Enthuellung
entspannt und wir einen leichten, fröhlichen Abend haben. Ich schwelge darin, wie oft er mich anfasst, jede Berührung seiner Hand ist Balsam für meine Seele, in der er einen Platz gefunden und Wurzeln geschlagen hat. Und wenn sich unsere Blicke treffen, zischelt ein Bewusstsein durch mich hindurch, das nichts mit der Reibung zu tun hat, die die Rubine erzeugen, dafür aber alles mit unserer tiefer werdenden Bindung. Ich bin glücklich, und das ist etwas, woran ich mich in meinem erwachsenen Leben kaum erinnern kann. Glück dauert niemals an, aber diesmal will ich darum kämpfen.
Ich entdecke, wie Kellner einen Tisch mit Kaffee, Schlagsahne und Schokoladenspezialitäten vorbereiten, und während ich Chris in die fragliche Richtung ziehe, spricht ihn eine aufgeregte Frau in den Sechzigern an, die sich als Fan entpuppt. Es scheint, dass sie einen Pinsel hat, den er bei einem anderen Event mit einem Autogramm versehen hat, und sie will einen weiteren für ihren Sohn.
»Du findest mich bei der Schokolade«, sage ich. Ich küsse ihn auf die Wange und flüstere: »Neben dir ist das meine Lieblingsversuchung.«
Er flüstert etwas auf Französisch, und ich habe keinen Zweifel daran, dass es verrucht ist. Ich beiße mir auf die Lippe, weil es so sexy klingt.
Innerlich lächle ich noch immer über den Wortwechsel, als ich einen Mokka mit Schlagsahne obendrauf bekomme. Ich stelle mich an einen kleinen Stehtisch und nasche einen Löffel voll. Es ist köstlich, wie mein Flirt mit Chris. Wieder mal bin ich erstaunt, wie wohl ich mich mit ihm fühle.
»Hallo, Sara.«
Ich erstarre, einen zweiten Löffel voll süßer Sahne im Mund, und mein Blick fällt auf den Smoking direkt vor mir, auf die Hand, die jetzt auf dem weißen Tischtuch ruht. Bei der vertrauten Stimme, die ebenso gut eine Ladung Eiswürfel sein könnte, läuft es mir kalt den Rücken herunter.
Es kann nicht sein. Er kann nicht hier sein. Zwei Jahre Sendepause, seit ich mit einer einstweiligen Verfügung gedroht habe. Zwei Jahre, und ich dachte, es wäre für immer.
Langsam lege ich meinen Löffel auf die Untertasse und verfluche das Zittern meiner Hand, von dem ich weiß, dass er es sehen wird. Er ist ein Manipulator, einer, der Menschen benutzt. Ein Bastard, den ich nie wiedersehen wollte, aber ich bin nicht mehr das Mädchen, das ich vor fünf Jahren war, oder auch noch vor zwei Jahren. Ich werde mich nicht ducken.
Nachdem ich mich gegen das Aufeinanderprallen unserer Blicke gewappnet habe, hebe ich den Kopf, aber ich sehe nicht den Mann, den die meisten als Prototyp von groß, dunkel und attraktiv betrachten. Ich spüre auch nicht die verblüffende Intensität seiner kristallblauen Augen, so wie andere das tun. So wie ich es einst getan habe. Ich sehe nichts als das Monster, das ich entdeckt habe, als wir einander das letzte Mal gesehen haben.
»Michael.« Ich hasse es, wie meine Stimme schnarrt, wie sich meine Kehle zuschnürt. Wie ich ihm erlaube, Wirkung auf mich zu haben. Ich verspüre einen Moment der Panik, und mir ist, als ob ich den Boden unter den Füßen verliere. Nein. Dies ist nicht die Zeit oder der Ort, an dem Chris von meiner Vergangenheit erfahren sollte. An diesem Wochenende lastet zu viel auf seinen Schultern, um auch noch meine Last zu tragen. Also kann ich nicht zusammenbrechen. Und ich werde es nicht. Ich werde stark sein.
Meine Fingernägel bohren sich in meine Handflächen. »Was machst du hier?«
»Ich habe dein Bild in der Zeitung gesehen und musste ohnehin eine Reise zu unserer Forschungseinrichtung in Silicon Valley machen. Dein Vater und ich dachten, es sei eine perfekte Gelegenheit, zu einer guten Sache beizutragen und dich gleichzeitig zu sehen.«
Mein Vater – der in fünf Jahren und mit all den Ressourcen, die er besitzt, keinen einzigen Versuch unternommen hat, mit mir in Kontakt zu treten. Der nicht einmal bei dem Ereignis zugegen war, das zu Ehren meiner Mutter stattgefunden hat und bei dem ich Michael das letzte Mal gesehen habe. Ich hasse es, wie sehr mich seine Taten immer noch quälen. Ich hasse es, wie lächerlich ich mich nach einem Vater sehne, der sich nie um mich geschert hat, der sich nie um meine Mutter geschert hat, die ihn von ganzem Herzen liebte. »Wir wissen beide, dass nicht mein Vater dich hierhergeschickt hat.«
»Doch, genau das hat er getan. Siehst du, wir behalten dich im Auge, Sara. Das haben wir immer getan. Und auch die Leute, die du in dein Leben einschließt. Was mich in das Hier und Jetzt
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