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Enthüllung

Enthüllung

Titel: Enthüllung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Crichton
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hat, aufz u hören, auch wenn es im allerletzten Moment ist.«
    »Nein.«
    »Warum nicht?«
    »Weil Männer anders sind.«
    »Inwiefern sind Männer anders?«
    »Ach, zum Teufel!« sagte Johnson wütend. »Was soll das Ganze überhaupt? Ich komme mir vor wie Alice im Wunde r land! Männer sind einfach anders als Frauen, das weiß doch jeder. Männer können ihre Impulse nicht unter Kontrolle halten.«
    »Mr. Sanders konnte es offenbar.«
    »Ja, weil er wußte, daß er mich damit demütigte. Das war doch das einzige, was er wollte!«
    »Aber Mr. Sanders sagte doch nur: ›Ich habe kein gutes G e fühl dabei.‹ Oder nicht?«
    »Ich weiß nicht mehr, was er genau gesagt hat. Aber sein Verhalten war extrem feindselig und herabsetzend für mich als Frau.«
    »Überlegen wir uns einmal, wer sich hier wem gegenüber feindselig und herabsetzend verhalten hat«, sagte Fernandez. »Hatte Mr. Sanders nicht bereits zu Beginn des Treffens gegen bestimmte Verhaltensweisen Ihrerseits protestiert?«
    »Im Grunde nicht, nein.«
    »Ich dachte, er hätte protestiert.« Fernandez warf einen Blick auf ihre Notizen. »Hatten Sie nicht zu einem früheren Zeitpunkt zu Mr. Sanders gesagt: ›Du siehst gut aus‹ und ›Du hattest schon immer einen süßen, knackigen Arsch‹?«
    »Das weiß ich nicht mehr. Schon möglich. Ich kann mich nicht erinnern.«
    »Und was erwiderte er darauf?«
    »Das weiß ich nicht mehr.«
    »Als Mr. Sanders telefonierte, sind Sie da nicht auf ihn z u gekommen, nahmen ihm den Apparat aus der Hand und sagten ›Vergiß das dumme Telefon‹?«
    »Ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube nicht, daß es so war.«
    »Denken wir mal nach. Wie sonst hätte es vor sich gehen können? Mr. Sanders stand drüben am Fenster und sprach in sein Handy. Sie waren an einem anderen Apparat, der auf Ihrem Schreibtisch stand. Hat er sein Gespräch abgebrochen und sein Telefon weggelegt, um zu Ihnen hinüberzugehen und Sie zu küssen?«
    Johnson zögerte einen Augenblick. »Nein.«
    »Wer hat mit dem Küssen angefangen?«
    »Ich, glaube ich.«
    »Und als er protestierte und sagte: ›Meredith!‹, haben Sie das ignoriert, ihn weitergeküßt und gesagt: ›O Gott, den ganzen Tag habe ich schon Lust auf dich. Ich bin so geil, ich hatte schon so lange keinen anständigen Fick mehr‹?« Fernandez zitierte diese Äußerungen mit so monoton klingender Stimme, als läse sie von einem Zettel ab.
    »Vielleicht … Ja, das könnte stimmen. Ja.«
    Fernandez warf einen weiteren Blick auf ihre Notizen. »Und als er dann ›Warte, Meredith …‹ sagte, wobei er wiederum in eindeutig protestierendem Tonfall sprach, sagten Sie daraufhin: ›Oooh! Sag nichts! Nein! Nein! O mein Gott!‹?«
    »Ich glaube … ja, das ist schon möglich.«
    »Würden Sie im Rückblick sagen, daß es sich bei den Au s sagen von Mr. Sanders um Proteste handelte, die Sie ignorie r ten?«
    »Nein. Wenn es Proteste waren, dann waren es keine einde u tigen Proteste.«
    »Ms. Johnson. Würden Sie sagen, daß Mr. Sanders während der gesamten Begegnung mit Ihnen rundweg begeistert war?«
    Wieder zögerte Johnson kurz. Sanders sah förmlich, wie sie nachdachte und überlegte, wieviel das Band enthüllen würde.
    Schließlich sagte sie: »In einigen Situationen war er begei s tert, in anderen weniger. So sehe ich es.«
    »Würden Sie sein Verhalten als ambivalent bezeichnen?«
    »Ja. Ein bißchen schon.«
    »Heißt das nun ja oder nein, Ms. Johnson?«
    »Ja.«
    »Gut. Mr. Sanders legte also während des Treffens mit Ihnen ein ambivalentes Verhalten an den Tag. Er hat uns auch gesagt, warum: Weil man ihn aufgefordert hatte, eine Büroaffäre mit einer ehemaligen Freundin zu beginnen, die nun seine Chefin war. Würden Sie das als einen triftigen Grund für ambivalentes Verhalten werten?«
    »Ja, ich glaube schon.«
    »Und in diesem ambivalenten Zustand überwältigte Mr. Sanders im letzten Moment das Gefühl, daß er eigentlich nicht weitermachen wollte. Er erklärte Ihnen dieses Gefühl mit einfachen und deutlichen Worten. Warum bezeichnen Sie dieses Verhalten als ›Täuschung‹? Nun, ich denke, wir verfügen über ausreichende Beweise, um zeigen zu können, daß es genau das Gegenteil war – eine nicht berechnende, verzweifelte mensc h liche Reaktion auf eine Situation, die ganz allein Sie bestim m ten. Es handelte sich nicht um das Wiedersehen ehemaliger Liebender, Ms. Johnson, auch wenn Sie es gerne so sähen. Es handelte sich keineswegs um das Treffen zweier Gleichberec

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