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Entscheidung in Gretna Green

Entscheidung in Gretna Green

Titel: Entscheidung in Gretna Green Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: DEBORAH HALE
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er laut, um das Rattern der Räder und das Klappern der Hufschläge zu übertönen.
    Sie neigte den Kopf seitlich und sah ihn fragend an.
    „Da vorne!“ Er wies mit dem Arm die Straße entlang. „Ivy und Oliver, wenn ich nicht irre!“
    Sie machte eine Geste in Richtung der Straße und sagte etwas, das er nicht verstand.
    „Ich reite voraus!“, rief er.
    Auf seinem festen Schenkeldruck hin galoppierte der feurige Rappe los, und der Abstand zur fremden Kutsche verringerte sich rasch.
    In Gedanken formulierte Hawthorn bereits die Worte, mit denen er seine Schwester empfangen würde. Er würde ihr Vorhaltungen machen wegen ihrer Unbesonnenheit, wegen der Sorgen, die er sich ihretwegen gemacht hatte. Falls Ivy glaubte, sich wieder einmal mit einem zerknirschten und schuldbewussten Gesicht bei ihm einschmeicheln zu können, um ihrer gerechten Strafe zu entgehen, hatte sie sich gründlich geirrt.
    St. Justs Pferd hatte sichtliches Vergnügen an der Verfolgungsjagd, je näher sie dem Wagen kamen, umso schneller galoppierte der Rappe. Gleich schon würde Hawthorn einen Blick ins Wageninnere werfen können.
    Nicht nur seine leichtsinnige kleine Schwester würde seinen Zorn zu spüren bekommen. Er wollte sich auch Oliver Armitage vorknöpfen und ihm einige peinliche Fragen stellen. Der junge Mann war schließlich ein Wissenschaftler. Hatte er die Folgen nicht bedacht, als er mit der minderjährigen Miss Greenwood nach Gretna durchgebrannt war? Konnte er sich nicht ausrechnen, dass er einen schweren Fehler machte, ein so sprunghaftes Wesen wie Ivy zu heiraten?
    Mit ein bisschen Glück hatte die lange Reise in der engen Kutsche den beiden jungen Leuten ohnehin gezeigt, dass sie nicht füreinander bestimmt waren. Möglicherweise waren Ivy und Oliver insgeheim sogar erleichtert, in letzter Sekunde an ihrem unüberlegten Schritt gehindert zu werden.
    Als er mit der Kutsche gleichauf war, beugte Hawthorn sich im Sattel vor und äugte ins Innere.
    Statt in Ivys fröhliche Miene, blickte er in das stark geschminkte Gesicht einer älteren Dame, die den neugierigen Reiter mit einer unwirschen Handbewegung verscheuchte. Ihr schmaler Mund formulierte dabei Worte, die er gottlob nicht hören konnte.
    Enttäuscht richtete Hawthorn sich wieder auf und wollte das Pferd zügeln und umkehren, um Felicity von seinem Irrtum zu berichten.
    Gerade noch rechtzeitig wandte er den Blick nach vorn, um eine schmale Steinbrücke zu sehen, die plötzlich vor ihm auftauchte. Zum Glück bemerkte auch das Pferd das Hindernis.
    Bevor er fähig war zu reagieren, brach das Tier nach rechts aus, flog mit einem kühnen Satz eine steile Böschung hinunter und landete in einem reißenden Fluss. Im Wasser kam der Rappe jäh zum Halten, nicht aber der Reiter.
    Hawthorn wurde nach vorne aus dem Sattel gerissen und im hohen Bogen über den Kopf des Pferdes geschleudert. Vergeblich ruderte er mit den Armen, um Halt zu finden. Kopfüber stürzte er ins Wasser, die Luft wurde ihm aus den Lungen gepresst, und ein stechender Schmerz durchzuckte ihn. Gleichzeitig hüllte ihn Finsternis ein, raubte ihm das Bewusstsein, und er versank in einem schwarzen Nichts.

8. KAPITEL
    Die Kutsche verlangsamte die Fahrt so abrupt, dass Felicity fast von der Bank gerissen wurde. Mr. Hixon brüllte auf die angstvoll wiehernden Pferde ein, die ausbrachen und die heftig schwankende und holpernde Kutsche in ein frisch gepflügtes Feld zogen. Felicity wurde hin und her geschleudert und schrie laut auf.
    Was um Himmels willen war geschehen?
    Nach einigen turbulenten Momenten, die ihr wie eine Ewigkeit erschienen, kam das Gefährt schließlich in einer gefährlichen Schräglage zum Stehen. Während Felicity Mühe hatte, sich von ihrem Schrecken zu erholen, hörte sie, wie ihre Diener absprangen und sich etwas zuriefen. Ihre Stimmen verloren sich rasch in der Ferne.
    Wieso hatten sie sich nicht zuerst vergewissert, ob ihr etwas zugestoßen war?
    Erbost über die Gedankenlosigkeit der Männer, stieß sie den Wagenschlag auf, ließ sich nach unten und stand schließlich mit schlotternden Knien auf festem Boden. Sie suchte die Umgebung mit Blicken ab, ohne Ned oder Mr. Hixon zu entdecken, und versuchte zu begreifen, was überhaupt geschehen war.
    Die Diener waren nirgends zu sehen, Felicity konnte nur ihre Stimmen hören und das Rauschen von Wasser. Ihr Blick erfasste eine schmale Steinbrücke, vor der das Pferdegespann gescheut und von der Straße abgekommen war.
    Und dann entsann sie sich

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