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Entscheide dich, sagt die Liebe

Entscheide dich, sagt die Liebe

Titel: Entscheide dich, sagt die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siri Goldberg
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seinem Blick aus. »Ach, das habe ich dir ja noch gar nicht erzählt. Tja, sie ist gegangen.«
    »Aber warum? Habt ihr euch gestritten?«
    Er schüttelte den Kopf. »In Kanada hat die Gute zwei Dinge herausgefunden, die einer dauerhaften Bindung mit mir im Weg stehen.«
    »Und die wären?« Danieles Handflächen wurden feucht, er wischte sie unauffällig in seine Hose.
    »Die Karriere ist ihr wichtiger.«
    »Und der zweite Grund?« Liebt sie einen anderen?, schrie es in ihm, doch er wagte nicht, die Frage auszusprechen.
    Ein spöttisches Lächeln spielte um Paolos Mundwinkel. »Stell dir vor, sie hat sich verliebt.«
    Danieles Herz stolperte. Er trat einen Schritt zurück und hob die Brauen.
    Paolos spöttisches Lächeln wurde breiter. »In eine Frau, ob du es glaubst oder nicht. Sie hat entdeckt, dass sie gar nicht auf Männer steht.«
    »Was?« Daniele verlor die Kontrolle über seinen Kiefer, der nach unten klappte. Clara sollte lesbisch sein?
    »Überrascht?«, fragte Paolo mit blitzenden Augen. »Also ich nicht. Endlich ist mir klar, warum sie im Bett immer so zurückhaltend war. Kalt wie ein Eiszapfen.«
    Daniele runzelte die Stirn. Intime Details über das Liebesleben hatten sie noch nie ausgetauscht. War Paolo so tief gesunken?
    »Ich muss mich wieder um meine Gäste kümmern.«
    »Eins verstehe ich nicht.« Daniele hielt ihn zurück. »Ich dachte, du liebst Clara über alles. Oder hast sie geliebt. Wie kannst du einfach so«, er schnippte mit den Fingern, »umdisponieren? Wie kannst du dich im Handumdrehen mit einer anderen verloben?«
    Paolo lachte auf. »Was erwartest du? Dass ich Trübsal blase? Dafür ist das Leben zu kurz. Was soll’s? Ich habe mich eben geirrt, das kann jedem mal passieren.« Er zuckte mit den Schultern.
    »Du schaltest Gefühle also beliebig ein und aus? Auf Knopfdruck? Nicht zu fassen, wenn man bedenkt, wie du noch vor zwei Tagen von ihr geschwärmt hast. Von deinem Engel. Deiner bellissima. Der ganz großen Liebe.«
    »Die große Liebe!« Paolo winkte ab. »Alles maßlos überschätzt. Schau nur, wie viele Mütter schöne Töchter haben.« Er deutete mit großer Geste in den Saal. Im Weggehen drehte er sich noch einmal um. »Und wie hat mein hoch verehrter Urururgroßvater Giacomo Girolamo Casanova so treffend gesagt? ›Auch die schönste Frau ist an den Füßen zu Ende.‹«
    Daniele sah Paolo nach, wie er grinsend in der Menge untertauchte.
    Ein DJ machte sich auf dem Podium breit. Gleich würde die schwatzende, trinkende, dampfende Gästeschar ihre Gläser abstellen und tanzen. Ihm wurde übel. Er musste hier sofort raus. Rasch gab er der Brünetten ihre Schminkschatulle zurück, schnappte seinen Koffer und verließ den Saal. Fassungslos über das Geschehene schlich er sich zum Hinterausgang der Ca’ Minotti. Als er auf der rückwärtigen Treppe beinahe mit Clara zusammenstieß, zuckte er zusammen.
    Sie trug Jeans und ein ausgebeultes Sweatshirt. Ihr Haar war zu einem lockeren Pferdeschwanz zusammengefasst, das Gesicht ungeschminkt und das Grün fast völlig aus ihren Lagunenaugen verschwunden, die jetzt beinahe schwarz aussahen. Noch nie war sie ihm so schön erschienen. Auch sie hielt einen Koffer in der Hand, einen erstaunlich kleinen Koffer.
    »Wie geht es dir?«, brachte er endlich heraus.
    »Danke, ich komme zurecht.«
    Er hätte sie so gern in die Arme genommen, ihr tausend Dinge gesagt, aber es ging nicht. Zwischen ihnen stand eine Wand, die nur aus dem Satz bestand: »Sie liebt also eine Frau.«
    Die Wand war unsichtbar und unüberwindlich. Vielleicht hätte Clara sie mit einer versöhnlichen Geste oder mit den richtigen Worten zum Einstürzen bringen können, aber die Geste kam nicht, und die Worte blieben ungesagt. Einen Wimpernschlag später nickte sie ihm zu und wandte sich ab. Bis er sich von der lähmenden Starre befreit und die Anlegestelle der Ca’ Minotti erreicht hatte, kletterte sie bereits in ein Wassertaxi und entschwand.
    Enttäuschung schnürte ihm die Kehle zusammen. Ihre Distanziertheit schmerzte mehr als damals der Bruch mit Sofia. »Was willst du?«, brummte er zu sich selbst. »Wenn sie sich mit Paolo verlobt hätte, wäre sie auch unerreichbar gewesen.« Er hätte nicht gewinnen können. Missmutig ließ er den Motor an.
    Als er von dem schmalen Seitenkanal in den Canal Grande einbog, hatte er das unbestimmte Gefühl, dass er lange nicht mehr hierher zurückkehren würde. Ihm war, als hätte er noch etwas viel Kostbareres verloren als eine

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