Entsetzliches Gleichmaß
beugte sich vor. »Ich muss wissen, ob Sie den Auftrag aus rein patriotischen Gründen annehmen. Nur, um Cardassia zu dienen.«
»Selbstverständlich«, erwiderte Iliana ohne Zögern. »Das schwöre ich.«
Was verschweigst du mir hier, mein lieber Mentor?
»In dem Fall«, erklärte Entek, »gibt es noch ein kleines Detail, das Sie wissen sollten.« Er nahm ein Padd aus einer kleinen Kiste, die neben ihm stand, und reichte es ihr. Iliana sah einen Auszug des Geheimdienstberichts über Kira Nerys auf dem Display. Schnell scrollte sie sich durch den Text und merkte sich seinen Inhalt. Ein Eintrag mit der Überschrift BEKANNTE TERRORISTISCHE AKTE ließ sie stocken.
Gul Piraks Stützpunkt. Der Orden machte Kiras Zelle verantwortlich für den Bombenanschlag.
In einem anderen Leben, das ihr kaum noch wie das ihre vorkam, hatte Entek ihr Selbsterkenntnis und einen Lebenssinn versprochen. Nun war ihr, als hätte sie sie endlich gefunden – auf dem winzigen Display dieses Padds und in dem fremdartigen Gesicht auf dem Monitor des Konferenzraumes. Iliana wusste plötzlich ohne jeden Zweifel, dass alles in den letzten beiden Jahren sie auf diesen Moment vorbereitet, sie exakt hierher geführt hatte. Ruhig und gefasst legte sie das Padd auf den Tisch und sah zu Entek auf. Sie wusste, ihr Gesicht war vollkommen ausdruckslos. »Wann fangen wir an?«, fragte sie.
Ihre Eltern nahmen die Nachricht nicht gut auf.
Man hatte Iliana eine zweite, sechstägige Auszeit zugestanden, bevor die Operationen begannen. Sie entschloss, sie bei ihrer Familie zu verbringen. Iliana konnte ihren Eltern keine Details zu ihrem Auftrag verraten, doch sie wussten auch so, dass er sie für längere Zeit von Cardassia fort führen würde. Insbesondere ihre Mutter litt schwer darunter.
»Du musst das nicht tun«, sagte Kaleen am dritten Tag. »Das weißt du.« Iliana trug gerade eine frisch replizierte Tasse Ozeanblatt-Tee in Tekenys Studierzimmer. Dort wollte sie ihre liebsten Textstellen aus dem
ewigen Opfer
lesen. Doch ihre Mutter folgte ihr.
»Immer noch besser als Fischsaft«, sagte Iliana. Sie nippte an der dampfenden Tasse und suchte in Regalen ihres Vaters nach dem wunderschönen gebundenen Buch.
»Ich rede nicht von dem Tee, sondern …«
»Ich weiß, was du meinst«, unterbrach Iliana sie. Sie hatte das Buch gefunden und trat nun zu einem der bequemen Sessel des Studierzimmers. »Und du irrst dich. Ich muss es sehr wohl tun.«
Kaleen nahm ihr gegenüber Platz und beugte sich vor. »Dein Vater hat großen Einfluss. Er kann veranlassen, dass man dich versetzt.«
»Kommt nicht in Frage.« Iliana schüttelte den Kopf. »Ich will nicht, dass er sich in meine Pflichten einmischt, verstanden? Ich verbiete es.«
»Dann lehne den Einsatz ab«, drängte ihre Mutter. »Du hast doch gesagt, er sei freiwillig. Sag Entek, du hättest deine Meinung geändert.«
Iliana glaubte kaum, was sie da hörte. »Wie kannst du so etwas sagen? Ausgerechnet du?« Sie stellte Tasse und Buch auf das Tischchen zwischen ihren beiden Sesseln. »Ich habe Verpflichtungen, und vor denen werde ich mich nicht drücken, selbst wenn ich könnte.«
»Komm mir nicht mit Verpflichtungen«, warnte Kaleen. »
Du
nicht. Ich bin deine Mutter!«
»Ja, und ich deine Tochter«, erwiderte Iliana. »Aber ich bin kein Kind mehr.«
Kaleen stand auf und ging zu Tekenys Schreibtisch. Sie mühte sich vergebens, die Tränen zurückzuhalten.
»Mutter«, sagte Iliana sanft. »Es tut mir leid.«
»Nein«, entgegnete Kaleen. Ihre Fingerkuppen strichen über die
Aufstieg
-Knochenschnitzerei in der Tischmitte. »Wenn überhaupt, muss ich mich entschuldigen. Schließlich ist es meine Schuld. Ich hätte dich in eines der Institute drängen sollen, als du alt genug warst. Aber ich gönnte dir deinen Willen, bestärkte dich in deiner Unabhängigkeit. Ich ließ dich über dein Leben mitbestimmen, als du noch viel zu jung für derlei Entscheidungen warst.« Als sie sich umdrehte, waren ihre Wangen tränenfeucht. »Und das haben wir jetzt davon. Ich kann niemandem außer mir selbst die Schuld dafür geben.«
Iliana war am Boden zerstört. »Habe ich dich so sehr enttäuscht?«, fragte sie.
»Glaubst du, das ist alles, was du getan hast?« Kaleen nahm die Schnitzerei und hielt sie ihr hin. »Was hast du dir selbst angetan, Iliana, hm? Du warst einmal Künstlerin!«
»Ich war eine Närrin«, korrigierte Iliana sie und weigerte sich, die Schnitzerei anzusehen. »Und soweit ich mich entsinne, habt ihr
Weitere Kostenlose Bücher