Entscheide dich, sagt die Liebe
das dritte Stück von links, einen eckigen Platinring, in den zwölf Brillanten eingearbeitet waren. Natürlich war es das teuerste Exemplar im exklusivsten Juwelierladen Venedigs, und es harmonierte fantastisch mit Claras weißblondem Haar.
»Der ist viel zu protzig«, sagte Clara. »Wie wär’s mit dem da?« Sie zeigte auf einen schmalen Weißgoldreif ohne Stein.
»Kommt nicht infrage!« Schlichtheit war mitunter schön, aber der Verlobungsring für die angehende Contessa Minotti musste etwas hermachen.
»Ein einfacher Ring ohne Stein würde mich am wenigsten beim Klavierspielen stören.«
Paolo schüttelte den Kopf. Seit Clara aus Würzburg zurückgekommen war, benahm sie sich anders. Selbstbewusster, aber auch in sich gekehrter. Er wusste noch nicht, was er davon halten sollte. Wenigstens übte sie nicht mehr ganz so verbissen. Ab und zu hörte er sie Schlager spielen, als spielte sie nur zu ihrem Vergnügen. Bei den gemeinsamen Mahlzeiten wirkte sie abwesend und aß wenig. Und, das bedauerte er am meisten, sie bestand darauf, in ihrem eigenen Zimmer zu schlafen. Allein. Wobei sie einen Großteil der Nächte nicht schlafend, sondern auf und ab wandernd verbrachte, zumindest ließen die dunklen Ringe unter ihren Augen das vermuten. Der Besuch bei ihrer Mutter hatte sie aufgewühlt. Hoffentlich würden die Vorbereitungen für die Verlobungsfeierlichkeiten sie ablenken.
»Ein Ring ohne Stein ist kein Ring«, sagte er. »Zum Üben kannst du ihn ja abnehmen, meine Teuerste.«
Signor Contadini lächelte sein schmallippiges Lächeln und zog sich kurz in die hinteren Räumlichkeiten zurück. Dann kam er mit einem weinroten Samtkissen zurück, auf dem ein Prachtexemplar von Ring thronte. »Ein Einzelstück aus dem frühen 20. Jahrhundert«, nuschelte der alte Herr. »Weißgold, besetzt mit sieben Brillanten. Im Zentrum ein makelloser Smaragd, der wunderbar zu den Augen der Signorina passen würde.« Er steckte Clara den Ring an. Und wirklich! Er schien wie für sie gemacht, schmiegte sich an ihren Finger und brachte die Farbe ihrer Iris zum Leuchten. Nicht einmal Clara konnte abstreiten, dass dieses Schmuckstück ihr gut stand. Contadini beugte sich vor und flüsterte Paolo den Preis ins Ohr, der den des Platinrings beträchtlich überstieg.
»Gekauft!« Paolo strahlte.
»Ich werde das gute Stück noch gründlich reinigen und den Stein polieren. Morgen können Sie ihn abholen, wenn es Ihnen recht ist.«
»Lassen Sie sich ruhig Zeit, mein Lieber. Die Verlobungsfeier findet erst nächsten Samstag statt.«
»Herzlichen Glückwunsch, die Herrschaften. Möge Ihnen beiden ein langes und harmonisches Leben beschieden sein.« Contadini begleitete Paolo und Clara hinaus. Trotz seines steifen Nackens verabsäumte er nicht, sich mindestens zwanzigmal zu verbeugen.
Vor dem Juweliergeschäft bog Clara nach links und schlug den Weg zur Ca’ Minotti ein.
»Halt, meine Liebe!« Paolo nahm ihren Arm und zog sie sanft in die andere Richtung. »Wir müssen noch zum Blumenladen.«
»Wie bitte? Aber es gibt doch schon in jedem Zimmer frische Blumen, von der üppigen Gartenbepflanzung gar nicht zu reden.«
»Es geht um den Blumenschmuck für das Fest.«
Clara zog ihre Stirn kraus.
Paolo lachte auf. Vom Feiern hatte sein Engel wirklich keine Ahnung. »Hast du je eine Verlobungsfeier ohne Blumenschmuck gesehen?«
Sie verneinte. Sagte, sie habe noch gar keine Verlobungsfeier gesehen. Sie verlobe sich schließlich nicht jeden Tag.
Über diese zynische Bemerkung ging er hinweg und schleppte sie mit in den Laden, der bisher alle Familienfeierlichkeiten der Minottis, ob freudiger oder trauriger Art, in puncto Blumen ausgestattet hatte. Mit der Anzahl der weißen Orchideen, die er bestellte, brachte er die Augen der Ladeninhaberin zum Leuchten.
Nachdem die floristische Frage geklärt war, kehrten sie nach Hause zurück. Clara wollte sich sofort zum Üben in ihr Zimmer zurückziehen, aber Paolo hielt sie auf. »Schenk mir noch ein paar Minuten, bellissima, dann räume ich das Feld und lasse dich allein mit deiner Musik.«
»Du gehst weg?«
»Ich muss nach Genua fahren und mich um unsere Werft kümmern. Es gibt Schwierigkeiten mit aufsässigen Arbeitern, die höhere Löhne fordern. Nichts Ernstes, aber mein Erscheinen ist gefragt. Ich muss durchgreifen, vielleicht den Rädelsführer entlassen und ganz allgemein den Boss heraushängen lassen. Bevor ich abreise, wollte ich noch etwas Organisatorisches in Sachen Fest mit dir
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