Entscheidungen
waren noch immer allein. Leise Musik drang aus der Bar zu uns hinüber, sonst blieb alles ruhig. "Wenn ich es richtig verstanden habe, kämpft er nicht allein. Auch er hat Anhänger."
"Das verstehe ich nicht, ich dachte, man wird dazu geboren?"
"Ja, das schon, aber so wie Bloody und Thirsty glühende Anhänger der Unsterblichkeit sind, gibt es auch ebensolche Kritiker. Und die haben sich quasi dem Hunter angeschlossen. Sie wollen die Vampire vernichten und das Gleichgewicht auf der Welt wiederherstellen."
"Und sie arbeiten mit dem Hunter zusammen?"
"Der Hunter arbeitet mit niemandem zusammen. Wie du schon richtig meintest, er ist dazu geboren worden, aber er schätzt durchaus ihre Unterstützung. Sie kümmern sich um den Nachwuchs und da er ja nicht überall gleichzeitig sein kann, übernehmen sie auch Teile seiner Aufgaben."
"Dann könnte er es vielleicht doch mit Raphael aufnehmen", überlegte ich leise.
"Vielleicht, vielleicht aber auch nicht. Wir wissen, die Vampire haben nur eine wirkliche Schwäche: Ihren Blutrausch. Wenn sie beißen, verlieren sie die Kontrolle über ihre Sinne. Ansonsten sind sie wirklich sehr schwer zu vernichten."
"Ich habe wirklich Angst um Xander." Betreten betrachtete ich die Spitzen meiner Schuhe. Sie waren schmutzig durch das nasse Wetter, doch das störte mich nicht besonders.
Vanessa nickte. "Hoffentlich macht er keine Dummheiten."
Die Tür zur Toilette flog auf, und Sam starrte mit weitaufgerissenen Augen zu uns hinein.
"Wenn ihr nicht gleich zurückkommt, weiß ich nicht, ob ich mich noch lange beherrschen kann, Mädels. Die beiden treiben mich in den Wahnsinn."
"Es tut mir leid." Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. Aus den Augenwinkeln sah ich, dass auch Vanessa amüsiert aussah.
"Du kannst noch viel lernen." Sie grinste süffisant. "Und wer weiß, vielleicht glaubst du auch irgendwann mal an Vampire. Sei nicht so ignorant."
"Ich kann dich nicht ausstehen, Vanessa Mosby." Er rümpfte die Nase.
"Ebenfalls." Damit ließ sie uns einfach stehen und rauschte an ihm vorbei aus der Toilette.
Mitleidig sah ich ihn an.
"So schlimm?"
"Ganz ehrlich, ich finde es ja toll, wenn Menschen nicht verbohrt und engstirnig sind, aber die beiden spinnen total. Sie hören mir gar nicht zu. Ich könnte wahrscheinlich vor ihren Augen jemanden aussaugen und sie würden mich immer noch für einen Menschen halten, der einfach keinen Sinn für das Übernatürliche hat. Sie leben wirklich in ihrer ganz eigenen Welt."
"Oh, mein armer Kerl." Ich schlang die Arme um seinen Hals und zog ihn an mich. "Du bist so tapfer."
"Du machst dich über mich lustig", grummelte er.
"Niemals."
"Du bist ein ganz gemeiner Mensch."
"Natürlich." Ich küsste ihn sanft.
Xander saß auf meinem Bett und starrte gedankenverloren in die Nacht hinaus.
Er hatte kaum etwas gesagt, seit er vor einer geschlagenen Stunde an unsere Tür geklopft hatte, um mich zu besuchen.
Ich war überrascht gewesen, schließlich hatten wir beschlossen, dass er mich nicht mehr im Wohnheim aufsuchen sollte, doch da Sam in dieser Nacht anderweitig unterwegs war, ließ ich ihn herein. Anderweitig. Das bedeutete, er war auf der Suche. Auf der Suche nach Nahrung. Ich wusste, dass es notwendig war, um ihn nicht irgendwann in einen Blutrausch verfallen zu lassen, doch es fiel mir schwer, daran zu denken. Deswegen wollte ich auch nicht wissen, wie er sich das Blut besorgte. Es war manchmal besser, nicht alle Geheimnisse zu kennen.
Vanessa hatte ihn zunächst nur mit offenem Mund angestarrt, bis sie sich endlich dazu durchringen konnte, ihn zu begrüßen.
Nun saß sie ihm gegenüber und warf mir immer wieder fragende Blicke zu.
Ich zuckte die Schultern. Ich hatte absolut keine Ahnung, was los war.
"Ist irgendwas passiert?"
Er schüttelte langsam den Kopf.
"Können wir dir irgendwie helfen?"
Wieder ein Kopfschütteln. Er konnte einen wirklich wahnsinnig machen!
"Ich weiß nicht, irgendwas planen sie." Er sah vielsagend zu Vanessa hinüber.
"Sie weiß Bescheid. Ich musste es jemandem sagen." Ich setzte mich zu ihm und griff nach seiner Hand. "Du weißt, dass wir uns gegenseitig vertrauen können."
Er nickte zögernd. "Sie sagen mir nicht, was sie planen. Murphy organisiert was. Aber er traut mir nicht. Er lässt mich auch gar nicht mehr zu Raphael. Eigentlich mache ich gar nichts mehr. Selbst die Freiwilligen hält er vor mir geheim. Es kann nicht mehr lange dauern, bis…" Er hob den Kopf und wir sahen uns an. "Ich glaube,
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