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ENTSEELT

ENTSEELT

Titel: ENTSEELT Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
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mir Janos’ Geschichte zu erzählen?«, fragte der Necroscope in die leere Luft hinein.
    Das ist keine Anstrengung, sondern es wird mir ein Vergnügen sein, antwortete der andere augenblicklich. Ich habe ihn mit Lust gezeugt, und es wird mir noch größere Lust bereiten, wenn ich ihn wieder in den Staub trete!
    Aber zuerst ... erinnerst du dich noch an die Geschichte von Thibor in seinen frühen Tagen? Wie er mir mein Schloss in der Horvathei gestohlen hat? Und wie ich schwer verletzt nach Westen geflüchtet bin? Nun, ich werde es dir wieder ins Gedächtnis rufen.
    Es war so ...

ZEHNTES KAPITEL
    Thibor der Walache – dem ich mein Ei, meinen Namen und mein Banner gegeben hatte, und in dessen Hände ich mein Schloss, meine Ländereien und die Kräfte der Wamphyri gelegt hatte –, dieser verfluchte, undankbare Hund hatte mich schwer verwundet.
    Als ich brennend von den Mauern meines Schlosses stürzte, durchlebte ich unglaubliche Qualen. Zahllose mir dienstbare Fledermäuse flatterten zu mir, während ich fiel, verbrannten und starben für ihre Treue, aber dennoch gelang es ihnen nicht, die Flammen zu löschen. Ich brach durch Bäume und Büsche und stürzte brennend an der Wand der Schlucht hinunter bis ganz zum Grund. Aber durch das Blattwerk wurde mein Fall wenigstens teilweise gebremst, und ich landete in einem flachen Tümpel, der mein schmelzendes Wamphyrifleisch vor dem Schlimmsten bewahrte.
    Ich war dem wahren Tod so nahe, wie es ein untoter Vampir nur sein kann. Ich sandte einen verzweifelten Ruf an meine treuen Zigeuner aus, die im Tal lagerten. Sie kamen, hoben meinen Körper aus dem stillen, rettenden Wasser und umsorgten mich. Sie brachten mich westwärts über die Berge nach Ungarn. Auf dem Weg schützten sie mich vor Stößen und Schlaglöchern, verbargen mich vor möglichen Feinden, beschirmten mich vor den sengenden Strahlen der Sonne und brachten mich schließlich an einen Ort, an dem ich mich ausruhen konnte. Und es war eine lange Ruhe, eine Zeit der erzwungenen Zurückgezogenheit, eine Zeit, in der ich mich erholen und meinen zerbrochenen Körper neu aufbauen musste. Es war eine lange, sehr lange Zeit!
    Denn Thibor hatte mir fürchterlichen Schaden zugefügt! Alle Knochen waren zerschmettert, der Rücken und das Genick, der Schädel und die Gliedmaßen gebrochen, die Brust eingedrückt, das Herz und die Lungen durchbohrt, die Haut von Steinen und Ästen abgeschürft und durch das Feuer verbrannt ... selbst der Vampir in mir war angesengt und verletzt. Ein Monat der Heilung? Ein Jahr? Nein, ein ganzes Jahrhundert!
    Ich verbrachte meine lange Genesungszeit in einer unzugänglichen Bergfestung, und während der ganzen langen Zeit pflegten mich die Zigeuner, und dann deren Söhne und deren Söhne. Ja, und auch ihre süßen Töchter mit den festen Brüsten. Langsam heilte sich der Vampir in mir, und dann heilte er mich. Als Wamphyri kam ich wieder auf die Beine, praktizierte wieder meine Künste und wurde weiser, stärker und ehrfurchtgebietender als je zuvor. Und schließlich verließ ich meine Feste und ging hinaus in die Welt, um das Abenteuer meines Lebens neu zu planen.
    Aber es war eine schreckliche Welt, in der ich mich da wiederfand. Überall herrschte Krieg, Leid, Hungersnot, die Pest! Ja, wirklich schrecklich, aber für mich war es ein Lebenselixier – ich war ein Wamphyri!
    Ich entdeckte für mich die Ruinen einer Festung an der Grenze zur Walachei und benutzte die verfallenen Steine, um ein kleines Schloss zu errichten. In seinen Mauern war ich fast unangreifbar, und dort ließ ich mich als vermögender Bojar nieder. Ich wurde der Herr über einen gemischten Haufen aus Zigeunern, Ungarn und ortsansässigen Walachen, gab ihnen ein Dach über dem Kopf und bezahlte sie gut. Nach kurzer Zeit war ich als Gutsherr und Führer anerkannt. Und so wurde ich ein kleiner Potentat in dem Land.
    Ich vermied es dabei tunlichst, in die Walachei zu reisen. Denn da gab es jemanden, dessen Stärke und Grausamkeit bereits sprichwörtlich waren: einen Wojwoden namens Thibor, der sich als Söldner an die walachischen Machthaber verdingte. Ich hatte nicht das Bedürfnis, diesem speziellen Mann zu begegnen, der eigentlich zu diesem Zeitpunkt meine Ländereien und Besitztümer in der Horvathei in meinem Namen verwalten sollte. Noch war die Zeit nicht reif, denn sollte ich ihn jetzt sehen, dann würde ich vielleicht nicht an mich halten können. Und das konnte leicht tödlich enden, denn er war mittlerweile weit

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