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ENTSEELT

ENTSEELT

Titel: ENTSEELT Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
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servieren.«
    »Schön.« Sie lächelte und ging durch das alte Haus zur Vorderseite. Eigentlich war es die Rückseite. Aber so, wie diese Seite dem Fluss zugewandt war, war es für Sandra immer die »Vorderseite« gewesen.
    Als sie die große Terrassentür öffnete, die auf den ummauerten Garten hinausführte, bemerkte sie als Erstes, dass das Gartentor in dem steinernen Torbogen offen stand und schief in den rostigen Angeln hing. Und sie erinnerte sich daran, wie sie bei Tagesanbruch das Knarren gehört hatte. Vielleicht war es vom Wind aufgestoßen worden, obwohl sie sich nicht daran erinnern konnte, dass es in der Nacht besonders windig gewesen wäre.
    Sie ging durch den unregelmäßig gefliesten Wintergarten mit den verwitterten Gartenmöbeln in den Garten hinaus. Der Garten war ein sonniges Plätzchen, das von den morgendlichen Strahlen durchflutet wurde. Die Hauswand hatte sich bereits erwärmt und leuchtete in der Maisonne. Das wäre gar kein so schlechter Ort, um hier zu leben, dachte sie. Wenn Harry sich nur ein wenig mehr darum kümmern würde.
    Dabei hatte er in den letzten vier oder fünf Jahren zumindest ein wenig Arbeit in das Haus und den Garten gesteckt. Immerhin hatte er eine Zentralheizung einbauen lassen und den Versuch gemacht, den Garten auf Vordermann zu bringen. Sie ging über den Rasen zu dem Kiespfad, der ihn in der Mitte durchschnitt. Das Gras war ein bisschen länger, als es sein sollte. Am unteren Ende der Rasenfläche war der Garten auf einer Seite zu einer ebenen Fläche aufgeschüttet worden, und eine flache Steinmauer verhinderte, dass der Mutterboden weggespült wurde. Das war der sogenannte Gemüsegarten, obwohl das einzige Gemüse zurzeit aus Brennnesseln, Dornen und einem wild durchgeschossenen Rhabarber bestand.
    Sie sah, dass einige der Steine aus der obersten Lage der Mauer fehlten, und sie erinnerte sich an die knirschenden Geräusche, die sie im Halbschlaf gehört hatte. Wenn ein Teil der Mauer einfach eingestürzt oder mit der Erde heruntergeschwemmt worden wäre, dann müssten die Trümmer hier am Fuß der Mauer liegen. Aber dort war nichts, nur die oberste Lage der Steine fehlte. Und sie konnte sich nun wirklich nicht vorstellen, warum sich jemand hier hereinschleichen und Steine stehlen sollte. Vielleicht wusste Harry etwas darüber.
    Sie ging weiter bis zum Gartentor und sah über das Schilf auf den Fluss hinaus, über dessen Oberfläche noch mehrere Zentimeter Nebel lagen. Es war eine friedliche Szenerie, aber auch irgendwie unheimlich: Der Nebel lag da wie eine Sahnehaut auf der Milch und verwandelte den Fluss in ein gewundenes weißes Band, so weit das Auge reichen konnte. So etwas hatte sie noch nie zuvor gesehen. Aber vielleicht war das ein gutes Vorzeichen für einen warmen Tag.
    Dann, als sie das Tor zuzog und mit einem Stein verkeilte, hielt sie inne und zog prüfend die Morgenluft ein. Einen Moment lang war ihr, als hätte sie etwas gerochen ... etwas Fauliges? Ja, Verwesung. Aber der Geruch war sofort wieder verschwunden.
    Das war vielleicht der Grund für das Schlurfen und Scharren der letzten Nacht: Nachtaktive Tiere hatten sich am Kadaver irgendeiner armen, verendeten Kreatur gütlich getan, der im Schilf lag. Das würde auch die Maden erklären, die auf einem Algenklumpen auf dem überwachsenen Pfad direkt vor dem Tor herumkrochen.
    Maden! Igitt! Eklige Viecher!
    Und dann waren da die Rotkehlchen auf der hohen Gartenmauer, die sowohl sie wie auch die Maden abschätzig beobachteten. Sobald sie gegangen war, würden die Vögel wohl kurzen Prozess mit diesen scheußlichen Dingern machen. Guten Appetit! Sie neidete ihnen diese Mahlzeit gewiss nicht.
    Als sie sich wieder umdrehte und den Weg zum Haus hochblickte, sah sie schließlich, wohin die Steine aus der Mauer verschwunden waren. Offenbar war es doch Harrys Werk gewesen. Er hatte sie als Trittsteine auf der leicht ansteigenden Rasenfläche ausgelegt. Und aus irgendeiner Laune heraus hatte er mit ihnen Buchstaben gebildet.
    Bevor sie die Buchstaben zu Wörtern zusammensetzen konnte, tauchte Harry mit einer Kanne Kaffee, Tassen, Milch und Zucker auf der Terrasse auf. »Frühstück ist in fünf Minuten fertig«, rief er zu ihr herunter. »Wenn du den Kaffee einschenkst, hole ich in der Zeit das Essen.« Sie vergaß die Sache mit den Steinen und ging zurück zur Terrasse, wo er das Tablett mit dem Kaffee auf dem Tisch hatte stehen lassen.
    Aber mitten im Frühstück fiel es ihr dann wieder ein. »Was sollen die

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