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Entrissen

Entrissen

Titel: Entrissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Carver
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längst noch nicht da, wo er hinwollte.
    »Nein«, sagte er. »Wenn Sie Clayton oder mir etwas hätten antun wollten, warum haben Sie dann nicht einfach einen von uns niedergeschlagen?«
    »Das wäre doch tätlicher Angriff gewesen, oder nicht?«
    »Klar, aber wenigstens hätten Sie Zeit gewonnen. Sie hätten fliehen können. Und später hätte ein guter Anwalt Sie rausgehauen. Er hätte sagen können, ich hätte Sie genötigt oder so.«
    »Echt?«
    »Sicher.« Phil hielt es für besser, nichts von der Anklage wegen versuchten Mordes zu erwähnen, die über Brotherton schwebte. Er wollte vorankommen. »Das wäre durchaus eine Option gewesen. Ich meine, stark genug sind Sie ja.« Er wartete ein paar Sekunden ab, damit Brotherton das Kompliment auch wirklich registrierte, dann fuhr er fort. »Ich halte mich ja für ziemlich fit, aber um so einen Körper wie Ihren zu bekommen, muss man richtig hart trainieren. Das kommt doch bestimmt nicht nur von Ihrer Arbeit auf dem Schrottplatz, oder?«
    »Nein«, antwortete Brotherton und spannte unwillkürlich seinen Bizeps an. »Ich gehe ins Studio.«
    »Dachte ich es mir doch. Wie lange machen Sie das schon?«
    Brotherton blickte nach rechts. »Hab mit zwanzig angefangen. Ungefähr fünfzehn Jahre also.«
    »Das ist echter Einsatz. Und wo?«
    Wieder ein Blick nach rechts. »Früher war ich Mitglied bei Leisure World an der Avenue of Remembrance. Jetzt bin ich in einem Club in Highwoods.«
    »Ich gehe auch gerne trainieren, aber im Moment bin ich auf der Suche nach einem neuen Studio. Bin nämlich gerade umgezogen.« Er lachte. »Ihnen kann ich natürlich nicht annähernd das Wasser reichen. Wie ist das Studio in Highwoods denn so? Kann man es empfehlen?«
    Brotherton runzelte die Stirn, und sein Blick wanderte nach links. »Klar. Eigentlich ein ganz normales Studio. Die haben einen Pool, eine Sauna und so.« Er nickte. »Besser als viele andere, nicht so viele Cliquen. Aber na ja. Letzten Endes ist Fitnessstudio gleich Fitnessstudio. Man bekommt immer nur das raus, was man reinsteckt.«
    Phil nickte, während er augenscheinlich über die Sache nachdachte. »Stimmt.« Er nahm die Hand hinter den Rücken und bewegte sie unauffällig auf und ab. Kurz darauf wurde an den Spiegel geklopft.
    Brotherton fuhr zusammen. Phil tat so, als würde er sich ebenfalls erschrecken.
    »Entschuldigen Sie«, sagte er. »Ich glaube, die wollen mich sprechen. Bin gleich wieder da.«
    Er stand auf und verließ den Raum.
    Marina erwartete ihn bereits, als er den Beobachtungsraum betrat.
    »Hast du alles?«, fragte er.
    »Ja. Augen nach rechts, er erinnert sich. Augen nach links, er denkt nach.«
    Phil lächelte schief. »Hoffen wir bloß, dass er keinen nervösen Tick hat. Das wäre wirklich Pech.«
    Marina erwiderte sein Lächeln.
    »Also gut«, sagte er. »Dann können wir loslegen?«
    »Ich denke schon.«
    In der neurolinguistischen Verhörtechnik wurde mit zwei verschiedenen Arten von Fragen gearbeitet: solche, die sich ausschließlich auf das Erinnerungsvermögen bezogen, und solche, für deren Beantwortung eine kognitive Leistung notwendig war. Die anfangs gestellten harmlosen Fragen sollten die vernommene Person nicht nur in Sicherheit wiegen, sondern dienten darüber hinaus dazu, einen Maßstab zu errichten, anhand dessen alle folgenden Antworten ausgewertet werden konnten. Grundsätzlich war die Körpersprache je nach Art der gestellten Frage unterschiedlich. Brotherton zum Beispiel sah nach rechts, wenn man ihm eine Frage stellte, die sein Erinnerungsvermögen beanspruchte. Fragte man ihn hingegen etwas, worüber er nachdenken musste, blickte er nach links. Wenn ihm also eine Erinnerungsfrage gestellt wurde und er darauf wie auf eine Denkfrage antwortete, bedeutete das, dass er sich seine Antwort genau überlegte, um Zeit zu gewinnen. Kurz gefasst: Er log höchstwahrscheinlich.
    »Tut mir leid wegen dem ... was ich da drin gesagt hab«, meinte Phil vage.
    »Kein Problem«, meinte Marina, den Blick auf ihre Notizen gerichtet. »Das ist dein Job. Du musst dich nicht entschuldigen. «
    »Okay«, meinte er und nahm eine Aktenmappe vom Tisch, auf die Brothertons Name geschrieben war. »Los geht's. Wünsch mir Glück.«
    Sie lächelte. »Das brauchst du nicht.«
    Er erwiderte ihr Lächeln. »Tu's trotzdem.«
    »Viel Glück.«
    »Danke.«
    Er ließ sie wieder allein. Sie blickte durch den Spiegel und wartete darauf, dass das Verhör weiterging.
     

45
     
    Clayton sah sich im Raum um. Langsam ahnte

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