Enthuellung
er tut es nicht. Natürlich baut er die Anspannung auf und sorgt dafür, dass ich mich zu seinem Genuss winde. Diese Methode der Kontrolle ist mir vertraut – man ist mir schon genauso begegnet, und zu Mark passt sie ebenfalls haargenau. Früher hat sie auch zu mir gepasst, aber das ist Vergangenheit. Ich habe lange gebraucht, um das zu durchschauen, und sehe heute selbst in Mark etwas Positives. Verständnis bedeutet jedoch nicht, dass mir alles gefällt, und im Moment gefällt es mir nicht.
Erst als ich fast an der Tür des Cafés bin, taucht er an meiner Seite auf. Er langt über mich hinweg, als er die Tür öffnet; seine Augen sind dunkel und herausfordernd, wie immer. »Ich hatte Angst, dass Sie verschwunden wären wie Rebecca, Ms McMillan.«
Ich blicke blinzelnd zu ihm auf, die vergangenen Wochen haben mein Selbstbewusstsein angekratzt. Inzwischen scheint nichts mehr davon übrig zu sein. »Ich habe Amanda gesagt, wo ich hingehe. Und außerdem wird man mich nicht so leicht los.« Ich drücke die Tür auf und wappne mich gegen den Wind, der mir ins Gesicht weht. Mark kommt an meine Seite, ungefähr in dem Moment, in dem mir die doppelte oder vielleicht dreifache Bedeutung, die man meinen Worten entnehmen könnte, bewusst wird. Wenn er Rebecca getötet hat, könnte er denken, dass ich damit gesagt habe, er könne mich nicht auch töten, aber ich glaube nicht, dass Mark Rebecca getötet hat. Er hat lediglich mit ihr geschlafen. Auf alle möglichen Arten. Und ich habe vermutlich gerade all das zerstört, was ich mir in meinem Verhältnis zu ihm aufgebaut habe, indem ich ihn eingeladen habe, es mit mir zu versuchen, und ihm gleichzeitig versichert habe, davor nicht wegzulaufen.
Ich bleibe stehen und drehe mich zu ihm um. »Ich habe das nicht so gemeint, wie Sie es vielleicht verstanden haben.«
Seine dunklen Augen werden hell vor Erheiterung. »Ich weiß, Ms McMillan. Aber vergessen Sie nicht, es ist das Vorrecht einer Frau, ihre Meinung zu ändern.«
»Irgendwie fällt es mir schwer zu glauben, dass Sie einer Frau einfach so gestatten würden, das für sich zu entscheiden.«
»Sie wären vielleicht überrascht, was ich die richtige Frau tun lassen würde.«
Ich spüre, wie ich heftig erröte. »Ich habe nicht die Absicht …«
Er lacht, leise, tief und entwaffnend. Ich bin mir nicht sicher, ob ich ihn jemals habe lachen hören. »Mir ist bewusst, dass Sie viele Dinge nicht beabsichtigen, von denen ich gern hätte, dass Sie es tun.«
Ich öffne den Mund, um zu protestieren, aber er fällt mir ins Wort. »Oh, und nein, ich werde Sie nicht bedrängen.« Er dreht sich um. »Lassen Sie uns in die Galerie zurückgehen. Ich habe Ihnen ein kleines Geschenk auf Ihren Schreibtisch gelegt.«
Dankenswerterweise gehe ich neben ihm, daher kann er meine Reaktion auf seine Worte nicht sehen. Mark hat mir eine Reaktion entlockt, wie es vor ihm nur Chris geschafft hat. Er hat mir einen Adrenalinrausch der Erwartung beschert, und ich schaffe es kaum, meine Schritte langsam und gleichmäßig zu halten. Ich habe keine Ahnung, was es ist. Ein seltenes Kunstwerk? Ein offizielles Jobangebot? Es gibt so viele Möglichkeiten.
Ich erwarte, dass Mark mir in mein Büro folgt, aber wieder ist er unberechenbar. Ich bin erleichtert, denn ich bin davon überzeugt, dass es umso besser ist, je weniger Mark von meiner Reaktion sieht und je weniger er darüber weiß, was mich beeindruckt. Sobald ich mein Büro betrete, erstarre ich. Auf meinem Schreibtisch liegt ein Tagebuch.
11
Das Tagebuch liegt auf meinem Schoß, während ich zu Alvarez’ viktorianischem Herrenhaus in San Franciscos schickem Viertel Nob Hill – auch Snob Hill genannt – fahre. Nur zehn Minuten von der Galerie entfernt sind hier die Reichen und Berühmten zu Hause und bevölkern – abgesehen von etlichen Herrenhäusern – die Geschäfte und Theater ringsum. Statt wie früher die Dinge zu meiden, die mich an den Reichtum erinnern, den ich zurückgelassen habe, bade ich jetzt geradezu darin.
Ich manövriere den Wagen in die Einfahrt, die bemerkenswert unbemerkenswert ist, aber in einer Stadt von nicht einmal siebenundvierzig Quadratmeilen Fläche ist das zu erwarten. Was der Raum ums Haus herum nicht hergibt, wird üblicherweise wettgemacht durch umso mehr Glamour innen. Da meine Google-Suche nach Wegbeschreibungen Hinweise auf einen berühmten Architekten zutage gefördert hat, bin ich mir ziemlich sicher, dass ich es hier genauso antreffen werde.
Sobald ich den
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