Enthuellung
scharf und klar wie sein Pinselstrich, und man sagt, das gelte auch für seine Persönlichkeit.
»Willkommen, Ms McMillan.«
»Sara«, sage ich. Sein petrolfarbenes, geschäftsmäßiges Hemd, das er zu schwarzen Freizeithosen trägt, betont seine Augen von der gleichen leuchtenden Farbe. »Und vielen Dank, dass ich kommen durfte.«
»Sara«, erwidert er mit einem huldvollen Nicken, und ich entspanne mich ein wenig.
Er tritt zurück, um mich vorbeigehen zu lassen, und mein Blick wandert zu der gediegenen, voll verglasten Decke. »Spektakulär, nicht wahr?«, fragt Ricco.
»Allerdings«, stimme ich zu und erlaube ihm, meine Aktentasche und meine Jacke zu nehmen. »Genau wie der Boden.« Das gebleichte, glänzende Holz ist beinahe zu strahlend, um darauf zu laufen. »Künstler haben oft ein Gefühl für einen dramatischen Auftritt.«
Er hängt meine Sachen an eine elegante Stahlgarderobe. »Manche würden das in Bezug auf mich vehement bestätigen.«
Eingedenk all des Geredes über ihn bin ich überrascht über sein Lächeln, und es gefällt mir, dass er über sich selbst Witze machen kann. »Das habe ich gehört«, wage ich zu antworten, und meine Mundwinkel wandern nach oben.
»Zumindest sorge ich dafür, dass die Leute etwas zu reden haben. Willkommen in meinem Atelier, Bella.«
Bella.
Schön auf Spanisch. Eine solche Schmeichelei sollte mich auf der Hut sein lassen. Stattdessen habe ich sofort den Eindruck, dass er versucht, alles zu romantisieren – angefangen mit seinem dramatischen Zuhause bis hin zu seiner Konversation.
Wir gehen Seite an Seite durch einen Bogen, der mindestens zwei Meter hoch ist, und Alvarez füllt den Raum beinahe aus, da er selbst gut über einen Meter achtzig misst. Wir treten in seinen Showroom, und es kommt mir vor, als wäre ich wieder in der
Allure
-Galerie. Der schmale, rechteckige Raum hat mehrere elegante Stellwände, und an jeder Wand hängen mindestens sechs Gemälde.
Alvarez tritt neben mich und deutet auf das, was uns umgibt. »Dies sind die Werke, die ich gegenwärtig habe und für private Verkäufe zur Verfügung stellen werde.«
Ich schaue zu ihm auf und verkünde: »Jedenfalls sind es die, die Sie mir momentan zeigen möchten.«
»Sie können ziemlich direkt sein.«
»Ich bin lediglich begierig darauf, jedes Ihrer umwerfenden Werke zu sehen, das Sie mich sehen lassen wollen.« Ich deute auf die Bilder. »Darf ich?«
»Natürlich.«
Schnurstracks gehe ich auf eins auf der rechten Seite zu. Ich bleibe vor der picassoähnlichen, mediterranen Landschaft stehen, scharf konturiert und von dynamischer Farbigkeit, und fühle mich mit all meinen Sinnen davon angesprochen.
»Sie mögen die
Meredith
?«
,
fragt er.
»Ich liebe das Bild«, entgegne ich und werfe ihm einen Seitenblick zu. »Warum nennen Sie das Werk
Meredith?«
»Natürlich nach einer Frau, die ich einmal kannte.«
»Ich bin mir sicher, sie fühlt sich geehrt.«
»Sie hasst mich, aber, nun, der Grat zwischen Liebe und Hass ist schmal.«
»Dann müssen Sie und Mark der Liebe verdammt nah gekommen sein«, bemerke ich und locke ihn damit, mir von seinen Gründen zu erzählen, warum er Mark seine Vertretung entzogen hat.
Seine Augen blitzen vor Erheiterung. »Sie haben Format, Bella. Ich mag Sie. Ich verstehe, warum Mark Sie mag.«
»Woher wissen Sie, dass er das tut?«
»Weil er Ihnen genug vertraut, um Sie hierherzuschicken. Und immerhin will er die Vertretung für mich zurückhaben.«
»Warum hat er sie verloren?«
»Was hat er Ihnen gesagt, warum er sie verloren hat?«
»Er sagte, Sie hätten Rebeccas Kontaktdaten haben wollen, und er habe sie Ihnen nicht geben können.«
In seinem Blick liegt Geringschätzung. »Dahinter steckt viel mehr, und Mark weiß es.«
»Ich würde es gern hören.«
»Da bin ich mir sicher«, antwortet er, und zum ersten Mal nehme ich eine Schärfe in seiner Stimme wahr, die mich glauben macht, dass er mit Worten töten kann. »Aber aus Respekt vor Rebecca werde ich Ihnen nicht mehr sagen.«
»Ich bitte um Entschuldigung. Ich wollte Ihnen nicht zu nahetreten.«
Ich beobachte, wie die Anspannung aus seinen Zügen erlischt, und auch der stahlharte Blick verschwindet. »Verzeihen Sie mir, Bella. Rebecca ist ein heikles Thema für mich. Also, warum gehen wir nicht die Bilder durch, und Sie lassen mich Ihnen über jedes etwas erzählen?«
Die Gelegenheit, mehr zu erfahren, ist vorüber, und ich kann nur hoffen, eine weitere zu finden. Wir schlendern durch den Raum,
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