Enthüllung
sich plötzlich bedroht.
Cindy, die vor Sanders’ Büro stand, begrüßte ihn mit den Worten: »Können Sie das fassen, Tom? Es heißt, Garvin würde Phil feuern.«
»Das darf doch nicht wahr sein«, sagte Sanders in gespielter Überraschung.
Cindy nickte. »Niemand weiß, warum, aber offenbar hat es etwas mit einem Kamerateam zu tun, das gestern abend au f tauchte. Garvin war schon unten und hat es den Conley-White-Leuten erklärt.«
Hinter ihm rief jemand: »Jetzt ist es in der E-Mail!« Schla g artig war der Gang menschenleer; jeder war in sein Büro geeilt. Sanders trat an seinen Schreibtisch und klickte das E-Mail-Symbol an. Es dauerte einige Zeit, bis es kam, wah r scheinlich weil alle Angestellten im Gebäude es gleichzeitig angeklickt hatten.
Fernandez wartete bereits in seinem Büro. »Stimmt das mit Blackburn?« rief sie.
»Ich glaube schon«, sagte Sanders. »Es wird gerade über E-Mail mitgeteilt.«
VON: ROBERT GARVIN, GENERALDIREKTOR
UND GESCHÄFTSFÜHRER
AN: DIE GANZE DIGICOM-FAMILIE
MIT GROSSEM BEDAUERN UND DEM GEFÜHL EINES SCHMERZHAFTEN PERSÖNLICHEN VERLUSTES GEBE ICH HEUTE BEKANNT, DASS UNSER HOCHGESCHÄTZTER CHEFJUSTITIAR, PHILIP A. BLACKBURN, DEM STETS UNSER ALLER VERTRAUEN GALT, SEINE KÜNDIGUNG EINGEREICHT HAT. FAST 15 JAHRE LANG WAR PHIL EIN HERAUSRAGENDER LEITENDER MITARBEITER DIESES UNTERNEHMENS, EIN WUNDERBARER MENSCH UND MIR EIN GUTER PERSÖNLICHER FREUND UND BERATER. ICH WEISS, DASS IN DEN NÄCHSTEN TAGEN UND WOCHEN VIELE MITARBEITER GENAU WIE ICH SEINEN WEISEN RAT UND SEINEN HUMOR VERMISSEN WERDEN. UND ICH BIN SICHER, DASS SIE SICH MIR ALLE ANSCHLIESSEN WERDEN, WENN ICH IHM FÜR SEINE ZUKÜNFTIGEN AUFGABEN VIEL GLÜCK WÜNSCHE. EIN VON HERZEN KOMMENDES DANKESCHÖN, PHIL, UND ALLES GUTE!
DIESE KÜNDIGUNG IST AB SOFORT WIRKSAM. HOWARD EBERHARDT WIRD DIE FIRMA BIS ZUR EINSTELLUNG EINES NEUEN CHEFJUSTITIARS RECHTLICH BERATEN.
ROBERT GARVIN
»Was will er damit sagen?« fragte Fernandez.
»Er will damit sagen: ›Ich habe dieses scheinheilige Arsc h loch gefeuert.‹«
»Es mußte einfach so kommen«, erklärte Fernandez. »Er war nämlich der Informant, von dem Connie Walsh ihre Story hatte.«
Sanders richtete sich kerzengerade auf. »Woher wissen Sie das?«
»Von Eleanor Vries.«
»Sie hat es Ihnen erzählt?«
»Nein. Aber Eleanor Vries ist eine vorsichtige Juristin. Alle Medienjuristen sind vorsichtig. Die sicherste Methode, seinen Job zu behalten, besteht darin, die Publikation bestimmter Dinge zu verhindern. Im Zweifelsfall einen Artikel lieber rau s schmeißen. Ich mußte mir also die Frage stellen, warum sie die Mr.-Piggy-Geschichte durchgehen ließ, obwohl sie eindeutig diffamierend war. Der einzige mögliche Grund ist, daß sie davon überzeugt war, daß Walsh innerhalb der Firma einen ungewöhnlich starken Informanten hatte – einen Informanten, der um die juristischen Auswirkungen wußte. Ein Informant, der, indem er die Geschichte preisgab, im Grunde auch sagte: Wir werden euch nicht verklagen, wenn ihr die Story druckt. Da hochrangige Firmenmitarbeiter nie auch nur die geringste Ahnung von juristischen Dingen haben, konnte es sich bei Connie Walshs Informant nur um einen hochrangigen Juristen handeln.«
»Phil.«
»Ja.«
»Meine Güte.«
»Ändert das etwas an Ihren Plänen?«
Darüber hatte Sanders bereits nachgedacht. »Ich glaube nicht. Garvin hätte ihn heute auf jeden Fall gefeuert, nur ein bißchen später vielleicht, denke ich.«
»Sie klingen so zuversichtlich.«
»Ja, ich habe gestern einige Munition erhalten. Und heute wird noch etwas dazukommen, hoffe ich.«
Cindy trat ins Zimmer und sagte: »Erwarten Sie etwas aus Kuala Lumpur? Etwas Umfangreiches?«
»Ja.«
»Seit sieben Uhr kam das hier rein. Muß eine wahre Mon s terDatei sein.« Sie legte eine DAT-Kassette auf Sanders’ Schreibtisch. Es war genau die gleiche Kassette wie die mit der Aufzeichnung seines Videogesprächs mit Arthur Kahn.
Fernandez warf ihm einen Blick zu. Er zuckte mit den Ac h seln.
Um halb neun faxte er Bosaks Memo an Garvins persönliches Faxgerät. Dann bat er Cindy, von allen Papieren, die Moha m med Jafar ihm in der vorangegangenen Nacht gefaxt hatte, Kopien zu machen. Sanders war fast die ganze Nacht aufg e blieben und hatte das von Jafar stammende Material studiert. Es war eine interessante Lektüre gewesen.
Jafar war selbstverständlich nicht krank; er war nie krank gewesen. Diese kleine Geschichte hatte Kahn sich zusammen mit Meredith ausgedacht.
Er
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