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Entschuldigen Sie Meine Stoerung

Entschuldigen Sie Meine Stoerung

Titel: Entschuldigen Sie Meine Stoerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan-Uwe Fitz
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Arbeit ein Belegexemplar von Träum schäum wäum , in dem alle Ergebnisse über Sie veröffentlicht werden. Mit einem Special über Ihre schweinischen Träume.«
    »Ach so.«
    »Außerdem: Wenn Sie wüssten, dass ich Sie ausforsche, dann würden Sie sich anders verhalten und vor allem: viel schlechter schlafen. Wir haben das in der Vergangenheit mal getestet: Probandinnen, die wussten, dass ich die ganze Nacht an ihrem Bett sitze, haben kein Auge zugemacht. Und die Videoüberwachung hat sie bei der Verrichtung im Alltag ziemlich gehemmt.«
    »Haben Sie durch mich denn etwas Neues über die menschlichen Träume erfahren?«
    »Lange Zeit nicht. Doch als ich letzte Woche vom Pieseln zurückkam, saß ein kleiner Nachtmahr auf Ihrer Brust.«
    »Ein Nachtmahr?«
    »Ja, diese kleinen hundeartigen Wesen, man kennt sie auch unter dem Namen Alb.«
    »Ich weiß, was ein Nachtmahr ist.«
    »Ach so.«
    »Nein, ich weiß es gar nicht, kleiner Scherz.«
    »Nachtmahre galten früher als Verursacher schlechter Träume, wurden aber ausgerottet – trotz meines Einsatzes zugunsten der letzten Exemplare. Ich bin so etwas wie die Diane Fossey der Nachtmahre. Zurzeit wird ein Film über mich gedreht: Nachtmahre im Nebel .«
    »Aber wenn diese Wesen ausgestorben sind, wie konnte dann einer auf meiner Brust sitzen?«
    »Da legen Sie den Finger natürlich in die Wunde. Unter uns: Das mit dem Aussterben war etwas voreilig von mir. Aber es war immerhin eine aufmerksamkeitsstarke These, die mir geholfen hat, berühmt zu werden. Wenn Sie das aber bitte vorerst noch für sich behielten? Dass es sehr wohl noch Nachtmahre gibt, meine ich.«
    »Nachtmahre, soso … Interessant. Und ich dachte immer, Träume sagen etwas über das Unterbewusstsein aus.«
    »Totaler Quatsch. Aber diese Ammenmärchen sind sehr schwer auszurotten.«
    »Ich finde Traumdeutung ausgesprochen faszinierend. Und Horoskope. Am liebsten habe ich es, wenn ich von Horoskopen träume.«
    »Würde es Ihnen etwas ausmachen weiterzuschlafen?«
    »Nein, ich bin sowieso müde.«
    »Und stört es Sie, wenn ich Sie im Schlaf weiter beobachte?«
    »Machen Sie nur. Aber schlafen Sie nicht selbst ein. Ich sehe schon, Sie haben ein Kissen dabei.«
    »Keine Angst, das Kissen ist nicht für mich. Hihi.«
    Frau Kautge schaut mich fragend an, ich lasse es aber gut sein.
    »Vielleicht können Sie mich in den Schlaf singen?«, bittet sie mich. »Ich weiß nicht, ob ich sonst wieder einschlafen kann, ich bin nun doch ein bisschen aufgewühlt.«
    »Alles klar. Mach ich. Schlafen Sie gut.«
    »Danke.«
    Also singe ich: »Schlaf ein, kleines Versuchskanichen, schlaf ein, ich sing dir ein Lied gar fein …«

Nächster Tag
    Als ich am nächsten Morgen erwache, ist es laut Wecker 7.12 Uhr. Mein Gesäß schmerzt, die ganze Nacht saß ich auf dem Schreibtischstuhl am Bett von Frau Kautge. Nur das Kissen halte ich nicht mehr in der Hand, das liegt auf dem Gesicht von Frau Kautge. Ich reiße es panisch herunter, keine Ahnung, wie es da überhaupt hingekommen ist. Dann fährt mir der Schrecken in die Glieder: Frau Kautge ist tot. Ich bin kein Experte darin, den Tod festzustellen, viele Menschen, die ich längst begraben hätte, haben in Wirklichkeit nur irgendwo angestanden. Aber die Zunge meiner ehemaligen Mitbewohnerin hängt albern aus ihrem rechten Mundwinkel heraus, und ihre Augen sind weit geöffnet, daher wage ich die Diagnose: tot. Um sicherzugehen, schüttle ich die Frau, haue ihr links und rechts eine runter – keine Reaktion.
    Keine Ahnung, wie die Frau gestorben ist. Die Wahrscheinlichkeit, dass ich es gewesen bin, ist hoch. Schließlich habe ich damit geliebäugelt. Und nun scheint sie durch das Kissen, das ich als Tatwaffe ausgewählt hatte, erstickt worden zu sein.
    Aber habe ich sie wirklich umgebracht? Oder ist das Kissen von selbst losgegangen? Ist sie zufälligerweise eines natürlichen Todes gestorben, und ich habe im Schlaf nur das Kissen auf ihr abgelegt? War noch jemand Drittes im Zimmer? Ein Trittbrettmörder? Und befindet er sich noch im Raum? Versteckt er sich hinter dem Vorhang? Ich spiele kurz mit dem Gedanken, nachzusehen, den Vorhang überraschend zurückzuziehen, bin dann aber zu faul und zucke nur gleichgültig mit den Schultern.
    Was soll ich mit der Leiche machen? Ich kann Frau Kautge nicht im Bett liegen lassen. Zum einen brauche ich das Bett für mich, zum anderen wird die Reinemachefrau, die jeden Morgen das Zimmer richtet, nicht einfach über eine tote Frau Kautge

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