Entscheidung aus Liebe
erfasst, was ihn am meisten schmerzte - die Vergangenheit und der Verlust seiner Freiheit.
Warum hatte er sich auch so lange mit diesem törichten Mädchen aufgehalten? „Es wird keine weiteren Diskussionen über diese Angelegenheit geben, Miss Chloe. In Zukunft keine Spaziergänge im Regen mehr. Wenn Sie sich nicht daran halten, werde ich zu strengeren Maßnahmen gezwungen sein, damit meine Anweisungen befolgt werden."
Ihr Lächeln verschwand, und sie senkte den Kopf. „Sie haben sich deutlich ausgedrückt, Euer Gnaden."
Er traute dem plötzlichen Frieden nicht. „Sagen Sie mir, dass Sie meinen Wunsch befolgen werden."
Nach einer Weile hob sie den Kopf wieder. „Ich werde ihn befolgen." Ihr Gesicht war ausdruckslos, und er vermisste ihr hübsches Lächeln. Es hatte ihren Zügen einen unwiderstehlichen Liebreiz verliehen. Ja, sie war auf eine Weise anziehend, die sich sehr von Lady Helenas exquisiter Schönheit unterschied. Chloe Pesserat war geschaffen dafür, laut zu lachen, durch den Regen zu rennen und das Leben in vollen Zügen auszukosten. Helena dagegen war ...
Das Wort, das ihm spontan in den Sinn kam, bereitete ihm Unbehagen. Es war „Mäßigung", gerade die Tugend, die er so gerne lobte. Dennoch beschrieb es Helena äußerst zutreffend. Alles an ihr war gemäßigt. Sie besaß weder Leidenschaft noch Temperament.
Als er die Küche verließ, begleitete ihn dieselbe innere Unruhe wie nach dem Vorfall im Spielzimmer. Er fragte sich, ob solch eine Reaktion nicht unvermeidlich war. Schließlich war es eine launenhafte kleine Elfe, die das Glück seiner Nichten in ihren zarten Händen hielt.
5. KAPITEL
In dieser Nacht ging Chloe in ihrem Zimmer ruhelos auf und ab, ohne Schlaf finden zu können. Ihre Gedanken kreisten immer wieder um die Geschehnisse dieses Tages.
Wie hatte sie nur glauben können, Sehnsucht und Schmerz in den kalten Augen des Duke zu sehen? Dieser Mensch war unerträglich. Er hatte sie wie ein ungehorsames Kind ausgeschimpft und sogar ihre Fähigkeiten in Frage gestellt! Dieser aufgeblasene, selbstgefällige, eingebildete ... Langweiler! Und sie hatte tatsächlich
gedacht, dass sich so etwas wie Menschlichkeit hinter seinem überheblichen Gebaren versteckte. Nun, offenbar hatte sie sich gründlich geirrt.
Nachdem ihr Ärger abgeebbt war, fühlte sie sich erschöpft. Cook ließ ihr eine Kanne mit heißem Tee und einen großzügigen Vorrat an Keksen hinaufbringen. Schließlich legte sich Chloe mit einem Buch, das sie in der Bibliothek von der Lektüre der Duchess ausgeborgt hatte, nieder. Bald war sie mit dem Buch auf ihrem Schoß eingeschlafen.
Es musste bereits nach drei Uhr sein, als sie von Rebeccahs angstvollen Schreien geweckt wurde. Schlaftrunken sprang sie auf ihre Füße und eilte an das Bett des kleinen Mädchens.
„Psst, Rebeccah", sagte sie mit sanfter Stimme. „Miss Chloe ist ja bei dir. Alles wird gut, ma petite."
Sie legte die Arme um das weinende Kind und drückte sie an ihre Brust. Am Anfang wehrte sich Rebeccah gegen ihre Berührung, wie immer, wenn sie aus einem Albtraum erwachte. Sie griff nach Chloes Nachthemd und riss an dem Stoff, als wolle sie ihre Wut über den erlittenen Verlust daran auslassen. Schließlich vergrub sie aber den Kopf an Chloes Brust und schluchzte immer leiser, bis sie eingeschlafen war.
Vorsichtig legte Chloe das Mädchen zurück in das Bett. Einen Moment lang betrachtete sie das kleine Gesicht und streichelte sanft über eine rosige Wange. Gewiss, dieses Kind mochte nicht einfach sein, aber Chloe liebte es dennoch von ganzem Herzen.
„Schlaf, cherie, und träume von fernen Ländern, in denen tapfere Ritter Damen in Not retten, die von bösen Drachen gefangen wurden. Träume von Lachen und den Menschen, die dich lieben, ma petite. Ja, träume von der Liebe."
Als ob sie die Worte gehört hätte, atmete Rebeccah langsam aus und kuschelte sich dann zufrieden in ihr Kissen.
Plötzlich spürte Chloe, dass sie nicht allein im Zimmer war. Sie hob den Blick und sah den Duke, der an der Tür stand.
Er war in dunkle Hosen gekleidet, die trotz dieser späten Stunde keine einzige Falte aufwiesen. Seinen Frack hatte er jedoch abgelegt und stand lediglich in Hemdsärmeln vor ihr, was eine erhebliche Verletzung der Etikette für ihn bedeutete. Doch Chloe war seine unschickliche Kleidung gleichgültig. Es fiel ihr nur auf, weil es nicht zu seinem üblichen Gebaren zu passen schien.
Sein Haar war zerzaust, und er trug keinen Morgenrock.
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