Entscheidung in Cornwall
Verständnis. Ich hoffe, du kannst ihr beides geben.«
»Wie viel weißt du von dem, was vor fünf Jahren zwischen uns war, Julie?«, fragte Brian.
»Ich weiß, was Ramona mir erzählt hat.«
»Eines Tages solltest du mich fragen, was ich damals empfand und warum ich ging.«
»Und du würdest es mir sagen?«
»Ja«, antwortete er, ohne zu zögern, »das würde ich.«
»Tut mir leid!« In einem weißen Kleid aus hauchdünnem Stoff kam Ramona die Treppe heruntergelaufen und blieb in der offenen Tür zum Musikzimmer stehen. »Ich hasse es, unpünktlich zu sein.« Das Haar fiel ihr in gewollter und gekonnter Unordnung über die Schultern und schimmerte seidig auf dem zarten Voile des Kleides. »Aber ich konnte meine Schuhe nicht finden.«
Ihre Wangen waren leicht gerötet, und ihre Augen glänzten. Sie sieht ein bisschen zu munter, zu lebhaft aus, dachte Brian, schob den Gedanken jedoch rasch beiseite.
»Du bist so schön wie eh und je«, sagte er und gab ihr das Veilchensträußchen. »Es hat mir nie etwas ausgemacht, auf dich zu warten.«
»Oh, diese samtene irische Zunge«, sagte sie und vergrub das Gesicht in den Veilchen. »Ich habe sie vermisst.« Ihre Augen lachten ihn über die Veilchen hinweg an. »Und ich glaube, ich lasse mich heute Abend von dir verwöhnen, Brian. Ich habe Lust, verhätschelt zu werden.«
Er nahm ihre freie Hand und hielt sie fest. »Wohin möchtest du gern?«
»Irgendwohin. Überallhin. Aber zuerst muss ich etwas essen. Ich verhungere langsam.«
»In Ordnung. Ich kaufe dir ein Sandwich.«
»Einige Dinge ändern sich nie«, erklärte Ramona, ehe sie sich an Julie wandte: »Amüsier dich gut, und sorg dich nicht um mich.« Sie unterbrach sich einen Augenblick, küsste Julie auf die Wange und fuhr lächelnd fort: »Ich verspreche dir, den Hausschlüssel nicht zu verlieren. Und grüß mir …« Sie blieb auf dem Weg zur Tür noch einmal stehen. »Wer ist es heute Abend?«
»Lorenzo«, sagte Julie, die ihnen nachsah. »Der Schuhbaron.«
»Ach ja.«
Lachend trat Ramona hinaus in den kühlen Vorfrühlingsabend. »Wirklich erstaunlich«, sagte sie und schob die Hand durch Brians Arm. »In Julie verlieben sich lauter Millionäre. Wie sie das nur schafft? Es ist eine Begabung.«
»Ein Schuhbaron?«, fragte Brian, als er Ramona die Wagentür öffnete.
»Ja. Ein Italiener. Er trägt wunderbare Modellanzüge und sieht aus, als müsste man seinen Kopf auf die Vorderseite einer Münze prägen.«
Brian glitt auf den Fahrersitz und strich aus alter Gewohnheit ihr Haar zurück, das ihr wieder nach vorn gefallen war. »Ist es was Ernstes?«
Ramona bemühte sich, sich von seiner Berührung nicht verwirren zu lassen. »Nicht ernster als mit dem Ölproduzenten oder dem Parfümmagnaten.« Der Ledergeruch der Polsterung erinnerte sie plötzlich an Dr. Karters Büro. Rasch verdrängte sie das Gefühl. »Was bekomme ich zu essen, Brian?«, fragte sie strahlend – zu strahlend. »Ich warne dich, ich habe einen Mordshunger.«
Er legte ihr die Hand um den Hals, sodass ihr nichts anderes übrig blieb, als ihn anzusehen.
»Wirst du mir sagen, was passiert ist?« Schon immer hatte er sie schnell durchschaut.
Ramona legte die Hand auf die seine. »Keine Fragen, Brian. Nicht jetzt.«
Sie spürte sein Zögern. Dann drehte er die Hand um, griff nach der ihren und führte sie, ihren Widerstand nicht beachtend, an die Lippen.
»Nicht jetzt«, erklärte er sich einverstanden und sah sie eindringlich an. »Ganz gleichgültig bin ich dir noch nicht«, fügte er leise hinzu und lächelte, als freue er sich darüber. »Das spüre ich.«
Ramona fühlte ein angenehmes Prickeln auf der Haut. »Ja«, sagte sie, »ich empfinde immer noch etwas, wenn du mich berührst.« Sie entzog ihm ihre Hand, sah ihn aber weiter unverwandt an. »Aber es ist nicht mehr wie früher.«
Er lachte und startete dann den Motor. »Nein, es ist nicht mehr wie früher«, sagte auch er.
Ramona hatte den nicht gerade beruhigenden Eindruck, dass sie zwar dasselbe gesagt, doch ganz und gar nicht dasselbe gemeint hatten.
Das Abendessen verlief harmonisch, und sie blieben sogar ungestört. Ramona fand es perfekt. Sie aßen in einem winzigen alten Lokal, das sie vor Jahren zufällig entdeckt hatten. Brian hatte es gewählt, weil er wusste, dass sie hier keine alten Bekannten treffen, nicht um Autogramme gebeten und von niemandem zu einem Drink eingeladen werden würden. Hier waren sie ein ganz durchschnittliches Paar, ein Mann und eine
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