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Entschuldigen Sie Meine Stoerung

Entschuldigen Sie Meine Stoerung

Titel: Entschuldigen Sie Meine Stoerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan-Uwe Fitz
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Ich dachte, ich suche Lebenssinn.«
    »In unserer Klinik?«
    »Ja. Warum nicht?«
    »Ich bin Arzt, kein Zauberer. Ich verzweifle selbst am Leben.«
    »Ich hätte so gern Spaß am Leben. Wie all die Leute, die Wetten, dass ..? gucken.«
    »Dann gucken Sie halt Wetten, dass ..? «
    »Au ja, das probiere ich mal.«
    »In unserer Klinik sind Sie jedenfalls falsch. Bei uns bekommen Sie keine Lebensfreude. Höchstens Medikamente. Wir leben nun einmal nicht in Zeiten, in denen das Leben Spaß macht.«
    »Wann war das denn?
    »1964. Für zwölf Minuten. Total spaßig, die Zeit.«
    »Da war ich noch nicht geboren.«
    »Pech.«
    »Wenn ich mich umbringe, sind Sie schuld.«
    »Jetzt setzen Sie mich bitte nicht unter Druck. Am Ende mache ich mir noch Vorwürfe, weil Sie mir einreden, ich hätte Ihren Tod verhindern können.«
    »Hätten Sie doch vielleicht auch. Sie sind doch Psychotherapeut.«
    »Ja, aber kein guter.«
    »Ist das denn keine renommierte Psychoklinik?«
    »Ach, wissen Sie: ›Renommiert‹ ist auch bloß so ein Wort aus der Werbung. Das sagt sich schnell. Gut, es gab den einen oder anderen positiven Artikel in der überregionalen Presse. Aber die waren alle gekauft. Deswegen gleich von einer renommierten Einrichtung zu sprechen? Ich weiß nicht …«
    »Haben Sie aber selbst über sich geschrieben. Auf Ihrer Homepage.«
    »Was ist denn eine Homepage?«
    »Internet, Sie wissen schon.«
    »Was ist denn Internet?«
    »Vergessen Sie’s. Ich lege jetzt auf.«
    »Wir sitzen uns doch Auge in Auge gegenüber.«
    »Ach, stimmt ja. Ich Schusselchen. Muss ich denn nach dem Tabletten-Experiment eigentlich auf irgendetwas achten?«
    »Nein. Ich würde sagen, nach dem Gackern kommt nichts mehr.«
    »Gackern?«
    »Ja, Sie sind vorhin gackernd durch die Klinik gelaufen. Wissen Sie das nicht mehr?«
    »Nein, ich war wohl weggetreten.«
    »Ach so, ja, das ist gut möglich. Das erklärt natürlich so einiges. Dachte schon: Was macht der denn jetzt wieder? Passte so gar nicht zu Ihnen.«
    »Oje, jetzt traue ich mich gar nicht mehr, unter die anderen Patienten zu gehen. Was denken die denn nun von mir?«
    »Na, bestimmt nicht, dass Sie ein Huhn sind. So gut haben Sie auch wieder nicht gegackert. Ich persönlich fand es eher bedenklich nah am Grunzen. Aber gut, das ist Geschmackssache. Machen Sie sich jedenfalls keine Sorgen, meines Wissens denkt sowieso niemand gut von Ihnen.«
    »Weil Sie allen in der Klinik erzählen, woran ich leide, und meine Krankenakte vorlesen.«
    »Das mache ich gar nicht!«
    »Machen Sie doch.«
    »Stimmt. Hihi.«
    »Ich habe gesehen, wie Sie mit den Patienten Blaschke und Kunz getuschelt haben.«
    »Ich finde, die beiden haben ein Recht zu wissen, was mit Ihnen los ist.«
    »Warum?«
    »Gründe darf ich keine nennen. Schweigepflicht.«
    »Alle hier profitieren von der Schweigepflicht, nur ich nicht.«
    »Herrgott, jetzt stellen Sie sich nicht so an, Sie Weichei. Sagen Sie mir lieber, ob Sie für den zweiten Menschenversuch bereit sind?«
    »Habe ich das denn richtig verstanden, Herr Doktor? Das Magnetfeld stört die Aktivität in einem eng begrenzten Hirnareal nur kurz?«
    »Ja, Herrgott noch mal.«
    »Und meine Persönlichkeit bleibt nach dem Versuch unverändert? Ich gackere nicht wieder oder belle?«
    »Nein, Herrgott.«
    »Seien Sie doch nicht so gereizt. Man wird doch wohl noch mal fragen dürfen. Das ist mein erstes Gehirnexperiment und ein einschneidendes Erlebnis. Ich habe keinerlei Erfahrungen damit.«
    »Sie bekommen immerhin fünf Euro.«
    »Finden Sie mich anstrengend?«
    »Ja. Aber nach dem Versuch wird das hoffentlich anders sein.«
    »Ich bin einfach ein bisschen nervös. Es hat noch nie jemand Transkranielle Magnetstimulation an mir durchgeführt.«
    »Hätte mich auch gewundert. Ist nämlich illegal.«
    »Wie bitte?«
    »Es sei denn, man zahlt Ihnen fünf Euro. Dann ist es legal. Weil Sie ja freiwillig mitmachen.«
    »Ach so. Eine Frage noch.«
    »Irgendwann ist es auch mal gut mit der Fragerei.«
    »Ich habe doch erst zwei Fragen gestellt.«
    »Zwei sind zwei zu viel. Ich mag keine Fragen. Halten Sie mal kurz still. Oh!«
    »Was denn?«
    »Hätte nicht gedacht, dass sich Ihr Kiefer dabei ausrenkt.«
    »Der ist nicht ausgerenkt. Der ist Matsch.«
    »Dafür sprechen Sie aber noch sehr deutlich.«
    »Ich reiße mich eben zusam–«
    Als ich wenig später erwache, liege ich im Pissoir einer Autobahnraststätte. Keine Ahnung, wie ich da hineingekommen bin. Jedenfalls halte ich in der rechten

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