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ENTSEELT

ENTSEELT

Titel: ENTSEELT Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
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solange ihr Verstand wenigstens teilweise noch ihnen selbst gehörte. Layard hatte sein Talent benutzt, um Harry in seinem Bett im Hotel auf Rhodos aufzuspüren und ihn dort festzuhalten, und Sandra war seinen Koordinaten gefolgt, um telepathischen Kontakt mit Harry aufzunehmen. Aber weil ihre Kräfte durch das, was Janos mit ihnen gemacht hatte, weitaus stärker geworden waren, hatten sie mehr erreicht, als sie erwartet hatten. Sie hatten Harry nicht nur aufgespürt und Kontakt mir ihm aufgenommen, sie hatten ihm sogar telepathischen und visuellen Zugang zu ihrem Kerker verschafft!
    Sandra war in ein dünnes gazeartiges Gewand gekleidet, das im Licht der Kerzen vollkommen durchsichtig war. Sie trug weder Schuhe noch Unterwäsche. Auf ihren Brüsten und Pobacken waren dunkle Verfärbungen, bei denen es sich nur um blaue Flecken handeln konnte. Layards Aufzug bestand aus etwas mehr Stoff: Er trug eine grobe Wolldecke, die er wie eine Tunika um sich geschlungen hatte. Da unten im Herzen der alten Burg musste es bitterkalt sein, aber Harry ging ganz richtig davon aus, dass die Kälte ihnen nichts mehr ausmachen würde.
    »Harry! Harry!«, zischte Sandra wieder und richtete ihren Blick direkt auf den Punkt, von dem aus seine körperlose Präsenz sie beobachtete. »Harry, ich weiß, wir haben dich gefunden! Warum antwortest du mir dann nicht?« Ihre Angst und ihre Enttäuschung spiegelten sich deutlich in ihren Augen.
    »Ihr ... ihr habt mich«, sagte er schließlich. »Ich musste mich nur einen Augenblick an die Situation gewöhnen, das ist alles.«
    »Harry!« Ihr Keuchen hinterließ ein Nebelwölkchen in der kalten Luft. »Mein Gott, wir haben dich wirklich erreicht!«
    »Sandra«, sagte er jetzt lebhafter. »Ich schlafe und träume, jedenfalls so ungefähr. Aber ich kann jederzeit aufwachen oder aufgeweckt werden. Ich weiß nicht, ob wir dann immer noch Kontakt zueinander haben. Du hast diese Kontaktaufnahme aus einem bestimmten Grund inszeniert, also sagst du besser sofort, worum es geht.«
    Seine Worte – diese Kälte, Distanz und Leere – schienen sie zu betäuben. Er verhielt sich nicht, wie sie es erwartet hatte. Sie ging zu dem Tisch hinüber und ließ sich neben Layard auf einen Stuhl fallen. »Harry, ich bin missbraucht worden, verändert, vergiftet. Wenn du mich je geliebt hast, müsstest du schreien und toben, wo du siehst, was jetzt aus mir geworden ist. Aber Harry, du tobst nicht.«
    »Ich fühle nichts«, sagte er. »Ich wage es nicht, etwas zu fühlen! Ich rede mit dir, das ist alles, aber ich habe dabei jedes Gefühl abgeschaltet. Bitte du mich nicht auch noch, mich meinen Gefühlen zu stellen, Sandra.«
    Sie legte den Kopf in die Hände und schluchzte herzzerreißend. »Du bist kalt, so kalt. Hast du jemals, irgendwann einmal in deinem Leben, etwas für einen anderen Menschen empfunden, Harry?«
    »Sandra. Du bist ein Vampir. Und auch wenn du es vielleicht selbst nicht weißt, zeigst du bereits die Verhaltensmuster eines Vampirs. Sie unterhalten sich nicht miteinander, sondern arbeiten mit Wortspielen. Sie spielen mit Gefühlen, die sie selbst nicht teilen, nicht einmal verstehen, Gefühle wie Liebe, Aufrichtigkeit, Ehre. Und mit anderen, die sie nur zu gut kennen, so wie Hass und Begierde. Sie versuchen, das eine für das andere auszugeben und so den Gegner zu verwirren. Und für einen Vampir ist jede andere Person, die nicht sein willenloser Sklave ist, ein Gegner. Du hast mich aufgespürt, weil du mir zweifellos wichtige Dinge zu sagen hast, aber jetzt hält der Vampir in dir dich hin und lenkt dich vom Thema ab. Er versucht, dich von deinem Vorhaben abzubringen.«
    »Du hast mich nie geliebt!«, warf sie ihm vor. Sie spie ihm die Worte entgegen und entblößte dabei ihre veränderten Zähne. Und jetzt sah er auch, dass ihre Augen, wie auch die von Ken Layard, gelb und animalisch waren. Später würden sie sich rot färben ... wenn er scheitern sollte und es ein Später für sie geben sollte.
    Harry sah sich jetzt diese beiden Gefangenen von Janos näher an, von denen die eine seine Geliebte und der andere so etwas wie ein Freund gewesen war, und er bemerkte, wie vollkommen der Vampir sein Werk an ihnen getan hatte. Es waren nicht nur die Augen, auch ihr Fleisch war kaum noch menschlich; sie waren untot und hatten zu viel von Janos selbst in sich. Sandras Schönheit, die bislang natürlich gewesen war, war jetzt nicht mehr von dieser Welt, und Layard wirkte wie eine Pappmachéfigur, die unter

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