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ENTSEELT

ENTSEELT

Titel: ENTSEELT Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
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euch nicht mehr als das versprechen.«
    Sie versuchten, beide gleichzeitig zu sprechen, und ihre Stimmen gingen durcheinander: Harry, das ist mehr als genug. Du hast uns Hoffnung gegeben, denn jetzt wissen wir, dass wir einen Freund an einem Ort haben, der uns andernfalls verschlossen wäre. Wenn doch all die zahllosen Toten dieses Glück hätten. Aber sie haben schon Glück – weil du es bist, der über diese Fähigkeit verfügt, und nicht irgendein anderer.
    Er wanderte los und verließ den Friedhof. Er wandte sich auf der staubigen Straße nach rechts, in Richtung Bukarest. Hinter ihm verklangen die aufgeregten Stimmen aus den Gräbern allmählich. Stimmen, die jetzt untereinander diskutierten, über ihn, statt mit ihm. Er wusste, dass er gerade eine Menge neuer Freunde gewonnen hatte. Aber nach einem oder zwei Kilometern auf der Straße traf er auf zwei Männer, die nicht seine Freunde waren. Ganz im Gegenteil!
    Der schwarze Wagen fuhr aus der Gegenrichtung an ihm vorbei. Er sah sich um, als er das Quietschen der Bremsen hörte und sah, wie der Wagen eine gefährliche Kehre auf der Straße vollzog. Da wusste er, dass er in Schwierigkeiten war. Und als der Wagen dann neben ihm anhielt und die Insassen heraussprangen, gab es keinen Zweifel mehr.
    Sie waren in Zivil, aber Harry würde diesen Menschenschlag überall erkennen. Er hatte sie schon früher getroffen; nicht genau diese beiden, aber andere, die genauso waren. Was nicht verwunderlich war, denn diese Kerle waren alle ziemlich gleich. In ihren dunkelgrauen Mänteln und den Filzhüten mit den weichen Krempen, die direkt aus einem Film der Dreißigerjahre stammen könnten, gehörten sie zum rumänischen Äquivalent des russischen KGB: zum Securitate. Der eine war klein, mager und hatte ein Rattengesicht. Der andere war groß, schlaksig und etwas langsam. Ihre Gesichter waren ausdruckslos, soweit man das im Schatten der Hutkrempen beurteilen konnte.
    »Ausweis«, knurrte der Kleinere. Er streckte die Hand aus und schnippte mit den Fingern.
    »Arbeitserlaubnis«, fügte der andere langsamer hinzu. »Papiere, Dokumente, Aufenthaltgenehmigung.«
    Sie hatten beide Englisch gesprochen, und Harry war völlig überrumpelt und tappte blindlings in diese primitive Falle. »Ich ... ich habe nur meinen Pass«, sagte er, ebenfalls auf Englisch und wollte mit der Hand in seine Brusttasche greifen.
    Bevor er noch seinen gefälschten griechischen Pass zücken konnte, stieß ihm der kleine Magere eine bösartig aussehende automatische Pistole in die Rippen. »Ganz vorsichtig, Mr Harry Keogh!«, fauchte er. Als Harrys Hand langsam wieder zum Vorschein kam, riss er ihm das Dokument aus den Fingern und reichte es an den Größeren weiter.
    Während der Kleine ihn mit geübten Fingern durchsuchte, öffnete der andere seinen Pass und begutachtete ihn. Nach einem Augenblick hielt er ihn so, dass sein Kumpel ihn auch sehen konnte, ohne Harry aus den Augen zu lassen. Sie grinsten beide, kalt und ohne jede Spur von Humor. Harry dachte, dass sie ihre Haifisch-Imitation fast bis zur Vollkommenheit perfektioniert hatten. Aber er wusste auch, dass sie ihn in der Zange hatten, und für den Augenblick gab es nichts, was er dagegen tun konnte.
    Das letzte Mal, dass ihm so etwas passiert war, war in Leipzig gewesen, als er zum ersten Mal Möbius an seinem Grab besucht hatte. Damals war er durch das Möbius-Kontinuum entkommen. Außerdem hatte er sich seiner umfassenden theoretischen und praktischen Kampfsportkenntnisse bedient, die er von verschiedenen toten Meistern gelernt hatte. Er war immer noch ein Experte mit vielen Jahren der Übung, aber damals war er erheblich jünger gewesen, mit weniger Erfahrung, und hatte dazu geneigt, die Nerven zu verlieren. Heute war er viel gesetzter und das mit gutem Grund: In den Jahren seither hatte er Schrecknissen gegenübergestanden, die sich diese beiden Schläger nicht einmal vorstellen konnten.
    »Wir haben uns also geirrt«, sagte der hölzerne Typ. Sein Englisch war ein wenig kehlig, aber trotzdem sehr gut. Sogar der sarkastische Unterton kam deutlich heraus. »Sie sind nicht dieser Harry Keogh, sondern ein griechischer Herr namens ... Hari Kiokis? Ach, wie ich sehe, sind Sie Antiquitätenhändler! Aber ein Grieche, der nur englisch spricht?«
    Der Kerl mit dem Rattengesicht war direkter. »Wo hast du gestern übernachtet, Harry?« Er stieß ihm die Mündung seiner Pistole fester zwischen die Rippen. »Welcher Verräter hat dir Unterschlupf

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