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ENTSEELT

ENTSEELT

Titel: ENTSEELT Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
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mächtiger geworden, als ich es war. Nein, meine Rache musste warten. Was bedeutet schon die Zeit für einen Wamphyri?
    Die Zeit in ihrem hektischen Ablauf, wo ein Tag nur ein einzelnes Ticken einer großen Uhr ist – sie bedeutet nichts. Aber wenn dann jedes in die Länge gezogene Ticken genau so ist wie das Ticken davor, und wenn diese Geräusche beginnen, wie Donnerschläge in den Ohren zu dröhnen ... ja, dann bemerkt man die Schattenseiten der Zeit, aus denen Langeweile und bitterer Lebensekel entstehen können. Und das bedeutet dann alles! Ich war rastlos, eingesperrt, tatendurstig. Hier war ich, unternehmungslustig, stark, mit einer gewissen Position, und es gab nichts, worauf ich meine Energien lenken konnte. Es drängte mich, wieder in die Tumulte der Welt hinauszugehen.
    Aber dann, im Jahr 1188, eine Abwechslung ...
    Schon seit einigen Jahren waren Geschichten über eine Zigeunerin zu mir vorgedrungen, die eine wahre Seherin der Zeiten sein sollte; was nichts anderes heißt, als dass sie die Zukunft vorhersehen konnte. Schließlich wurde meine Neugier dadurch angestachelt, und ich beschloss, sie mir anzusehen. Sie gehörte nicht zu meinen Zigeunern, daher musste ich warten, bis sie mit ihrem Stamm durch meine Berge kam.
    Ich schickte Boten aus, die die Wanderung ihrer Sippe in die richtige Richtung lenken sollte. Ich ließ ihr ausrichten, dass sie, wann immer sie und die ihren zu mir kommen würden, meine völlige Gastfreundschaft genießen würde. Ich würde ihr größten Respekt bezeigen und jeden Dienst, den sie mir erweisen könnte, in Gold aufwiegen. Und während ich auf die Ankunft dieses angeblichen Orakels wartete, beschloss ich, meine eigenen, schwach ausgebildeten Fähigkeiten zu erproben und selbst ein paar Blicke in die Zukunft zu wagen.
    Ich mischte verschiedene Kräuter und verbrannte sie, dann schlief ich ein, während ich diesen Weihrauch einatmete, und versuchte durch Traumbilder vorherzusagen, wie es zwischen mir und dieser zweifellos betrügerischen Hexe namens Marilena ablaufen würde. In diesen Tagen hatte ich nun einmal allen Grund, mein Augenmerk auf Menschen mit besonderen Gaben zu richten und sie aufzuspüren, wann immer sich die Gelegenheit dazu bot. Mein Sohn Thibor streifte jetzt schon mehrere menschliche Lebensspannen durch die Lande, und in dieser Zeit hätte er alle möglichen Missgeburten in die Welt setzen können!
    Deswegen suchte ich nach allem, was aus dem Rahmen fiel, und konnte mich rühmen, Scharlatane aller Art entlarvt zu haben. Aber falls ich einem wirklichen Talent begegnen sollte (und falls in dessen Adern Wamphyriblut floss), dann war sein Schicksal besiegelt. Denn auch wenn für eine Kreatur wie mich das Blut das Leben ist – oder war –, so kann man den süßesten Nektar doch nur aus dem untoten Born eines anderen Vampirs schlürfen.
    Und jetzt stell dir meine Überraschung vor, als meine Traumsuche Erfolge zeigte und ich von einem dunklen Engel träumte, wo ich eine alte Hexe erwartet hatte.
    Was? Sie war noch ein Kind! Ich sah sie in meinen Träumen als ein liebliches Kind, und sie schien mir so unschuldig (doch ich täuschte mich, denn sie besaß die Erfahrung einer Hure). Sie kam nackt zu mir – sanfte Kurven, kaffeebraun, makellos; mit dunklen Augen und dunklem glänzenden Haar; die Lippen kirschrot, und die ihrer Muschel, als ich sie öffnete, mit dem rosigen Hauch frisch geschlachteten Fleisches. So stand sie vor mir, ohne Scham.
    Es waren zwei Jahrhunderte vergangen, seit Thibor mein Schloss in der Horvathei zerstört und meine Vampirfrauen vergewaltigt und ermordet hatte. Während dieser Zeit hatte ich meinen Teil weichen Szgany-Fleisches genossen und mich, wenn ich Lust dazu verspürte, in die verschiedensten Zigeunerodalisken ergossen. Das hatte alles nichts mit Liebe zu tun, wahrhaftig; ein solches Wort ließ sich nur auf andere anwenden, nie auf mich. Aber jetzt ...?
    Es war meine menschliche Seite, die von Zeit zu Zeit in meinen Träumen durchbrach. Ich blickte auf diese süße, sinnliche Prinzessin des fahrenden Volkes mit Augen, die durch menschliche Schwächen getrübt waren. Das Beben in meinen Lenden war die Liebe eines Mannes, nicht die rasende Leidenschaft der Wamphyri. Und zu meiner Schande muss ich gestehen, dass meine Träume von ihr feuchte Träume waren und ich mich in meinen Laken ergoss wie ein zitternder Jüngling, der nach den Titten seines ersten Mädchens grabscht.
    Aber in der Magie der Träume stellt sich immer das gleiche

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