Entscheidung des Schicksals
herausgeputzter Frauen und sechs in Tweed gekleidete Männer musterten sie über den Rand ihrer Porzellantassen hinweg.
Zwei Dienstmädchen mit weißen Spitzenkragen und Schürzen über den schwarzen Kleidern servierten Häppchen.
Mit einer knappen Handbewegung winkte Tiffany eine von ihnen herbei, währen sie auf einer älteren Mann mit rötlichem Gesicht zuging und ihn als Professor der Botanik im Ruhestand vorstellte.
Seine buschigen Brauen lösten sich von der silbernen Fassung seiner Zweistärkenbrille. „Sie sind ein neues Mitglied?“
„Nur jemand, der sich für alte Pflanzen interessiert.“ Er war Addie auf Anhieb sympathisch, aber sie war nicht sicher, was sie von der Frau halten sollte. die mit in dezente Falten gelegter Stirn auf die Kratzer an ihrer Hand starrte, als sie die ihres Gegenübers ergriff. „Sie gärtnern selbst?“ fragte er.
„Ja, Sir“, murmelte sie. Handschuhe trug sie so selten wie möglich, denn sie mochte es, die Erde an den Fingern zu fühlen.
„Wie erfrischend“, sagte der Gentleman mit einem Lächeln, das seinen grauen Oberlippenbart zucken ließ. „Jemand, der eigenhändig im Dreck wühlt.
Verbringen Sie viel Zeit damit?“
Sie wollte ihm gerade antworten, dass sie den ganzen Tag damit verbrachte, als eine Frau in einem dunkelgrauen Kostüm sich über ihre Schulter beugte.
Das Lächeln auf Helene Dewhursts Gesicht gefror. „Hallo, Addie.“
„Mrs. Dewhurst“, sagte sie und zog ihre Hand aus der des Professors.
„Ihr kennt euch“, folgerte Tiffany nun sichtlich erleichtert. „Entschuldige mich“, sagte sie zu Helene. „Unsere Gastgeberin muss mich unbedingt dem Senator vorstellen.“
„Er ist hier?“
„Er ist gerade eingetroffen“, erwiderte Tiffany, als ein Dienstmädchen ihren Servierwagen zu ihnen schob.
„Darf ich Ihnen einen Tee anbieten, Ma’am“, sagte es mit einem höflichen Lächeln zu Addie.
„Vielleicht später“, sagte Helene, ohne das Mädchen eines Blickes zu würdigen, und berührte Addies Arm. „Würden Sie uns entschuldigen, Professor? Ich muss unter vier Augen mit dieser jungen Lady sprechen.“
„Aber natürlich“, antwortete er, den Blick auf den dargebotenen Süßigkeiten. „Es war mir wirklich ein Vergnügen, Miss Löwe.“
„Vielleicht sollten wir uns dort drüben unterhalten“, fuhr Helene fort und führte Addie zu einer riesigen Palme in einem reich verzierten orientalischen Kübel. Die Frauen auf den pinkfarbenen Sesseln drei Meter entfernt kehrten ihnen den Rücken zu. Eine andere Gruppe stand vor einer langen vergoldeten Anrichte und bewunderte die darauf zur Schau gestellten FabergeEier und das Gemälde darüber. Es zeigte den Pekinesen der WrightCunninghams.
„Ich muss zugeben, ich bin überrascht, Sie hier zu sehen“, begann Helene mit gesenkter Stimme. „Die regulären Zusammenkünfte der Gesellschaft sind öffentlich, Addie, aber dies ist ein besonderer Nachmittagstee für Senator Kendrick und geladene Gäste.“
Addie gab sich alle Mühe, nicht eingeschüchtert auszusehen. Die Dienstmädchen standen ihr näher als jeder andere im Raum. Aber sie war fest entschlossen, sich selbst oder Gabe nicht zu blamieren.
„Ich bin ein Gast des Senators“, sagte sie und wünschte, sie wäre größer, mutiger, selbstsicherer.
„Bitte?“
Addie räusperte sich. „Ich bin mit Gabe… Senator Kendrick hier. Er war der Ansicht, ich sollte ihn begleiten. Wissen Sie, wer den Antrag für mein Projekt eingereicht hat?“
„Ihr Projekt?“
„Das, mit dem ich zu Ihnen gekommen bin“, erklärte Addie, während in ihr ein ungutes Gefühl aufstieg.
„Das ist nicht Ihr Projekt“, widersprach Helene. „Und unsere Organisation hat es eingereicht.“
Addie hatte mit allem gerechnet, aber nicht damit, dass die Frau ihr alles wegnehmen würde. „Es waren meine Recherchen“, sagte sie so ruhig wie möglich. „Und ich hatte den Eindruck, dass sie erst abgeschlossen sein müssen, bevor der Antrag abgeschickt werden kann. Ich habe nicht erwartet, dass Sie meine Nachforschungen für sich verwenden.“
Helenes hohe Wangenknochen färbten sich rosa, während eine perfekt gezogene Braue nach oben zuckte. „Dann haben Sie den Zweck unseres Gesprächs missverstanden.“
Die Antwort der Frau klang so endgültig wie der Knall einer ins Schloss geworfenen Tür. Addie suchte noch nach Worten, als eine leise, tiefe Stimme ertönte.
„Da sind Sie ja, Helene“, sagte Gabe. „Ich habe nach Ihnen gesucht.“
Blitzschnell
Weitere Kostenlose Bücher