Entscheidungen
er will mich loswerden."
"Was willst du tun?"
"Ich werde morgen Abend abreisen. Der Hunter wartete auf mich."
"Ist das denn der richtige Zeitpunkt?"
"Dieser Zeitpunkt ist genauso gut, wie jeder andere auch. Die Vampire, die für Raphael arbeiten, werden langsam unruhig. Sie haben Hunger, und Raphael befürchtet, sie könnten eigenständig auf die Jagd gehen, was natürlich unsere Tarnung gefährden würde. Das kann er sich nicht leisten. Dazu ist er zu dick im Geschäft. Er kann nicht einfach untertauchen und die Geschäfte anderen überlassen. Jedenfalls nicht, solange er es vermeiden kann."
"Bleib heute Nacht hier. Geh nicht zurück, das ist gefährlich. Fahr von hier aus zum Hunter, ok?" Ich drückte seine Hand.
"Und Sam?"
"Er ist unterwegs." Ich biss mir auf die Lippen. Doch Sam würde niemanden töten, soviel wusste ich, er hatte Freunde, die ihm das nötige Blut besorgen konnten, doch allein der Gedanke ließ meinen Magen rebellieren. Vor morgen Abend würde ich ihn nicht wiedersehen.
Xander nickte zögernd.
"Sie werden dich hier nicht suchen." Vanessa lächelte aufmunternd.
"Nein, dazu bin ich dann doch zu unwichtig." Ein verbitterter Zug umspielte seine Mundwinkel. "Ich habe wohl alles falsch gemacht, was man so falsch machen kann."
"Und wenn schon, du hast noch eine Ewigkeit Zeit, was aus deinem Leben zu machen." Sie grinste breit.
"Ach Vanessa, wie sehr habe ich deine Sprüche vermisst." Er legte den Kopf schief und sah sie an.
"Tja, du musstest ja unbedingt Cowboy spielen." Sie erhob sich schwerfällig. "Ich werde euch zwei jetzt jedenfalls allein lassen. Mein Kerl wartet auf mich." Sie grinste breit, als Xander fragend eine Augenbraue hochzog. "Ich bin eine begehrte Frau."
"Daran habe ich nie gezweifelt." Er erwiderte ihr Grinsen und für einen kurzen Moment war ich mir nicht sicher, ob Vanessa rot geworden war. Doch sie ließ schnell ihre Haare über ihr Gesicht fallen und griff nach ihrer Tasche.
"Wir sehen uns morgen. Pass auf dich auf, Xander." Schnell beugte sie sich zu ihm hinunter und umarmte ihn.
Dann fiel bereits die Tür hinter ihr ins Schloss.
Vorsorglich drehte ich den Schlüssel herum. Man konnte ja nie wissen…
"Ich bin dir wirklich dankbar, Lily", begann Xander, als ich mich ihm wieder zuwandte, doch ich hob energisch die Hand und winkte ab.
"Das ist doch selbstverständlich."
"Nicht, nach allem, was passiert ist."
"Darüber reden wir nicht mehr." Ich griff erneut nach seinen Händen und drückte sie.
Seine dunklen Augen musterten mich niedergeschlagen.
"Ich muss mit dir auch über etwas anderes reden", begann ich zögernd. Das Thema brannte mir auf dem Herzen, doch ich war mir nicht sicher, wie ich es am besten zur Sprache bringen sollte. Würde Xander wütend werden? Ich musste es riskieren.
"Was?"
"Deine Mutter."
Er sog scharf die Luft ein. Sein Gesicht wirkte mit einem Mal starr und teilnahmslos.
"Sie vermisst dich. Sie macht sich Sorgen."
"Sie hat mich aus dem Haus gejagt."
"Wegen deines Vaters."
"Na und, hat sie keine eigene Meinung? Sie schämt sich für mich."
"Nein, Xander, sie… besucht dein Grab, sie weint. Sie klammert sich an jeden Strohhalm, der ihr sagt, dass es dir gut geht. Sie braucht dich."
"Woher willst du das wissen?" Er sah mich nicht an.
"Weil ich sie gesehen habe. Ich habe mit ihr gesprochen."
"Sie vermisst mich?" Seine Stimme war nicht mehr als ein Flüstern.
"Oh ja. Du solltest sie unbedingt besuchen, sobald das hier alles vorbei ist. Versprichst du mir das? Bitte, Xander."
"Ich werde darüber nachdenken, ok?"
"Ok." Ich lächelte ihn an.
"Komm her." Er breitete die Arme aus, und ich ließ es zu, dass er mich an sich zog. Einen kurzen Moment lang hatte ich ein schlechtes Gewissen, doch es war Xander. Er war mein Freund und er fühlte sich allein. Ich hatte ihn gern, war das denn so falsch?
8. KAPITEL
A m Samstagabend saß ich auf meinem Bett und sah Vanessa dabei zu, wie sie abwechselnd in einen langen schwarzen Rock und eine enge Röhrenjeans schlüpfte.
"Du bist keine wirkliche Hilfe, Lil." Vorwurfsvoll sah sie mich an. "Wieso kommst du nicht einfach mit? Bitte! Frank und John sind auf Dauer wirklich anstrengend. Sie lassen Mike und mich nicht mal fünf Minuten allein. Bitte, komm mit."
Ich schüttelte den Kopf. Keine zehn Pferde würden mich noch einmal mit den beiden in ein und denselben Raum bringen. Das eine Mal war mehr als genug gewesen. Sam würde mir den Kopf abbeißen, wenn ich ihm das noch ein einziges Mal
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