ENTSEELT
Gedanken, meine Absichten, wich meinem Griff aus und stieß mit dem Speer nach mir.
Ich stand direkt am Rand der Klippe. Ich duckte mich zur einen Seite weg, und seine Waffe durchstieß meinen Mantel und streifte meine Schulter. Ich entriss sie ihm und versetzte ihm damit einen Hieb ins Gesicht. Seine Lippe platzte auf und er verlor einige Zähne. Außerdem war er zurückgezuckt und hatte sich den Schädel an der Decke der Höhle gestoßen. Als er zusammenbrach, fing ich ihn auf. Er war benommen und leistete keinen Widerstand, als ich ihn an den Rand des Abgrunds zerrte. Sein Kopf baumelte kraftlos hin und her, aber seine Augen waren offen und er beobachtete mich, während ich dem Vampir in mir die Zügel freigab und seiner Wut gestattete, mein Gesicht und meine Gestalt zu verändern.
»Ach«, knurrte ich und fletschte die Zähne, die durch die aufgeplatzten Überreste meines Kiefers brachen. »Du wolltest also ein Wamphyri sein.« Ich zeigte ihm meine Hand, die sich in die Klaue eines wilden Tiers verwandelt hatte. »Du wolltest so sein wie ich. Aber ich sage dir, Janos, der einzige Grund, warum du überhaupt menschlich bist, ist deine Mutter. Ich wollte ihr ein Kind schenken, und ich gab ihr ein Monstrum. Du hast dich einen Halbling genannt, und du hattest recht. Du bist weder das eine noch das andere, und du bist weder für Mensch noch für Tier zu etwas nütze. Du wolltest Fleisch, das du nach deinem Willen formen kannst? So sei es!« Und ich sammelte einen Klumpen aus Schleim, Spucke und Blut auf meiner gespaltenen Zunge und stieß ihn in seinen schreckensstarren Mund. Dann massierte ich seine Kehle, bis der Klumpen hinuntergewürgt war. Er würgte und keuchte, bis ihm die Augen aus den Höhlen traten, aber er konnte nichts dagegen tun.
»Da!« Ich schleuderte ihm ein wahnsinniges Lachen entgegen. »Lass das in dir wachsen und das dehnbare Fleisch erzeugen, nach dem du dich so sehnst. Dann kannst du dein eigenes Fleisch ändern, wie du es wolltest. Und du wirst etwas von einem Vampir in dir brauchen – nicht zuletzt, um deine gebrochenen Knochen wieder zu reparieren!«
Und ohne weiteres Federlesen stieß ich ihn die Felswand hinab.
Janos war übel zugerichtet. Wie ich es ihm versprochen hatte, waren alle seine Knochen zerschmettert und das Fleisch durch die Felsvorsprünge in Fetzen gerissen. Wäre er ein Mensch gewesen, wäre er gestorben. Aber es war ein Teil von mir in ihm gewesen, und jetzt war da noch mehr. Was ich in ihn hineingespien hatte, verbreitete sich schneller als eine Krebsgeschwulst, aber im Gegensatz zum Krebs verschonte es, nein rettete es sogar sein armseliges Leben. Er würde sich erholen, und er würde weiterleben, wie ich es geplant hatte.
Bevor ich mich auf den Weg nach Ungarn machte und die Reise nach Zara antrat, erteilte ich den Szgany, die zurückbleiben mussten, genaue Instruktionen: »Pflegt ihn gut. Und wenn er sich erholt hat, richtet ihm etwas von mir aus: Er muss hier bleiben und mein Schloss und mein Land beschützen, damit ich, wenn ich zurückkomme, hier alles in Ordnung finde. Bis dahin ist er hier der Herr, und seinem Willen habt ihr zu gehorchen. So soll es sein!«
Und dann schloss ich mich dem großen Kreuzzug an, dessen Geschichte und Ausgang du ja bereits kennst.
Als Faethors Stimme verklang, blickte Harry auf und sah, dass die Bulldozer ihre Arbeit aufgenommen hatten. Nur zweihundert Meter entfernt stürzte ein altes, baufälliges Gebäude in sich zusammen. Eine Staubwolke stieg auf, und Harry vermeinte, ein leichtes Beben in der Erde zu spüren. Auch Faethor fühlte es.
Was meinst du, kommen sie heute noch bis hierher?
Der Necroscope schüttelte den Kopf. »Ich glaube nicht. Auf jeden Fall scheinen sie völlig planlos vorzugehen und es nicht sehr eilig zu haben. Wird das Auswirkungen auf dich haben? Ich meine, wenn sie das Haus hier einebnen? Viel einreißen kann man da sowieso nicht mehr.«
Auswirkungen auf mich? Nein, nichts kann mir etwas anhaben, ich bin ja nicht mehr. Aber es könnte verdammt schwer werden, die Toten zu belauschen, bei all dem Krach, den die veranstalten!
Harry fühlte das bösartige Grinsen des Monsters, das sich mit der Gewissheit abfinden musste, bald in einem Betonmausoleum zu ruhen, wahrscheinlich im Fundament eines hektischen Fabrikgebäudes. Aber er grinste trotzdem, denn Faethor war nicht bereit, Harrys Mitgefühl zu akzeptieren, er wollte es nicht einmal sehen.
Deswegen war Harrys nächste Bemerkung auch sinnlos. »Na ja,
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