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Entscheidung der Herzen (German Edition)

Entscheidung der Herzen (German Edition)

Titel: Entscheidung der Herzen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Thorne
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das Geldstück ein, das zu seinen Füβen lag. Ja, er sah nicht einmal dorthin. »Ich bin nicht gekommen, um deinen Götzentempel zu unterstützen, bin auch nicht da zu deiner Stütze, Priester. Dieser Ort ist nicht heiliger als jeder andereOrt. Gottes Licht brennt in einem Menschen, oder aber es ist verloschen. In dir, Priester, sehe ich das Licht nicht brennen.«
    Dann wandte er sich an die Leute und sagte: »Wenn ihr hören wollt, was ich euch zu sagen habe, wenn ihr wissen wollt, wo Gottes Geist und Licht in euch wohnen, so zeige ich euch den Weg, dies zu erkennen. Aber nicht hier im Tempel will ich mit euch reden, sondern drauβen, vor der Kirche.«
    Nach diesen Worten schritt er ruhig und hoch aufgerichtet den Gang zwischen den Bänken hinab auf die Kirchentür zu.
    Als der Priester sah, dass die ersten Leute sich anschickten, ihm zu folgen, blickte er hilfesuchend zu den Messdienern, dann sprach er mit hastigen Worten und ohne innere überzeugung den Segen und eilte, so schnell ihn sein massiger Körper trug, von der Kanzel herab, rannte auf seinen dicken Beinen zu dem Platz des Asketen, lieβ sich auf die Knie sinken und nahm mit glücklichem Gesicht sein Geldstück wieder an sich.
    Unterdessen hatten sich die anderen Besucher ebenfalls von den Bänken erhoben, füllten die Gänge und drängten nach drauβen. Auch Cassian war aufgestanden, um zu hören, was der Fremde, dem er vom ersten Augenblick Glauben geschenkt hatte, zu sagen wusste.
    Plötzlich wurde er am ärmel gezupft. Er wandte sich um und sah eine Frau, der das Alter und das schwere Leben den Rücken gebeugt hatten.
    »Kenne ich Euch?«, fragte Cassian mit Verwunderung.
    Die Alte nickte: »Oh, ja. Ich bin Megan, die Kräuterkundige. Eure Frau hatte mich zu Euch gerufen, als Ihr am Wundbrand gelitten habt. Ich möchte nur wissen, wie es Euch ergeht.«
    Cassian seufzte. Sie hatten inzwischen die Kirchentür erreicht und traten auf den Vorplatz.
    »Ich war im Armenspital. Habe es heute erst verlassen und bin nun auf der Suche nach einer Bleibe für die Nacht.«
    Er sah Megan an und irgendwo in seinem Gedächtnis tauchte der Schatten einer Erinnerung auf. Diese Erinnerung war schmerzhaft, denn sie stand im Zusammenhang mit Cathryn.
    »Cathryn, meine Frau. Ihr kennt sie auch, nicht wahr?«
    Megan nickte: »Ja, sie ist ein tapferes Mädchen.«
    Cassian lachte bitter auf und plötzlich entlud sich all das, was sich schon seit Stunden in seinem Inneren angestaut hatte: »Sie hat mich verlassen. Und wisst Ihr auch, warum? Meine Liebe bedeutet ihr weniger als ein bequemes Leben. Ja, sie hat mich verlassen und ist zu meinem ärgsten Feind übergelaufen. Ein hübsches Haus, genug zu essen, ausreichend Personal, schicke Kleider und weiche Daunenkissen sind ihr mehr wert als ich. Sie hat mich verlassen, als es mir am schlechtesten gegangen ist. Sie hat mich allein gelassen, hat mich verraten, meine Liebe verkauft. Oh, ich habe mich so in ihr getäuscht! Sie war mein Leben, mein Licht, die Luft zum Atmen. Und ich? Was war ich für sie? Nichts war ich für sie, weniger als nichts. Ein Stück Dreck, das man getrost seinem Elend überlassen kann. Oh, wie ich sie verachte, wie ich sie hasse, wie ich sie verabscheue! Würde ich sie noch ein einziges Mal vor mir sehen, so würde ich ihr vor die Füβe spucken!«
    Atemlos hielt Cassian inne. Die Rede hatte ihn sehr angestrengt. Megan betrachtete aufmerksam sein Gesicht, legte ihm eine Hand auf den Arm.
    »Glaubt Ihr wirklich, was Ihr da sagt? Mit ihren eigenenHänden hat sie nachts in Gräbern nach Maden gesucht, um Euer Leben zu retten. Es gibt nicht viele Menschen, die ihre Angst vor dem Tod so bezwingen können. Sie hat dabei am ganzen Leib gezittert, das Essen ist ihr hochgekommen. Sie hat sich geschüttelt vor Angst und Ekel und doch hat sie nicht nachgelassen, hat wieder und wieder mit ihren Fingern die Gottesackererde durchwühlt.«
    Cassian runzelte zweifelnd die Stirn, dann erwiderte er: »Mag sein, dass sie das getan hat. Doch schon wenige Tage später hat sie mich verlassen. Und feige war sie obendrein. Nicht ein einziges Wort zum Abschied hat sie für mich übrig gehabt. Nur ein paar Zeilen, hingeworfen auf ein Stück Papier wie man einem Hund einen abgenagten Knochen zuwirft. Man hat mich ins Armenspital gebracht. Und jeder weiβ, dass kaum jemand das Armenspital lebend verlässt. Noch nicht einmal, wenn man es gesund betreten hat.«
    Wieder blickte Megan ihn aufmerksam an. »Ich verstehe Eure Wut«, sagte

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