Entscheide dich, sagt die Liebe
gewesen sein, ein Augenöffner, dass Paolo doch nicht der richtige Mann für sie war.
Trotz der aufkeimenden Hoffnung wollte es mit dem Freuen nicht recht klappen. Stattdessen sorgte er sich um Clara. Wo war sie jetzt? Hatten Paolo und sie sich gestritten? War sie erleichtert oder todunglücklich?
Er musste unbedingt mit Paolo sprechen. Doch der eröffnete soeben das Büfett, und während des Ansturms auf die erlesenen Speisen gab es keine Möglichkeit, an ihn heranzukommen.
Daniele kehrte den schmausenden, trinkenden Menschen den Rücken zu. Es war höchste Zeit, seinen Auftritt vorzubereiten. Rasch holte er seinen Koffer aus der Garderobe und schleppte ihn auf das Podium, das die Salonmusiker soeben freigeräumt hatten.
In den vergangenen Tagen hatte er zwei Marionetten gebastelt, auf die er unglaublich stolz war. Der neue Arlecchino trug Paolos breites Grinsen auf seinem Pappmascheegesicht. In seinen Armen gab es mehr Gelenke als üblich, was ihn zu lebhaftestem Gestikulieren befähigte. Das rotblonde Haar fiel ihm lässig in die Stirn. Um die Ähnlichkeit mit Paolo zu unterstreichen, bestand Arlecchinos Text aus lauter Sprichwörtern, die Daniele mit besonderer Sorgfalt ausgewählt hatte.
Sein Meisterstück war aber die neue Colombine. Ihr Haar aus feinster weißer Baumwolle war zu einem dicken Zopf geflochten, der bis zum Po reichte und sich im Lauf des Stückes aufdröseln würde. Colombine konnte ihren Anemonenmund spitzen und öffnen, sie konnte ihre kräftigen Finger einzeln bewegen und bewimperte Lider über die lagunengrünen Augen fallen lassen. Für seinen Star hatte er extra ein Toy-Piano aufgetrieben, ein Miniaturklavier, das wie ein Glockenspiel klang. Colombine sprach nicht, sie seufzte nur, sang und spielte Klavier. Wie ein Wahnsinniger hatte Daniele, der zwar musikalisch war, aber nie ein Instrument erlernt hatte, ein paar Melodien eingeübt. Die Anfangstakte von Beethovens Für Elise und von Mozarts Alla Turca und die bekanntesten Themen aus den Filmen Love Story und Dr. Schiwago. Was für ein Aufwand! Und jetzt war alles umsonst. Denn Colombine hatte natürlich keinerlei Ähnlichkeit mit Madison. Und das Klavier musste er wohl oder übel in seinem Koffer lassen. Improvisieren war gefragt. Wieder einmal musste Daniele die Brünette – sie war es tatsächlich, trotz der hochgesteckten Haare – anschnorren. Diesmal brauchte er keine Zigarette, sondern ihre Schminksachen. Zum Glück war sie schon beschwipst genug, um seine Bitte nicht unverschämt, sondern witzig zu finden. Mit ihrem Lipgloss plusterte er die schmalen Lippen des Anemonenmundes auf doppelte Dicke auf. Den grünen Lidschatten verwendete er dazu, das weiße Pappmascheekleid in Madisons quietschgrünes zu verwandeln, was nicht ganz gelang. Immerhin wurde es grünlich. Zuletzt nahm er noch die Nagelschere, schnitt Colombines schönes Haar ab und verpasste ihr einen Fransenlook, der erstaunlich authentisch wirkte. Er färbte das weißblonde Haar mit dem Rouge der Brünetten und sorgte, dank der Wimperntusche in Blau, für ein paar farbige Strähnchen. Die Wirkung war erstaunlich.
Allerdings stellte sich noch das Problem, wie er seine Madison-Colombine in die Handlung einbauen sollte. Singen und Klavierspielen fielen flach. Er wusste nicht viel von den Vorlieben, Talenten oder Eigenheiten der Amerikanerin. Nur, dass sie eine Partylöwin war und Geld wie Heu hatte. Also würde er einfach versuchen, Madisons grauenhaften amerikanischen Akzent nachzuahmen und sie mit sinnlosen Phrasen auf Paolos Sprichwörter antworten zu lassen. Bingo!
Die Aufführung nahm ihren Lauf. Obwohl Daniele die Hälfte aus dem Stegreif texten musste, kam die Geschichte gut an. Vor allem seine Imitation von Madisons Aussprache sorgte für herzhafte Lacher – und am lautesten lachte die Amerikanerin selbst. Daniele freute sich, dass sie Humor besaß, und fand sie gleich viel sympathischer. Als die Madison-Colombine zum Schluss ihren Paolo-Arlecchino küsste und knallrote Knutschflecken auf seinem Pappmascheegesicht hinterließ, wurde ausgiebig geklatscht. Die Marionetten knicksten elegant, dann ließ Daniele sie mit Schwung in seinem Koffer verschwinden.
Noch während er die Bühne abräumte, kam Paolo auf ihn zu und bedankte sich überschwänglich. »Ich weiß nicht, wie du das hingekriegt hast, aber du warst fantastisch.« Er klopfte dem Freund auf die Schulter und wollte wieder gehen, doch Daniele hielt ihn fest.
»Was ist mit Clara?«
Paolo wich
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