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Entmündigt

Entmündigt

Titel: Entmündigt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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    »Sie werden es überwinden, Herr Budde«, sagte Maggfeldt, als sie wieder im Auto saßen und in die Stadt fuhren. »Es gibt Schlimmeres, glauben Sie mir. Wenn ich Sie einmal durch meine Pavillons führe … zu den Unheilbaren, den Paralytikern, den wirklich Wahnsinnigen, den Paranoikern … dann werden Sie wissen, daß wir alle Hoffnungen haben, Ihre Braut wieder zu heilen.«
    »Ich kann es nicht begreifen. Ich kann es einfach nicht begreifen …« Dr. Budde legte den Kopf weit zurück und starrte gegen das bespannte Wagendach. »So plötzlich …«
    »Ein Schub ist immer plötzlich. Das ist das Unheimliche an den Geisteskranken. Man weiß nie, wann ein neuer Schub kommt. Plötzlich beginnt ein völlig Normaler zu morden, oder er zündet Häuser an, oder er stürzt sich aus dem Fenster, oder er läuft Amok … und ebenso schnell kann es wieder verschwinden, und er sieht ganz klar und vernünftig und verständnislos seine eigenen Taten. Es gibt Mörder, die nur bei Vollmond morden – Totschläger, die nur auf ein bestimmtes Stichwort zuschlagen … Sexualmörder, die nur weißblonde Mädchen umbringen … Es gibt einfach nichts, was bei Irren nicht möglich wäre.«
    »Aber Gisela ist doch nicht so …«, stöhnte Budde. Er wollte weitersprechen, aber er konnte nur hilflos die Hände heben und den Kopf schütteln.
    »Wir werden Ihre Verlobte heilen«, sagte Maggfeldt. Mit dieser Hoffnung ließ er ihn vor dem Tor der ›Park-Klinik‹ aussteigen. »Mann, Sie müssen jetzt einen klaren Kopf behalten!« sagte er noch, bevor das Tor wieder zuschlug. »In vier Wochen können Sie sie sehen …«
    Dr. Budde wartete, bis Professor v. Maggfeldt nicht mehr zu sehen war. Dann stieg er in seinen Wagen, der auf der anderen Straßenseite stand, fuhr zu einer Spirituosenhandlung und kaufte sich zwei Flaschen Whisky. Anschließend fuhr er nach Hause, stellte den Wagen unter einer Laterne ab, ging hinauf in seine Wohnung und begann zu trinken.
    Als der Abend über die Stadt fiel, lag Budde bereits schlafend auf dem Sofa, die Whiskyflasche in der hängenden Hand. Es war eine sinnlose Flucht ins Vergessen … aber es war das einzige, was Dr. Budde noch konnte: vor dem Unfaßbaren fliehen …
    In dieser Nacht schloß ein Mann in einem dunklen Mantel und mit einem dunklen Hut den vor der Tür stehenden Wagen Dr. Buddes auf, setzte sich hinein und fuhr ab.
    Mitten in der Stadt, auf einer Hauptstraße, fuhr der Wagen bei Rot über die Kreuzung, streifte einen Fußgänger, warf ihn zur Seite … der Mann am Steuer bückte sich tiefer, trat nach einer Schrecksekunde auf das Gaspedal und raste mit heulendem Motor davon.
    Insgesamt neun Passanten hatten sich die Nummer gemerkt. Die Polizisten brauchten nicht einmal zu fragen. In ihrer Erbitterung drängten sich die Passanten förmlich als Zeugen auf …
    Während der Krankenwagen den verletzten Fußgänger – er hatte einige Schürfwunden und eine leichte Gehirnerschütterung davongetragen – mit drehendem Blaulicht in das nächste Krankenhaus brachte, stellte die Polizei an Hand der Nummer den Besitzer des Autos fest.
    Eine Stunde später bereits hielt ein Streifenwagen vor dem Haus Dr. Buddes.
    Das Auto stand wieder unter der Laterne, als sei nichts geschehen. Nur der vordere linke Kotflügel war etwas eingedrückt. An der Stoßstange hing ein Fetzen Stoff.
    »Ganz schön frech!« sagte der Hauptwachtmeister des Streifenwagens.
    Sie schellten an der Tür Dr. Buddes. Als niemand öffnete, drückten die Beamten das Schloß ein. Whiskydunst wehte ihnen entgegen.
    »Na also!« sagte der Hauptwachtmeister bissig. »Das alte Lied …«
    Im Wohnzimmer fanden sie den besinnungslos betrunkenen Dr. Budde. Sie schüttelten ihn durch, sie schrien ihn an … als er nicht reagierte, trugen sie ihn hinunter in den Streifenwagen und fuhren ihn ins Untersuchungsgefängnis.
    Dort wachte Dr. Budde am Mittag des nächsten Tages auf.
    Er lag auf einer harten Pritsche, mit einer schmutzigen Decke zugedeckt. Mit einem Sprung war Budde auf den Beinen. Sein Schädel brummte, und die kahlen Wände um ihn schienen zu wanken. Etwas taumelnd lief er zur Tür und trommelte mit beiden Fäusten dagegen.
    »Aufmachen!« rief er. »Aufmachen! Was ist denn los? Wie komme ich denn hierher? Wie komme ich denn …«
    Eine halbe Stunde später stand Dr. Budde vor dem Untersuchungsrichter, gewaschen, rasiert, durch Kaffee etwas aufgemöbelt. Ungläubig hörte er, was der Richter mit monotoner Stimme

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