Entscheidung der Herzen (German Edition)
Sünde wäre es, nähmst du heute noch einmal die Sense zur Hand. Komm, lass uns feiern.«
Er zog noch immer an seinem ärmel und Cassian lieβ sich schlieβlich von ihm vor eine Herberge führen, auf deren Stufen schon andere junge Männer saβen, die die Schönheit der vorüberkommenden Frauen priesen.
»Oh, Ihr Schönste der Schönen. Leiht mir Euer Ohr, damit ich es mit Galanterien fülle«, schmachtete David eine hübsche, dralle Magd an, die mit einem gefüllten Henkelkorb an ihm vorbeilief.
»Passt auf, dass ich Euch nicht die Ohren mit faulen Eiern fülle«, gab das Mädchen keck zurück. Die jungen Männer lachten und schlugen sich auf die Schenkel.
Schon kam das Nächste Mädchen vorüber und musste sich die unernsten Schmeicheleien der Männer gefallen lassen. Doch die weibliche Bevölkerung Nottinghams war nicht auf den Mund gefallen. Der Platz bebte schier vor Gelächter und guter Laune.
»Komm, Cassian«, schrie David aufgeregt, fuchtelte mit den Händen herum und mopste einer Blumenfrau ein einzelnes Veilchen aus einem Sträuβchen. »Du bist an der Reihe. Jetzt musst du ein Lied auf die Schönheit der Weiber singen. Wir wollen ihnen huldigen. Los, mach schon!«
Cassian lehnte an der Mauer. Ein zaghaftes Lächelnumspielte seine Mundwinkel, doch mit der Hand winkte er ab. »Ich bin kein guter Possenreiβer«, zierte er sich. »Ich verstehe mich nicht auf Schmeicheleien.«
Er dachte an Cathryn, sah in jeder Frau, die vorüberging, immer nur sie. Sie hatte sich ihm in der letzten Nacht geschenkt. Jetzt war sie sein. Für immer. Stolz erfüllte ihn, groβer Stolz, denn er wusste genau, was es für ein Mädchen ihres Standes bedeutete, sich einem Mann bereits vor der Hochzeitsnacht zu schenken. Sie liebt mich über alle Maβen, dachte er glücklich. Und ich, ich liebe sie mehr als mein Leben. Cassian und Cathryn. Cathryn und Cassian.
»Ein Lied, nur ein Lied. Oder vermag dich die Schönheit der Weiber nicht zu reizen?«, drängelte David.
»Es gibt nur eine, deren Schönheit das vermag«, antwortete Cassian, doch David lieβ nicht locker. »Vergiss Cathryn, vergiss sie für einen einzigen Tag nur. Schau dich um und freue dich an den roten Wangen der Mägde, den prallen Miedern der Ammen und den kräftigen Armen der Wäscherinnen. Sie sind schön, die Frauen. Sieh nur, Cassian. Das Leben ist schön!«
Cassian seufzte. Doch dann nahm er seinem Freund das Veilchen aus der Hand, warf sich vor eine dralle, junge Bäuerin, die ein laut gackerndes Huhn unter dem Arm hielt und sagte, ihr die Blume hinhaltend: »Teuerste, ich habe mich unsterblich in Euer Huhn verliebt! Gebt es mir zum Weibe und ich schenke Euch dafür die blaue Blume der Sehnsucht. Erhört, Königin der Hühner, mein Flehen, sonst bin ich des Todes!«
Die jungen Männer johlten und warfen voller ausgelassener Heiterkeit ihre Hüte in die Luft. »Cassian, Herzensbrecher der Hühner!«, schrien sie.
Die dralle Bäuerin aber riss Cassian die Blume aus der Hand, holte ein Ei aus der Tasche und sagte, ebenfallskichernd: »Das Huhn ist bereits einem anderen Herren versprochen, aber hier schenke ich Euch die Tochter. Haltet sie schön warm, dann könnt ihr sie bald in Euren Händen halten.«
»Besten Dank, herzlichen Dank, Prinzessin der Hühner, Herrscherin über alle Eier!« Cassian verbeugte sich, als er sich wieder aufrichtete, fiel sein Blick auf eine Kutsche, die gerade rumpelnd über das Kopfsteinpflaster rollte.
Der Mund, noch gefüllt mit neuen Scherzworten, blieb ihm offen stehen, die Augen hielt er weit aufgerissen.
»Cathryn!«, rief er. »Cathryn, so warte doch!«
Aber der Kutscher gab den Pferden die Peitsche und obwohl Cassian rannte, so schnell er nur konnte, war die Kutsche schon bald in einer Staubwolke verschwunden. Cassian blieb keuchend und nach Luft japsend zurück.
Er blickte noch immer voller Entsetzen der Kutsche hinterher, als David, der hinter ihm hergerannt war, zu ihm trat.
»Das war Cathryn! Wohin fährt sie?«
David sah den Freund an. »Entschuldige, dass ich es dir nicht gesagt habe. Ich hatte strenge Order zu schweigen. Cathryn wird noch heute in ein Kloster gebracht.«
»In ein Kloster? Warum? Wieso hat sie mir nichts davon gesagt?«
»Sie hat es selbst nicht gewusst. Heute morgen erst fiel der Entschluss.«
»Wie das? Was ist passiert, David? Los, sage es mir. Ich muss wissen, was geschehen ist.«
Cassians Stimme war so drängend, sein Blick so furchtvoll, dass David von Mitleid erfüllt war. Er
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