Entscheidung des Schicksals
er hatte ganz sicher nicht geplant, Addie zu küssen.
Er hatte sich nicht vorgestellt, ihren schlanken, geschmeidigen Körper in den Armen zu halten.
Sie fühlte sich himmlisch an. Er ließ eine Hand an ihrer Seite nach oben gleiten und umschloss sie unterhalb der Brust. Er wollte mehr von ihr fühlen. Alles. Er presste sie an sich und vertiefte den Kuss.
Seine Finger streiften die sanfte Rundung, die perfekt in seine Handfläche passen würde, da war er sicher. Und er hätte der Versuchung nachgegeben und sich davon überzeugt, wenn er nicht gespürt hätte, wie Addie erstarrte.
Er konnte sich nicht erinnern, wann ein Kuss zuletzt ein solches Verlangen in ihm geweckt hatte. Vor allem konnte er sich nicht daran erinnern, wann er das letzte Mal so unvernünftig gewesen war.
Schwer atmend hob er langsam den Kopf.
Addies Finger legten sich noch fester um seine Oberarme. Sie konnte ihn nicht loslassen. Noch nicht. Ihre Knie waren weich, als hätte er ihnen die Kraft genommen. Vielleicht hatte sie sie ihm auch freiwillig gegeben. Er hatte nichts gefordert, auf nichts beharrt.
Sie befahl ihren Beinen, sie zu tragen, ließ Gabe los, und als sie die zitternden Finger auf ihren Bauch legte, fühlte sie den kleinen Brillanten an der Handfläche.
Gabe hatte ihn aufblitzen sehen, bevor er verschwand.
„Es tut mir Leid“, sagte er. „Das war ein Fehler.“
Er hätte sie nicht küssen sollen. Er hätte es bei dem harmlosen, unschuldigen Kuss auf die Wange belassen und gehen sollen. Er ertrug es nicht, wie betrübt Addie aussah, und streckte die Hand nach ihr aus, ließ sie jedoch sinken. „Bist du okay?“
„Du solltest jetzt gehen“, wisperte sie. „Die Leute werden sich fragen, wo du bist.“
„Du hast mir nicht geantwortet.“
„Ich bin… Ich weiß nicht, was ich bin“, gestand sie. „Du musst wirklich gehen. Du musst einen Toast ausbringen.“
„Der Toast kann warten.“
„Nein, kann er nicht. Du solltest nicht hier sein.“
Gabe konnte nicht widersprechen. Die Pflicht rief, und er kam ihr stets nach.
Addie hatte sich vor ihm verschlossen, und es wäre sinnlos, länger zu bleiben. Er hatte keine Ahnung, wie er den Schaden, den er mit seiner Impulsivität angerichtet, begrenzen sollte.
Er machte einen Schritt zurück, zerrissen von der Verlegenheit und Verwirrung in ihren hübschen Augen. Von dem Wissen, dass er daran schuld war.
Er wusste nicht, ob er sich einmal mehr entschuldigen oder einfach nur Gute Nacht sagen sollte. Nach einem Moment kam er zu dem Ergebnis, dass sie von ihm nicht mehr als sein Schweigen wollte, und ging zur Tür.
Addie hörte seine Schritte auf dem Balkon und lauschte ihnen, als sie auf der Treppe immer leiser wurden. Sein Kuss und das, was er in ihr ausgelöst hatte, hatten sie bis in die Seele hinein erschüttert. Sie konnte nicht glauben, wie schamlos sie in seinen Armen dahingeschmolzen war.
Erst als sie nichts als Musik hörte, stieß sie den angehaltenen Atem aus und drehte sich, um am Schreibtisch Halt zu suchen. Dabei fuhr sie sich mit zitternden Fingern durchs Haar – und sah ihre Mutter im Durchgang auf der anderen Seite des Raums stehen.
Der Knoten in ihrem Bauch wurde zu Blei.
Addie wusste nicht, wie lange ihre Mutter schon dort stand. Offenbar hatte sie genug gesehen, denn sie eilte mit hektisch geröteten Wangen herein.
„Was um Himmels willen fällt dir ein?“ flüsterte Rose aufgebracht. „Hast du den Verstand verloren?“
Unfähig, sich selbst, geschweige denn ihrer Mutter zu erklären, was gerade geschehen war, stellte Addie die noch vollen Champagnergläser aufs Tablett und ging zur Balkontür, um sie zu schließen. Sie wünschte, sie hätte sie nie geöffnet.
„Addie, antworte mir. Was geht hier vor?“
„Nichts. Ich bin hier fertig“, erwiderte sie und nahm auf dem Rückweg zum Schreibtisch den Korb mit. „Was soll ich sonst noch tun?“
Ihre Mom griff selbst nach dem Tablett. „Du sollst dich von ihm fern halten.“
Ohne jedes Geräusch ging sie über den Teppich. Ihre Stimme klang besorgt. „Er wird dir nur Ärger machen. Es ist nicht richtig, dir nachzustellen. Du bist verlobt.“
„Er stellt mir nicht nach.“
„Wie lange geht das schon?“ fragte Addies Mutter.
„Es gibt nichts, das…“
„Ich weiß, was ich gesehen habe. Ich konnte euch zwar nicht hören, aber mit meinen Augen ist alles in Ordnung. Oh, Addie… Ich hatte immer Angst, dass er dir zu viel bedeutet. Du glaubst, ich hätte nicht gemerkt, was du für ihn
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