund auch immer sie weggegangen ist, er lässt sich nicht mehr von der Galerie vertreten.«
»Aber er hat doch die Wohltätigkeitsversteigerung gemacht.«
»Die hatte Rebecca organisiert, bevor sie verschwunden ist.«
»Richtig. Jetzt fällt mir ein, dass Amanda das erzählt hat.« Ich lege die Stirn in Falten. »Du hast nicht den geringsten Schimmer, warum sich Alvarez nicht mehr von der Galerie vertreten lässt?«
»Der Mann ist wegen eines Dollars an die Decke gegangen, Sara. Die Möglichkeiten sind unzählig.«
»Und er ist schon von Mark vertreten worden, bevor Rebecca da war?«, frage ich, nur um die Bestätigung für das zu erhalten, was ich vermute.
»Jahrelang.«
Ich frage mich, ob Alvarez der Mann sein könnte, mit dem sie ein Verhältnis hat, aber natürlich passt das nicht zusammen, da er in der Stadt ist und sie nicht. Aber vielleicht waren sie irgendwann früher zusammen? »Sind sie und Alvarez miteinander ausgegangen?«
»Das glaube ich nicht. Soweit ich weiß, hat sie nie über irgendeinen Mann gesprochen, und ich habe keine Ahnung, wie sie Zeit für einen hätte haben sollen. Als sie hier angefangen hat, hatte sie zwei Jobs …«
»Zwei?«
»Sie hat abends als Kellnerin gearbeitet.«
Mein Magen krampft sich zusammen. »Um die Rechnungen zu bezahlen.« Rebecca hat getan, was ich nicht gewagt habe, bis sie mich unwissentlich hierhergeführt hat. Sie hat darauf gesetzt, dass sie einen Weg finden würde, um ihren Traum zu ihrem Beruf zu machen.
»Genau«, bestätigt Ralph. »Sie hat viel zu wenig geschlafen und mittags auf einem Stuhl in einem der hinteren Büros ein Nickerchen gemacht. Bossman gefiel das jedoch nicht, und deshalb haben sie irgendwie ausgemacht, dass sie für alles, was sie aushandelt, Prozente bekommt.«
»Irgendwie? Du warst überrascht?«
»Du nicht? Sie war jung und unerfahren, hatte das College kaum ein Jahr hinter sich.«
»Ich dachte, sie sei einige Jahre älter gewesen.«
Er schüttelt den Kopf. »Nein. Du kannst also sehen, dass es eine große Sache war, sich zu erobern, was mancher Profi in diesem Geschäft will und nicht bekommt. Aber ich hoffe sehr, dass sie zurückkommt. Sie ist deswegen nicht hochnäsig geworden oder hat es für selbstverständlich gehalten. Sie hat gearbeitet wie ein Pferd, während der Mittagspausen und bis spät in die Abende hinein. Sie brauchte ihren Urlaub, auch wenn das jetzt ein wenig extrem ausgefallen ist. Schwer zu glauben, dass sie zurückkommt. Vielleicht hat dieser reiche Typ sie davon überzeugt, dass sie einen Sugardaddy braucht.«
»Hast du ihn mal kennengelernt?«
»Ich habe niemals auch nur von ihm gehört, bis sie fort war. Ich habe dir doch gesagt, sie hat nicht über die Männer in ihrem Leben geredet.«
Aber Ava hatte von diesem Mann gehört und ihn kennengelernt, nicht wahr? Rebecca musste ihren neuen Mann von der Galerie und von Mark ferngehalten haben, und sie hat Ava offensichtlich nähergestanden, als mir bewusst war.
Mir dröhnt immer der Kopf, wenn ich versuche, hinter das Mysterium Rebecca zu kommen, und dasselbe gilt für das Mysterium Mark. Ich schaue auf die Uhr und sehe, dass es bereits nach neun ist. Es würde mich sehr beruhigen, wenn ich Davids Praxis erreichen könnte und hören würde, dass Ella ihre Hochzeitsreise genießt. Es wäre eine Sorge weniger.
»Ich gehe mir jetzt Kaffee holen«, erkläre ich und stehe auf, um mir vor dem Anruf meine Koffeindosis zu holen.
»Füll meine Tasse noch mal nach, Chica«, sagt Ralph und schiebt seinen Becher zu mir herüber. Darauf steht geschrieben: »Zahlen zählen nicht, aber ich tue es.«
»Chica?«, frage ich mit einer hochgezogenen Augenbraue.
»Ich spreche viele Sprachen, aber mit den Wörtern stehe ich auf Kriegsfuß.«
»Sehr weise!« Lachend mache ich mich auf den Weg in die Küche. Ich winke Amanda zu, die hinter dem Empfangstresen sitzt und in einem rosa Kleid und passender Haarspange wie Barbie aussieht. Ich denke an Chris’ Behauptung, dass sich Mark zu jenen hingezogen fühle, die nicht auf natürliche Weise in seine Welt passen. Marks Entscheidung, Amanda einzustellen, eine Collegestudentin ohne echte Lebenserfahrung, die unbedingt gefallen will, scheint dieser Einschätzung entgegenzukommen. Aber warum hat er mich engagiert? Ich bin nicht wie Amanda. Ich kann nicht umhin zu überlegen, ob der Grund wohl war, dass ich Fragen nach Rebecca gestellt habe. Er will mich vielleicht in der Nähe haben, damit er kontrollieren
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