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Entscheidung der Herzen (German Edition)

Entscheidung der Herzen (German Edition)

Titel: Entscheidung der Herzen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Thorne
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Nachdruck die hölzernen Läden zu und Cassian sah sich erstaunt und so, als wäre er gerade aus tiefem Schlaf erwacht, um.
    Er schickte seine Blicke die Gasse hinauf und hinab und tatsächlich befand sich an ihrem einen Ende ein winziges Kirchlein. Mühsam rappelte er sich auf und ging darauf zu.
    Nur wenige Menschen hatten sich zur Messe versammelt. Die meisten waren in die schwarzen Gewänder der Trauer gehüllt, trugen selbst im Gotteshaus mit Kräutern gefüllte Tücher vor Mund und Nase, um die Pest zu vertreiben. Der Priester, ein dicker Mann mit roter Nase und tiefliegenden, schmalen Augen predigte mit Donnerstimme über die Verdorbenheit und Sündhaftigkeit der Menschen.
    »Gott hat die Pest als Strafe geschickt«, schrie er und rüttelte dabei so fest am Geländer der Kanzel, dass diese bedrohlich zu schwanken begann. »Bereut, ihr Sünder. Geht in Euch und tut Buβe !«
    Erwies mit ausgestreckten Arm auf einen Ablasskasten am Ausgang der Kirche. »Dort, in diesem Kasten, könnt Ihr Eure Schuld begleichen. Geht hin und spendet reichlich, denn keiner von Euch ist ohne Schuld!«
    Cassian saβ in der letzten Bankreihe, hörte dem Priester nur mit halbem Ohr zu und betrachtete die anderen Gläubigen, die sich hier versammelt hatten. Er sah alte Frauen, die bereits zu schwach waren, um noch gröβere Sünden begehen zu können, er sah Mütter mit kleinen Kindern, die für die Sünde höchstwahrscheinlich keine Zeit hatten und er sah Kranke, die sich sehnlichst Vergebung zu Lebzeiten erhofften, aber das Geld für einen Ablasszettel nicht auftreibenkonnten. Und er sah den Priester, der seinen dicken Wanst gegen das Geländer presste und dessen rote Nase von häufigem Weingenuss zeugte.
    Verlogene Bande, dachte Cassian. Wo seid Ihr, wenn man Euch braucht? Gott ist ein Gott der Lebenden und nicht der Toten. Warum lässt auch er mich im Stich?
    Im selben Augenblick erhob sich ganz vorn in der ersten Bank ein Mann. Er war groβ und hager, sah beinahe asketisch aus. Er trug einen einfachen, schlicht gearbeiteten Tuchumhang. Er ragte über die anderen Besucher der Messe auf. Er hob einen Arm und augenblicklich herrschte Ruhe. Der Priester vergaβ seine Rede, alle Blicke waren auf den Fremden gerichtet.
    »Auf ein Wort, Priester«, rief er und seine Stimme hallte wie ein Donnerschlag durch das hohe Kirchenschiff. »Du rufst zur Buβe und zur Reue auf, du forderst, die Schuld durch klingende Münzen in Unschuld zu verwandeln. Ich aber frage: Schämst du dich nicht, jährlich dreihundert Pfund für die Verkündigung von Gottes Wort anzunehmen? Schämst du dich nicht, den ärmsten der Armen auch noch den letzten Pfennig aus der Tasche zu ziehen? Gottes Liebe und Gottes Vergebung lassen sich nicht kaufen. Nicht für alles Gold und Geld dieser Welt. Du aber, Priester, solltest dich fragen, ob du die dreihundert Pfund wirklich verdient hast!«
    Ein leises Gemurmel setzte ein, einige der Anwesenden nickten zustimmend, eine Frau klatschte sogar in die Hände.
    Es war ungehörig, einen Priester zu duzen. Nur die Quäker taten dies. Und also raunten sich die Besucher leise zu: »Das ist George Fox!«, »Das ist einer von den Quäkern, diedie kirchliche Hoheit nicht anerkennen. Jeder Gläubige ist berufen, Gottes Wort zu verkünden, sagen sie. Sie duzen jeden, sogar den König. Es muss George Fox sein, der da spricht.«
    In ihren Worten schwang Bewunderung mit. »Er sagt die Wahrheit«, wurde gemurmelt. »Es ist wirklich an der Zeit, dass jemand den Priestern den Spiegel der Heuchelei vorhält.«
    »Ruhe!«, schnauzte der dicke Priester. Sein Gesicht war während der Rede des Asketen rot angelaufen, eine fingerstarke Zornesader zeigte sich auf seiner Stirn. »Ruhe!«, brüllte er noch einmal und fuchtelte mit den Armen herum–
     
    Tatsächlich kehrte allmählich Ruhe ein.
    Der Priester beugte sich über die Kanzel, funkelte den Fremden aus kleinen Schweinsäuglein drohend an und sagte unüberhörbar hämisch: »Nun, wenn Ihr Euch besser auf das Wort Gottes versteht, dann kommt herauf und haltet an meiner Stelle die Messe ab. Ihr sollt ein ganzes Pfund dafür bekommen!«
    Die Hand des Priesters verschwand unter seinem Gewand. Als sie wieder hervorkam, hielt er in ihr ein Geldstück hoch, sodass es jeder sehen konnte. Dann warf er es von der Kanzel herab dem Fremden vor die Füβe. »Da, habt Ihr das Geld. Nehmt es und kommt herauf, um an meiner Stelle zu predigen.«
    Der Asket lieβ sich nicht beirren und ging mit keiner Silbe auf

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