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Entrissen

Entrissen

Titel: Entrissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Carver
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rauszuvögeln! Und danach bin ich über alle Berge!
Natürlich tat er das nicht. Stattdessen hörte er geduldig zu und bedankte sich mit einem Lächeln für die Informationen. Dann nahm er seine Schlüsselkarte entgegen und ging hinauf in sein Zimmer, wo er die Einkäufe auf dem Bett ausbreitete und seine heißen Fantasien von der Leine ließ.
    Während er diverse Gegenstände aus ihren Verpackungen nahm, Batterien einlegte und prüfte, ob alles ordnungsgemäß funktionierte, fiel ihm etwas ein: Eigentlich hätte er heute Nachmittag zu Hause sein sollen. Caroline wusste, dass er früher Feierabend hatte. Er hatte ihr versprochen, den Wocheneinkauf zu erledigen, da sie inzwischen nicht mehr schwer tragen konnte. Oder vielleicht war sie schlicht und einfach zu faul. Zeit und Kraft, sich mit ihren Freundinnen zum Mittagessen zu treffen, hatte sie jedenfalls immer reichlich. Mittagessen, die er bezahlen musste.
    Egal,
dachte er.
Sie würde eben warten müssen.
    Er schaltete den pinkfarbenen Jelly-Vibrator ein, spürte, wie er in seiner Hand vibrierte, und lächelte. Perfekt. Er warf einen Blick auf die Uhr und rückte dann seine Hose zurecht, um den angenehm unangenehmen Druck auf die Beule im Schritt ein wenig zu lindern.
    Beeil dich, Erin,
dachte er.
Ich warte auf dich ...
     

42
     
    Caroline Eades war zu Tode erschöpft.
    Heute hatte sie es nicht einmal geschafft, sich anzuziehen. Den ganzen Tag über hatte sie einfach nur auf dem Sofa gesessen und ferngesehen.
    Normalerweise nahm sie sich jeden Tag etwas vor: Yoga, ein Mittagessen mit Freundinnen, Shopping. Heute wäre es ein Friseurtermin gewesen, den sie allerdings abgesagt hatte. Die Vorstellung, aufzustehen und sich zurechtmachen zu müssen, war einfach zu viel gewesen.
    Es hatte gleich nach dem Aufwachen begonnen. Als hätte eine riesige Matratze sie erwischt und flach auf den Rücken geworfen. Sie hatte sich zwingen müssen aufzustehen, ihren Kindern das Frühstück zu machen und dafür zu sorgen, dass sie pünktlich zur Schule kamen. Danach hatte sie sich gleich wieder hingelegt. Seitdem hatte sie sich nicht mehr bewegt. Es war noch schlimmer als in den ersten drei Monaten der Schwangerschaft. Kein Wunder, bei dem Gewicht, das sie inzwischen mit sich herumschleppte. Und erst das Sodbrennen ... als hätte sie wochenlang nichts als Curry gegessen.
    So sah also ihr Tagesplan aus: das Sofa, eine Tasse Tee und das Vormittagsprogramm im Fernsehen. Im Moment lief gerade
Loose Women -
oder
Wild gewordene Weibsstücke,
wie Caroline die Talkshow insgeheim nannte. Die vier Interviewerinnen redeten permanent durcheinander und buhlten schamlos um die Aufmerksamkeit des Stargasts, indem sie sich gegenseitig mit immer schlüpfrigeren Kommentaren überboten. Irgendwann konnte sie es nicht mehr ertragen und schaltete um.
Diagnose Mord.
Schon besser. Doch nach einer Weile merkte sie, dass sie der Handlung nicht recht folgen konnte. Selbst der einfach gestrickte Plot überforderte sie. Mehr Kanäle wollte sie nicht durchprobieren, also schaltete sie den Fernseher ganz aus.
    Sie trank einen Schluck von ihrem Tee und verzog das Gesicht. Kaffee konnte sie noch ohne Probleme trinken, aber bei Tee wusste sie nie im Voraus, ob er ihr schmecken würde. Und nicht nur ihr Geschmackssinn hatte sich verändert, auch ihr Geruchssinn war viel empfindlicher geworden. Gerüche, die sie früher gemocht oder die ihr zumindest nichts ausgemacht hatten, fand sie nun unerträglich. Der Geruch im Kühlschrank zum Beispiel oder Graemes Aftershave. Und jetzt verursachte ihr selbst der Duft ihres Tees Übelkeit.
    Sie lehnte sich zurück, schloss die Augen und versuchte sich zu entspannen. Es ging nicht. Egal, wie sie sich hinsetzte, auf welche Seite sie sich drehte, sie konnte einfach keine bequeme Position finden. Sie schlug die Augen wieder auf und sah sich um. In ihrem normalerweise makellosen Haus wurde es unordentlich. Graeme wollte keine Putzfrau bezahlen, er hielt das für Geldverschwendung, da sie ja ohnehin den ganzen Tag zu Hause sei und nichts Besseres zu tun habe. Aber heute konnte sie nicht einmal die Energie aufbringen aufzustehen, geschweige denn aufzuräumen.
    Das Abendessen musste sie auch noch kochen, und im Vorratsschrank herrschte gähnende Leere. Wenigstens hatte Graeme sich bereit erklärt, auf dem Heimweg von der Arbeit bei Sainsbury vorbeizufahren und einzukaufen. Er war nicht gerade vor Freude in die Luft gesprungen, als sie ihn darum gebeten hatte, aber was hieß das schon?

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