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Entmündigt

Entmündigt

Titel: Entmündigt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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verlas. Es war ein Routinefall, aber für Budde war es unbegreiflich.
    »Unfall? Fahrerflucht?« wiederholte er, als der Richter zu ihm aufblickte. »Ich …? Aber ich war doch vollkommen betrunken.«
    »Eben! Fahrerflucht in Volltrunkenheit. Sie geben es zu?«
    »Nein! Nie und nimmer. Ich habe zu Hause auf dem Sofa …«
    »Reden Sie nicht solch einen Unsinn!« Es warteten noch an die zehn andere Fälle auf ihn, über die er als Haftrichter befinden mußte. »Ihr Wagen stand ja vor der Tür, eingebeult, mit einem Stoffetzen aus der Hose des Angefahrenen …«
    »Beule … Stoffetzen …« Dr. Budde starrte den Richter wie einen Geist an. Mit zitternden Händen fuhr er sich durch die kurzen Haare. »Bin ich denn auch verrückt …«, stotterte er. »Ist hier ein Irrenhaus …«
    »Die Frechheit wird Ihnen vergehen!« sagte der Richter eisig. »Sie bleiben in Haft …«
    »Aber ich bin doch keinen Schritt gefahren …«, schrie Dr. Budde. »Ich schwöre es …«
    »Wir haben neun Zeugen, die dabei waren, als Sie den Mann umgefahren haben. Auf der Mittelstraße. Um 23.17 Uhr.«
    »Da war ich längst betrunken.«
    »Sie geben es also zu?«
    »Daß ich betrunken war … ja! Aber ich bin nie mit dem Wagen weggefahren!«
    »Vielleicht wissen Sie es nicht mehr. In der Volltrunkenheit setzt das Gedächtnis aus … Wir haben doch Zeugen …«
    »Mein Gott!« Dr. Budde setzte sich schwer auf den harten Stuhl, der vor dem Richtertisch stand. »Sind wir denn alle verrückt? Ich möchte sofort Professor v. Maggfeldt sprechen.«
    »Das werden Sie sowieso. Er ist der amtliche Gutachter.«
    Dr. Budde hob das Gesicht und sah den Richter aus großen Augen an, als glaube er ihm nicht.
    »Dann komme ich in die Anstalt zur Beobachtung?«
    »Ja.« Jetzt wurde der Blick des Richters ungläubig. Er sah das kleine, fast fröhliche Lächeln in Buddes Gesicht. »Glauben Sie bloß nicht, daß das ein Vergnügen ist …«, sagte er ärgerlich.
    Budde sprang auf. Wieder fuhr er sich mit den Händen durch die stoppeligen Haare. »In das Sanatorium von Professor v. Maggfeldt komme ich? Ist das sicher? Können Sie mir das versprechen …«
    »Herr! Wenn Sie hier Witze machen wollen!« Der Richter stand ebenfalls auf.
    »Ich komme in die Anstalt! Ich danke Ihnen!« Ehe es der Richter verhindern konnte, hatte Dr. Budde seine Hand ergriffen und sie kräftig gedrückt. Dann erst riß der Haftrichter seine Hand los und versteckte sie hinter dem Rücken. Er trat einen Schritt zurück und betrachtete den Häftling voll Mitleid und voll Entsetzen … Als Budde wieder abgeführt worden war, atmete er befreit auf.
    »Es ist ein Jammer«, sagte der Haftrichter zu dem Justizoberwachtmeister, der die Neuzugänge registrierte. »Vollakademiker … sieht so vernünftig aus … war sicherlich ein kluger Kopf … aber er hat sich den Verstand kaputtgesoffen …«
    *
    Gisela Peltzner stand am Fenster ihres Zimmers und sah hinaus in den Park. Jeden Augenblick mußte Professor v. Maggfeldt auf dem Kiesweg auftauchen, wie jeden Morgen um neun Uhr, wie seit vierzehn Tagen.
    Und wann würde er ihr endlich sagen, daß sie gesund war, nach Hause konnte? Sie hatte sich vorgenommen, geduldig zu sein. Allmählich ging es über ihre Kräfte.
    Giselas Hände zitterten. Das schlimmste war, daß sich Klaus Budde nicht meldete. Was war mit ihrem Verlobten? Warum setzte er nicht alle Hebel in Bewegung, um ihr zu helfen? Gestern hatte sie sich schließlich überwunden, den Professor zu bitten, Klaus anzurufen.
    Maggfeldts Klopfen riß Gisela aus ihren Gedanken.
    »Ja, bitte«, rief sie leise und wandte sich um. Sie sah wieder mit schmerzhafter Deutlichkeit die Türe ohne Klinke, die nur von außen zu öffnen war und jetzt geöffnet wurde.
    »Guten Morgen, Herr Professor!« Sie versuchte zu lächeln, aber sie schaffte es nicht, und ihre Handbewegung, mit der sie Maggfeldt zum Sitzen aufforderte, war matt und kraftlos.
    Er küßte ihr die Hand und setzte sich in den Sessel neben dem Fenster.
    »Sie haben also Doktor Budde nicht erreicht«, sagte Gisela übergangslos und setzte sich in den zweiten Sessel.
    Professor v. Maggfeldt sah sie forschend an. »Woher wissen Sie das?« fragte er.
    »Ich hatte es so im Gefühl – ganz plötzlich.«
    Maggfeldt nickte. »Doktor Budde ist verreist«, sagte er.
    »Verreist? Ohne mich zu benachrichtigen? Ohne einen Gruß? Ohne …« Sie konnte plötzlich nicht mehr sprechen, und Maggfeldt beugte sich aus seinem Sessel heraus zu ihr, legte seine Hand

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