Entscheidung aus Liebe
schlechten Tag. Komm, wir wollen uns einen anderen Eintrag ansehen. Ah, hier ist einer."
11. September 1826. Mutter ist schon wieder wütend auf mich. Ich glaube, sie ist
immer enttäuscht von mir. Sie sagt immer nur, Vater hätte dies getan', oder, Vater hätte das getan'. Manchmal hasse ich sie. Dann kann ich es einfach nicht mehr ertragen. ”
„Rebeccah, warum gehst du nicht das Märchenbuch holen, aus dem ich dir schon einmal vorgelesen habe? Du weißt schon, das mit den vielen bunten Bildern." Rebeccah kletterte gehorsam von seinem Schoß. „Das war überhaupt nicht spannend, Onkel Jareth. Es war langweilig", murmelte sie, während sie ihn verließ. Während das Mädchen weg war, las Jareth wie gebannt weiter. Im Laufe der Zeit war die Verzweiflung seines Bruders offenbar immer größer geworden.
„Ich hasse mein Leben. Ich wünschte, ich würde niemals Duke werden. Manchmal wünschte ich mir, ich könnte einfach verschwinden. Heute lag ich auf meinem Bett, weil ich keine Lust zum Lernen hatte. Mr. Hampton ging zu Mutter, um sich über mich zu beschweren, und ich habe mir plötzlich gewünscht, ich könnte sterben. Ich glaube, der Tod wäre sehr friedlich. Ich will nur etwas Frieden. ”
Jareths Hände begannen zu zittern.
Rebeccah kam mit dem Buch wieder, um das er sie gebeten hatte. „Hier ist es, Onkel. Du kannst es lesen, wenn du willst. Ich gehe wieder zu meinen Puppen."
Dann eilte sie wieder zu dem Tisch in der Ecke, um ihr Spiel fortzusetzen.
Er nahm das Buch mit bebenden Fingern, bevor er es plötzlich zu Boden fallen ließ. Die Mädchen zuckten bei dem lauten Geräusch zusammen, und sie sahen ihn neugierig an. Er lächelte ihnen beruhigend zu, erhob sich und ging unruhig im Zimmer umher.
Warum hatte er nicht gemerkt, dass sein Bruder so unglücklich gewesen war? Auch wenn er damals selbst ein Kind gewesen war, so hätte er dennoch seine Verzweiflung ahnen müssen.
Natürlich hatte er es gespürt, obgleich er nicht in der Lage gewesen war, das ungute Gefühl zu deuten. Alle anderen hatten Charles für den glücklicheren Bruder gehalten. Manchmal war Jareth als Zweitgeborener sogar bemitleidet worden. Charles war der Erbe, der Stolz der Familie, doch nur Jareth hatte die Wahrheit erahnt. Er erinnerte sich noch deutlich an dieses nagende Schuldgefühl, das ihn immer gequält hatte, wenn er im Gegensatz zu Charles mit anderen Kindern spielte und seine Freiheit genoss.
Mit abwesendem Blick versuchte er sich an Mr. Hampton zu erinnern. War er tatsächlich so grausam gewesen? Der Lehrer hatte Jareth stets mit wenig Interesse zur Kenntnis genommen, genau wie seine Mutter. Natürlich hatten sie ihn anders behandelt als Charles. Während sie dem jüngeren Sohn gegenüber nachsichtig gewesen waren, hatten sie dem älteren Bruder das Leben zur Hölle gemacht.
Jenes schreckliche Erlebnis am See, als er und Charles gekentert waren - ja, es musste in diesem Sommer gewesen sein. Er erinnerte sich noch daran, dass es der letzte Sommer gewesen war, bevor Charles in ein weit entferntes Internat geschickt wurde.
Charles hatte sich gewünscht zu sterben. Er hatte nicht einmal um sein Leben gekämpft, als das Boot unterging, obwohl er ein ausgezeichneter Schwimmer gewesen war. Seine Mutter und ihre Verbündeten hatten alle Freude aus seinem Leben verbannt, bis er nur noch sterben wollte. Und er hatte es beinahe geschafft.
In diesem Sommer war Charles gerade erst elf Jahre alt gewesen.
Er hatte Chloes Eintreten gar nicht bemerkt, bis er Rebeccahs aufgeregte Stimme hörte. „Miss Chloe, kommen Sie schnell! Es ist Onkel Jareth. Er weint!"
Weinte er tatsächlich? Als er mit den Fingern seine Wangen berührte, stellte er fest, dass sie feucht waren.
„Warum ist er so traurig?" fragte Rebeccah mit weinerlicher Stimme.
Chloe eilte zu ihm und nahm ihm das Tagebuch aus der Hand. „Woher hat er es bekommen?" fragte sie streng, während sie zu Rebeccah herumwirbelte. Jareth sah sie erstaunt an. Warum war Chloe so aufgebracht, nur weil seine Nichte ihm das Buch gebracht hatte?
„Ich sagte dir doch, dass es dir gehören wird, wenn du älter bist und es verstehen kannst", tadelte Chloe das Mädchen. Dann wandte sie sich Jareth zu und sagte leise, so dass die Kinder es nicht hören konnten: „Oh, Jareth, ich sehe, dass du aufgebracht bist. Es tut mir so Leid, mon amour."
Fragend wies er auf das Buch.
„Wir haben es vor einiger Zeit gefunden. Ich verbot Rebeccah, es zu lesen - ich meine, ich weigerte mich, es
Weitere Kostenlose Bücher