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ENTSEELT

ENTSEELT

Titel: ENTSEELT Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
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setzen musste. Für diejenigen, die sich auskannten, gab es Wege hier oben, aber selbst zwischen denen gab es Abkürzungen an schwindelerregenden Abgründen vorbei. Diese wählte Dumitru, oder jemand anderes traf die Wahl für ihn.
    Dumiiitruuu!, säuselte die dunkle Stimme in ihm und zog seinen Namen in die Länge wie einen gequälten Schrei. Oh mein Getreuer, mein Szgaaany, du Sohn meiner Söhne. Tritt hierher, und dorthin, und hier, Dumiiitruuu. Und da, wohin der Wolf seinen Fuß gesetzt hat – siehst du seine Marke auf dem Fels? Der Vater deiner Väter wartet auf dich, Dumiiitruuu. Der Mond ist aufgegangen, und die Stunde ist naaah. Beeile dich, mein Sohn, denn ich bin alt und vertrocknet und fast auf den Tod ausgedörrt – auf den wahren Tod! Aber du sollst mich nähren, Dumiiitruuu. Ja, und all deine Jugend und deine Stärke wird miiiir gehören!
    Der Junge arbeitete sich fast bis zur Baumgrenze vor, sein Atem kam stoßweise und seine Hände waren blutig vom Klettern. Er stieg hinauf bis zur dunkelsten Schlucht von allen, wo sich eine gewaltige Ruine an eine fast lotrechte Felswand klammerte. Auf der einen Seite fiel ein Abgrund so steil und düster ab, dass er bis in die tiefste Hölle hinunterreichen mochte, auf der anderen beschirmte die letzte der gewaltigen Tannen den verfallenen Koloss einer uralten Feste, die sich an die senkrecht abfallende Felswand schmiegte. Dumitru sah den Ort und erstarrte für einen Moment, aber dann sah er auch den Wolf mit den flammenden Augen, der im zerschmetterten Tor der Ruine stand, und er zögerte nicht mehr. Er ging weiter und der riesige Wolf zeigte ihm den Weg.
    Willkommen in meinem Heim, Dumiiitruuuu! Die ölige Stimme klebte wie Morast in seinen Gedanken. Du bist mein Gast, Sohn ... tritt ein aus freiem Willen!
    Dumitru Zirra kletterte dumpf über die ersten zerschmetterten Steine des Bauwerks hinweg, aber trotz seiner Benommenheit verfehlte das Gebäude seinen Eindruck auf ihn nicht. Das hier war einst ein Schloss gewesen, dessen war er sich sicher. In alten Zeiten hatte hier ein Bojar gelebt, ein Ferenczy – Janos Ferenczy! Daran konnte kein Zweifel bestehen, denn über die Zeiten hinweg, seit den Tagen des Grigor Zirra, des ersten »Königs« der Szgany, hatten die Zirras dem Baron Ferenczy die Treue geschworen und sein Wappen getragen; eine Fledermaus, die sich aus der Öffnung einer schwarzen Urne in die Luft erhob, mit gespreizten Flügeln und drei Rippen an jedem Flügel. Die Augen der Fledermaus waren rot, so wie die Rippen an den Flügeln, die ebenfalls karmesinrot leuchteten.
    Und jetzt erblickten die tief eingesunkenen, starren Augen des Jugendlichen hier ein ähnliches Abbild auf einem eingestürzten Torbogen, der halb im Schutt verborgen lag. Da wusste er, dass er auf der Türschwelle eines der großen alten Beschützer der Zirras und ihrer Gefolgsmänner stand. Denn es war das gleiche Wappen, das auch heute noch die Seiten von Vasile Zirras Wohnwagen zierte, auch wenn es sorgfältig durch den übrigen Schmuck und die verschlungenen Farbmuster kaschiert wurde. Und der alte Vasile, Dumitrus Vater, trug einen Ring mit einer Miniatur dieses Wappens, der angeblich durch viele Generationen hindurch auf ihn vererbt worden war. Dieser Ring wäre eines Tages auf Dumitru übergegangen, wenn er nicht den Ruf gehört hätte ...
    Ein Stück vor Dumitru gab der Wolf ein kehliges, drängendes Knurren von sich. Aber er zögerte noch, unsicher, weil die Schatten von herabgestürzten Steinklötzen ihm die Sicht versperrten. Die ganze Vorderseite der Ruine schien wie von einer gewaltigen Explosion im Innern des Gebäudes nach außen und über die Klippe geschleudert worden zu sein. Noch jetzt lagen überall gigantische Trümmer, Fliesen und Schindeln bis an den Rand der Klippe verstreut. Dumitru vermutete, dass ein großer Teil des Schlosses in die Schlucht hinabgestürzt war.
    Was diese Zerstörung angerichtet haben konnte, das vermochte er nicht zu ...
    Du zögerst, mein Sohn, erklang wieder diese schreckliche Stimme in seinem Kopf. Sie wand sich wie ein Wurm durch seinen Geist und wischte alle Anflüge von Fragen und Zweifeln und freiem Willen hinweg. Diese Stimme, die ihn völlig gefangen genommen und in den letzten vier oder fünf Wochen kontrolliert hatte, diese Stimme, die ihn zu ihrem Zombie gemacht hatte. Es ist also so, wie ich angenommen habe, Dumiiiitruuu ... du hast einen starken Willen! Gut! Die Stärke des Willens entspricht der des Körpers, und die

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