Entscheidung der Herzen (German Edition)
zugestimmt hat. Wohl ist ihm sicher nicht bei dem Gedanken, seine Tochter, die er sehr liebt, diesem Halunken zu überlassen. Wir können froh sein, dass es meiner Mutter gelungen ist, noch ein wenig Zeit zu schinden und Cathryn für ein Jahr von hier fortzubringen. Doch das ist noch nicht alles …«
David sprach den Satz nicht zu Ende, sondern kratzte mit dem Fuβ auf dem Boden herum, aber Cassian hatte ihm gar nicht zugehört.
»Ich muss mit ihr reden«, sagte er. »Einmal noch muss ich mit Cathryn reden. Versteh doch, David. Sie muss wissen, dass ich alles dafür tun werde, dass ihr sowohl die Ehemit Sir Baldwin als auch das Leben hinter Klostermauern erspart bleibt.«
David schüttelte den Kopf. »Ich kann dir nicht helfen, Cassian, ohne meiner Familie zu schaden. Bitte, dräng mich nicht mehr.«
»David!! Du musst mir helfen! Du kannst nicht zulassen, dass Cathryn und ich vielleicht auf ewig getrennt werden, ohne einander Lebewohl sagen zu können. So herzlos kannst du nicht sein. Bitte, David.«
Der junge Lord Jourdan seufzte. War er nicht geradezu aus dem Schloss gellohen, damit er Cathryns Tränen, ihr Weinen um Cassian nicht hören musste? Und hatte er nicht immer Ehrfurcht vor dieser Liebe gehabt? Nein, er wollte sich nicht schuldig machen. Nicht an dieser Liebe, nicht an seinem besten Freund, nicht an seiner geliebten kleinen Schwester. Doch er musste auch an Jonathan denken. Wenn es ihn nicht gäbe, dann wäre sein Leben um vieles ärmer. Aber es wäre möglicherweise auch leichter. David verbot sich diesen Gedanken, denn er liebte seinen kleinen Bruder über alles.
»Die kleine Reisegesellschaft, der mein Vater Cathryn übergeben hat, übernachtet heute in der Herberge »Zum Weiβen Hirsch«. Nimm dir ein Pferd, Cassian, und reite die Straβe in Richtung Leicester. Nach zwanzig Meilen kommst du an die Herberge. Aber sei vorsichtig. Cathryn wird von zwei Wachmännern aus Leicester begleitet. Sie sind bewaffnet und habe strenge Order, dafür zu sorgen, dass nichts und niemand sie aufhält. Schon morgen wird Cathryn von ihnen den Schwestern im Kloster der Heiligen Katharina übergeben.«
»Danke, David!«
Cassian schlug dem Freund auf die Schulter, doch dann verdüsterte sich sein Gesicht erneut.
»Was ist?«
»Ich habe kein Geld, um mir ein Pferd zu leihen. Und ich selbst besitze keins mehr, wie du weiβt.«
»Nimm meinen Hengst. Du kennst ihn. Er steht ein Stück die Straβe hinunter in einem Mietstall.«
»Ich danke dir, David. Danke dir nicht nur für den Hengst, sondern auch für deine Freundschaft.«
»Schon gut.«
David winkte ab. »Du wirst dich bei Gelegenheit revanchieren müssen.«
Er kramte in seinen Taschen und zog schlieβlich ein kleines Lederbeutelchen hervor. »Hier, nimm«, sagte er. »Es ist nicht viel. Nur ungefähr 20 Pfund. Aber damit kommst du sicherlich erst einmal über die Runden.«
Cassian zierte sich ein wenig, das Geld zu nehmen, doch als er an seine leeren Taschen dachte, nahm er das Beutelchen schlieβlich und steckte es ein.
»Danke, David. Gott allein weiβ, wie sehr ich dir danke. Sei versichert, dass ich dir deine Freundschaft eines Tages mit Zins und Zinseszins vergelte.«
Der Freund lachte. »Davor bewahre mich der Himmel. Aber jetzt mach, dass du wegkommst. Sonst bekommt die Kutsche einen noch gröβeren Vorsprung.«
Keine halbe Stunde später ritt Cassian auf Davids schwarzen Hengst über den Marktplatz und zum Stadttor hinaus auf die Straβe, die nach Leicester führte.
Kaum lagen die letzten Hütten hinter ihm, stand er auch schon in den Steigbügeln, den Oberkörper so weit nach vorn gebeugt, dass seine Stirn den Pferdehals fast berührte.Immer wieder gab er dem Hengst die Sporen, sodass rechts und links neben den Hufen Staubwolken aufwirbelten.
Cassian achtete nicht darauf, dass das Tier schon bald zu dampfen begann. Erst, als die Schaumflocken aus dem Maul des Hengstes nach rechts und links stoben, machte er eine kurze Rast und führte das Pferd an einen Bach. Er lieβ es trinken, schöpfte selbst mehrere Hände voller Wasser und löschte seinen Durst, dann ging es schon weiter. Cassian hielt nicht an, um zu essen oder um auszuruhen. Ruhe würde er erst finden, das wusste er, wenn er Cathryn gesehen und mit ihr gesprochen hatte.
Er jagte durch die englische Landschaft, blind für alles ringsum ihn, auf der Suche nach der Kutsche.
Die Sonne sank langsam und überzog die grünen Weiden mit einem goldenen Schein, als hinter einer
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