Entscheidung der Herzen (German Edition)
ob Ihr es schafft, sie zum Essen zu bringen. Nicht einmal meiner Frau ist es gelungen. Und sie versteht sich auf Frauenzimmer.«
»Lasst es mich wenigstens versuchen.«
David kehrte zum Tisch zurück und gleich darauf brachte der Wirt zwei Teller, eine Schüssel mit gebratenem Huhn, etwas Wirsinggemüse und frisch gebackenes Brot.
Das Mädchen sah nicht einmal auf.
»Kommt«, sagte David mit sanfter Stimme. »Nehmt ein paar Bissen. Ihr müsst zu Kräften kommen. Ohne Kraft kann man nicht kämpfen.«
»Wo … woher wisst Ihr, dass ich kämpfen muss?«, fragte die junge Frau leise.
»Das ist nicht schwer zu erraten. Der Wirt hat mir erzählt, dass Ihr sowohl Eure Familie als auch den Besitz verloren habt. Und das scheint mir noch nicht alles zu sein.«
Die junge Frau nickte. Dann griff sie zögernd nach dem Brotkorb und nahm sich eine dünne Scheibe, biss einmal davon ab und legte sie an den Tellerrand.
»Wie heiβt Ihr?«, fragte David.
»Laetitia Feather«, erwiderte sie.
»Lord David von Jourdan aus der Gegend von Nottingham.«
David brachte es fertig, am Tisch eine Verbeugung zu machen und brachte Laetitia damit zum Lächeln.
»Was führt Euch nach London, Mylord?«, fragte sie schüchtern.
»Oh, ich suche einen Mann. Er ist mein bester Freund. Vielleicht kennt Ihr ihn sogar. Er heiβt Cassian von Arden. Zuletzt hat er im Hafen gearbeitet, bevor er ins Armenspital gebracht wurde.«
Laetitia schüttelte den Kopf. »Nein, ich habe noch nie von ihm gehört. Womöglich ist er im Spital gestorben.«
David schüttelte den Kopf. »Ich war dort, habe mir dieKranken angesehen. Cassian war nicht unter ihnen. Ein Mönch sagte mir, dass er das Spital lebend und auf seinen eigenen Füβen verlassen hat. Wo, frage ich Euch, Laetitia, wendet sich ein Mann hin, der keinen Penny in der Tasche hat, niemanden in dieser groβen Stadt kennt und ein Nachtlager braucht?«
»Nun, die meisten Fremden schlafen am Ufer der Themse. Es ist warm genug dafür. Ihr Brot verdienen sie sich mit Betteln vor den Kirchentüren. Doch jetzt, zu Zeiten der Pest, halten sich die Londoner nicht gern im Freien auf. Sie befürchten die Ansteckung. Euer Freund wird womöglich in einem Kloster barmherzige Aufnahme gefunden haben.«
»Ich danke Euch, Laetitia. Wärt Ihr bereit, mir morgen bei Tagesanbruch die Klöster der Stadt zu zeigen? London ist mir fremd und ich würde mich wahrscheinlich verlaufen. Oder habt Ihr etwas Besseres vor?«
Die junge Frau schüttelte den Kopf. »Geh mit, Laetitia«, hörten sie den Wirt sagen. »Du musst mal raus hier. Ein Spaziergang durch die Stadt kann dir nur gut tun.«
David nickte dem Wirt dankbar zu. »Nun, wollen wir uns morgen nach dem Angelusläuten hier in der Gaststube treffen?«
Laetitia seufzte. »Gut«, sagte sie dann. »Nach dem Angelusläuten hier. Ich werde da sein.«
In William Penns Haus fühlte sich Cassian zum ersten Mal seit langer Zeit wieder ein wenig an sein Zuhause, das Schloss der Ardens, erinnert. Er betrachtete die seidenen Teppiche, mit denen die Wände bespannt waren, bewunderte die kunstvolle Holzdielung, die schweren, mit Schnitzereienversehenen Möbel. Penn selbst, der ein hoher Würdenträger beim Militär war, trug einen samtenen Hausmantel und begegnete Cassian wie einem alten Bekannten.
Das Gespräch bei Tisch drehte sich um die aktuelle politische Lage und Cassian war erstaunt darüber, dass George Fox ein so reges Interesse daran bekundete.
»Die Wiedereinrichtung der Monarchie ist nur eine Frage der Zeit«, erklärte George Fox. »König Karl II. ist ein toleranter Mann in Glaubensfragen. Ich bin sicher, er wird dafür sorgen, dass alle religiösen Gruppen in Eintracht miteinander leben können.«
William Penn wiegte bedenklich den Kopf. »Sag das nicht, George, meine Freund. Der König ist ein lebenslustiger Gesell. Wein, Weib, Gesang, das sind seine Hauptbeschäftigungen in Paris gewesen. Er wird die strengen Puritaner dulden müssen, obwohl sie für den Tod seines Vaters verantwortlich sind. Er selbst ist Anglikaner, aber dem Katholizismus gegenüber durchaus nicht abgeneigt.
Aber wir, die Quäker, werden es schwer haben.
»Heiβt das«, fragte Cassian, »dass die Katholiken ihren Besitz, der ihnen von den Puritanern geraubt haben, wieder erhalten, wenn der König zurück nach London kehrt?«
William Penn sah Cassian aufmerksam an. »Auch Ihr gehört zu den Adligen, die Hab und Gut verloren haben, nicht wahr? Nun, ich fürchte, ich kann Euch nur wenig
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