Entschuldigen Sie Meine Stoerung
Hand noch den Sanifair-Gutschein.
Ein Blick auf meine Mitpatienten:
eine Frau
Man kann ja gegen Menschen sagen, was man will, aber immerhin nehmen sie einem das Gefühl, der einzige Gestörte auf der Welt zu sein. Eine Erfahrung, die ich auch im Laufe der seltenen Gespräche mit anderen Patienten machen durfte. Da ist zum einen die Dame, von der ich nur weiß, dass ich sie auf den ersten Blick nicht leiden konnte. Und zum anderen der Feuerwehrmann, von dem ich auch nur weiß, dass ich ihn auf Anhieb unsympathisch fand. Zu allen anderen Patienten habe ich keinen Kontakt. Die sind mir unsympathisch und ich kann sie nicht leiden.
Hier die Aufzeichnung des Gesprächs mit meiner Mitpatientin:
FRAU: »Entschuldigen Sie, sind Sie auch Patient in dieser Klinik?«
ICH: »Nein, ich bin Napoleon.«
FRAU: »Oh, wie ist das denn so?«
ICH: »Was?«
FRAU: »Napoleon zu sein?«
ICH: »Ich bin gar nicht Napoleon. Das war ein Scherz.«
FRAU: »Hahahahaha.«
ICH: »Das war nur ein rhetorischer Scherz. Sie müssen nicht lachen.«
FRAU: »Das war auch nur ein rhetorisches Lachen. Sie müssen nicht sagen, dass ich nicht lachen muss.«
ICH: »Das war auch nur eine rein rhetorische Bemerkung. Sie müssen nicht weiter mit mir reden.«
FRAU: »Oh, ich möchte aber gern. Mein Therapeut hat mir empfohlen, stärker auf Menschen zuzugehen. Menschen anzusprechen, die mir sympathisch sind.«
ICH: »Ach du Scheiße.«
FRAU: »War das rhetorische Scheiße?«
ICH: »Nein, das war reines Entsetzen.«
FRAU: »Sie sind mein erstes Versuchskaninchen. Ich übe an Ihnen.«
ICH: »Och nö …«
FRAU: »Na, Sie? Schönes Wetter heute, was?«
ICH: »Können Sie mir einen Gefallen tun und Ihren Therapeuten fragen, ob er Ihnen empfehlen kann, jemand anderen anzusprechen als mich? Nennen Sie ihm einfach meinen Namen: Patient Fitz. Er weiß dann schon Bescheid.«
FRAU: »Wieso? Was ist denn mit Ihnen?«
ICH: »Ich mag keine Menschen und habe Angst vor Ihnen. Es ist ein großes Pech, dass Sie ausgerechnet an mich geraten sind. Sprechen Sie lieber einen anderen Patienten an.«
FRAU: »Meine Stunde ist aber schon vorbei. Mein Therapeut ist nicht mehr da.«
ICH: »Gehen Sie trotzdem wenigstens hin und klopfen.«
FRAU: »Was soll das denn bringen?«
ICH: »Ihnen nichts. Aber mir. Wenn Sie sich kurz wegdrehen, haue ich ab.«
FRAU: »Wollen Sie nicht mit mir reden?«
ICH: »Ungern.«
FRAU: »Puh, das ist aber jetzt ärgerlich für mich. Da nehme ich allen Mut zusammen, und dann gerate ich ausgerechnet an Sie.«
ICH: »Ärgerlich? Fragen Sie mich mal. Ich bin in der Klinik, um meine Ruhe zu haben. Stattdessen üben ständig irgendwelche Verklemmten soziale Situationen an mir ein.«
FRAU: »Was hat Ihr Therapeut Ihnen denn empfohlen? Müssen Sie auch etwas einüben?«
ICH: »Ja, anderen Leuten meine Meinung sagen.«
FRAU: »Oje. Dann sollte ich wirklich gehen.«
ICH: »Keine Angst, ich weiß noch nicht, ob ich den Mut finde, Ihnen meine Ablehnung mitzuteilen.«
FRAU: »Haben Sie gerade. Sie haben mich als verklemmt bezeichnet.«
ICH: »Habe ich? Hm, das zählt nicht, das ist mir nur so herausgerutscht. Ich soll anderen Menschen ganz bewusst die Meinung sagen.«
FRAU: »Meinen Sie, Sie bekommen das in meinem Fall hin, ohne mich zu verletzen?«
ICH: »Wie empfindlich sind Sie?«
FRAU: »Schon. Also, was mich betrifft. Wie sich andere fühlen, ist mir scheißegal.«
ICH: »Bei mir ist es ungekehrt.«
FRAU: »Ich spreche dann mal den nächsten Patienten an.«
ICH: »Schöne Grüße von mir. Warnen Sie ihn am besten schon einmal davor, an mir irgendetwas einzuüben. Nicht dass hier alle naselang Patienten kommen und etwas an mir üben.«
FRAU: »Mach ich.«
Das dritte Gesprächsprotokoll
Mein Verhältnis zu meinem Therapeuten ist stark getrübt. Ich weiß nie, was er ernst meint und was nicht. Ob der Heilungsprozess auf diese Weise voranschreiten kann? Heute habe ich allen Mut zusammengenommen und meinem Therapeuten meine Unsicherheit gebeichtet.
»Puh, da kann ich Ihnen auch nicht weiterhelfen«, antwortete er gleichgültig, »das müssen Sie wohl einfach aushalten. Sie müssen lernen, mit der eigenen Unsicherheit umzugehen. Das wird Ihnen im Leben ständig passieren. Sie werden auf Menschen treffen, die eben noch scherzten, es im nächsten Satz aber bitterernst meinen. Sehen Sie das Gespräch mit mir als Übung.«
»Es macht mich aber nervös, dass ich nicht einmal bei Ihnen weiß, woran ich bin.«
»Was macht denn die
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