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Entschuldigen Sie Meine Stoerung

Entschuldigen Sie Meine Stoerung

Titel: Entschuldigen Sie Meine Stoerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan-Uwe Fitz
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sehr loyal. Die werden sich an Ihnen rächen wollen. Und haben Sie ein wachsames Auge auf Ihre Matratze. Mein Näschen verrät mir: Die ist nicht ganz geheuer.«
    »Und mein Nachttisch?«
    »Ihr Nachttisch? Was soll denn mit Ihrem Nachttisch sein? Jetzt werden Sie mal nicht albern. Und wenn ich Ihnen noch einen Tipp geben darf?«
    »Ja?«
    »Ihr Klodeckel scheint ein vortreffliches Navigationssystem zu sein. Falls Sie sich nicht schämen, mit ihm durch fremde Städte zu laufen.«
    Ach ja, das sind Erinnerungen. Doch wieder werde ich aus meinen Gedanken abrupt herausgerissen. Mein Opfer in spe, Frau Kautge, schlägt die Augen auf. (Ich hoffe, Sie haben sich jetzt nicht zu sehr erschreckt, lieber Leser. Ich bin nun einmal ein Meister des Suspense.) Sie blickt mich erschrocken an:
    »Huch! Was machen Sie an meinem Bett? Wer sind Sie?«
    »Oh, tut mir leid«, stammle ich ertappt. »Jetzt habe ich Sie geweckt. Fitz ist mein Name, ich bin, äh … Traumforscher.« Puh, das war äußerst geistesgegenwärtig von mir. »Äh … Können Sie mir sagen, was Sie gerade geträumt haben?«
    Frau Kautge überlegt einen Moment und antwortet mit noch verschlafener Stimme:
    »Ich bin über eine lilafarbene Wiese gehüpft. Es duftete nach Blumen. Und plötzlich war ich in einer Kläranlage, und es stank.«
    Ich tue so, als würde ich über ihre Worte nachdenken, weiß aber, dass der Gestank, den sie im Schlaf wahrgenommen hat, aus meinem Mund stammt. Habe mir seit meiner Ankunft in der Klinik die Zähne nicht geputzt und wohl etwas zu nah an ihrem Gesicht gesessen. Das muss ich nach meinem Mord nachholen. Ihre Zahnbürste braucht Frau Kautge dann ja auch nicht mehr.
    Ich sehe auf einen fiktiven Block und murmle: »Laut meinen Aufzeichnungen waren Sie in den letzten Jahren nicht ein Mal in einem lilafarbenen Blumenfeld.«
    »Stimmt. Woher wissen Sie das?«
    »Ich beobachte Sie nicht nur heimlich im Schlaf, sondern auch tagsüber.«
    »Oha. Mir schien gleich, dass ich Sie von irgendwoher kenne.«
    »Ja, ich habe mich bei Ihnen als Putzfrau eingeschlichen, verkaufe Ihnen in der Bäckerei Ihre Brötchen und gebe mich am Telefon als Ihre Mutter aus – alles, um mehr über Sie und Ihre Träume zu erfahren.«
    »Und ich habe mich schon gewundert, dass meine Mutter selbst nach ihrem Tod noch ans Telefon geht. Dachte, ich sei überspannt.«
    »Mal darüber nachgedacht, in eine Nervenklinik zu gehen?«
    »Sind wir da nicht gerade?«
    »Interessant.«
    Wir sehen uns schweigend an. Ich werde unkonzentriert. Aus Müdigkeit.
    »Aber sagen Sie mal«, fragt sie mich unverwandt, »in Ihrem Job beobachten Sie also heimlich Frauen im Schlaf?«
    »Ich habe mein Hobby zum Beruf gemacht.«
    »Und wie kriegen Sie heraus, was ich träume? Nur am Bett sitzen und mich angaffen bringt Ihnen ja keine Erkenntnisse über meine Träume. Oder können Sie Gedanken lesen?«
    »Ich, äh … wecke Sie zwischendurch immer wieder auf und befrage Sie zu Ihren Träumen. Dann gleiche ich diese mit Ihren realen Erlebnissen ab und ziehe abstruse Schlussfolgerungen.«
    »Ach, Sie sind ein abstruser Traumforscher?«
    »Genau. Woher wissen Sie das?«
    »Ich habe eins und eins zusammengezählt.«
    »Und da kommt abstruser Traumforscher raus? Mathematik ist toll. Vielleicht haben Sie ja schon von einer meiner Arbeiten zum Thema Traumdeutung gehört. Von mir stammen Werke wie Who’s who in your dreams , Willst Du nachts nicht davon träumen, solltest Du es tagsüber versäumen oder Hier steht nichts über Traumdeutung drin, aber ich finde, es ist eine gute Ausrede, wenn man nachts am Bett einer Frau überrascht wird .«
    »Warum erinnere ich mich nicht daran, dass Sie mich wecken?«
    »Weil ich Sie in der REM -Phase wecke. Danach schlafen Sie gleich wieder ein und wissen am nächsten Morgen von nichts.«
    »Ich hoffe, ich rede kein peinliches Zeugs.«
    »Nicht mehr als im Wachzustand.«
    »Ich finde die Methoden der modernen Wissenschaft etwas fragwürdig.«
    »Was ist heutzutage schon nicht fragwürdig?«
    »Aber habe ich nicht das Recht zu erfahren, dass ich ausgeforscht werde? Ist das nicht gesetzeswidrig, was Sie da tun?«
    »Gesetzeswas?«
    »Gesetzeswidrig?«
    »Waswidrig?«
    »Gesetzeswidrig.«
    »Ges-was-drig?«
    »Gesetzeswidrig.«
    »Wie war die Frage noch mal?«
    »Aber habe ich nicht das Recht zu erfahren, dass ich ausgeforscht werde? Ist das nicht gesetzeswidrig, was Sie da tun?«
    »Nein, Sie erfahren es ja rechtzeitig. Sie bekommen nach der Veröffentlichung meiner

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