Entscheidung der Herzen (German Edition)
ziehe von Stadt zu Stadt, von Dorf zu Dorf, von Weiher zu Weiher. Ich möchte möglichst vielen Menschen das wahre Wort Gottes und das Zeugnis von Jesus Liebe bringen. Ich will ihnen erklären, dass es besser ist, die eitle Welt hinter sich zu lassen und stattdessen nach dem Licht zu suchen.«
»Dem Licht? Von welchem Licht sprichst du?«
»Der Heilige Geist hat in jedem von uns ein Licht angezündet. Nun ist es an uns, dieses innere Licht wahrzunehmen, zu fühlen und sich seiner Führung hinzugeben. Für uns Quäker ist dies der Hauptinhalt des Glaubens. Wer dem Licht folgt, der braucht weder Prediger noch Priester noch Kirche. Das Licht steht über der menschlichen Vernunft, sogar über der Bibel, denn es ist die direkt zur Seele sprechende Stimme Gottes.«
»Ich habe dieses Licht gesehen«, sagte Cassian und fühlte plötzlich, dass sein Herz heftig in der Brust schlug, ganz so, als wolle es aus ihm heraus brechen. Ihn packte Erregung. »Ich habe es gesehen«, wiederholte er. »Vor wenigen Tagen erst. Im Armenspital war ich dem Tod nahe. Da erschien mir dieses Licht im Traum. Es war am Ende eines langen, dunklen Tunnels.«
George Fox nickte langsam. »Nun, so bist auch du ein Auserwählter. Trauere der Frau, die dich verlassen hat, nicht länger nach. Es war wohl Gottes Wille. Seine Wege sind manchmal steinig. Doch nun steh auf und lass uns gehen.«
»Wohin?«
»Oh, ins Haus des Sir William Penn. Auch er gehört zu uns, obwohl er dem Militär dient. Er hat eine gute Mahlzeit offeriert und einen Ausblick in die Zukunft. Wir sollten dieses Angebot nicht ausschlagen.«
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Kapitel 12
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D avid von Jourdan erreichte London kurz bevor die Stadttore geschlossen wurden. Mit den letzten Strahlen der untergehenden Sonne ritt er durch die verlassenen Gassen und sah dabei die zahllosen Häuser mit den aufgemalten weiβen Kreuzen auf ihren Türen oder Wänden. Er suchte das Armenspital, in dem die Mönche ihm jedoch lediglich zu berichten wussten, dass ein Mann mit dem von ihm beschriebenem Aussehen das Spital auf eigenen Beinen verlassen konnte. Es dunkelte bereits und David suchte nach einer Unterkunft für die Nacht.
Die meisten Herbergen waren geschlossen, doch schlieβlich fand er in der Nähe der Whitehall ein Gasthaus, das noch geöffnet hatte.
Er gab sein Pferd in einen Mietstall und trat ein. Der Wirt saβ auf einem Stuhl hinter der Theke und schlief. Sein Brustkorb hob und senkte sich im Rhvthmus der Schnarchlaute und aus seinem offenem Mund drang Speichel.
An einem Holztisch in der Nähe des Kamins saβ eine junge Frau und weinte leise vor sich hin. Ihre Schultern zuckten, während die Tränen über ihre Wangen strömten und im Stoff ihres Kleides versickerten.
David sah sich um. Auβer dem Wirt und der jungen Frau war niemand in der Gaststube. Behutsam näherte er sich der Frau und lieβ sich ihr gegenüber auf eine Holzbank fallen.
Dann räusperte er sich. Die junge Frau blickte auf. Sie war von atemberaubender Schönheit, was David auf den ersten Blick sah. Das blonde Haar fiel ihr seidig glänzend bis auf dieSchultern. Die groβen grauen Augen schwammen in Tränen, die zarten Nasenflügel zitterten.
»Was ist mit Euch?«, fragte David leise. »Kann ich Euch helfen?«
Die junge Frau schüttelte den Kopf und seufzte aus tiefster Brust. »Nein, ich glaube, mir kann niemand helfen«, flüsterte sie kaum hörbar und biss sich gleich darauf auf die blutleeren Lippen.
»Nun, wenn Ihr mir von Eurem Kummer erzählt, können wir vielleicht gemeinsam eine Lösung finden«, versuchte es David weiter.
Das Mädchen schüttelte in stummer Verzweiflung den Kopf. David seufzte mitfühlend, dann stand er auf, um den Wirt zu wecken.
»Ich suche ein Zimmer für die Nacht. Ein kräftiges Mahl und ein Schluck Wein dazu wäre auch nicht zu verachten. Und für die junge Frau bringt auch ein Glas.«
Der Wirt nickte und seufzte. »Das arme Ding«, sagte er.
»Wisst Ihr, was mit ihr ist?«
»Nein. Doch ich kenne sie schon lange. Sie ist die Tochter des besten Schneiders von London. Ihre Eltern sind bei der Pest ums Leben gekommen. Vor ein paar Wochen brannten auch noch Haus und Werkstatt nieder, sie selbst kam mit zerrissenen Kleidern zu mir. Seitdem weint sie den ganzen Tag und niemand weiβ, was ihr zugestoβen ist. Sie isst nicht einmal mehr.«
»Nun, dann bringt auch für sie einen Teller. Legt ordentlich Fleisch darauf oder bratet ein paar Eier mit Schinken.«
Der Wirt schaute zweifelnd. »Ich weiβ nicht,
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