Entsetzliches Gleichmaß
operiert. Cardassia wird mir fehlen, aber ich weiß, dass ich das Richtige tue. Der Terror auf Bajor muss enden. Vater will nicht, dass ich gehe. Mutter … Sie sieht die ganze Zeit unglücklich aus. Ich hoffe, sie verstehen es irgendwann. Ich will, dass sie stolz auf mich sind.«
Sie hielt inne. Sie hasste, was sie bislang gesagt hatte, und erwog, von vorn anzufangen. Doch die Aufnahme würde ineffektiv sein, wenn sie inszeniert wirkte. Spontaneität war wichtig. Iliana entschied sich, ihren Worten freien Lauf zu lassen.
»Du bist vermutlich verwirrt und fragst dich, wer du wirklich bist. Das kann ich verstehen. Ich kann mir weder vorstellen, was du hinter dir hast, noch wie du dich jetzt fühlst. Das ist mir alles noch nicht widerfahren. Ich kann dir nur eines sagen. Das, was ich in deiner schwierigen Lage für das Wichtigste halte. Du hast Personen in deinem Leben, denen du sehr, sehr wichtig bist, wichtiger als du vielleicht denkst. Du kannst ihnen vertrauen. Sie werden dir helfen, den Heimweg zu finden.«
Sie lächelte aufmunternd. »Willkommen daheim, Iliana. Halt im Spiegel nach mir Ausschau, okay?«
Die kosmetische Ganzkörperveränderung, der Iliana sich unterziehen musste, fand in einer geheimen medizinischen Einrichtung statt, tief in den Eingeweiden des Ordenshauptquartiers. Sie war lang, entsetzlich und schmerzhaft, denn ihr Resultat sollte nicht nur die Bajoraner, sondern auch Iliana selbst eine ganze Weile täuschen. Iliana durften keine Zweifel an ihrer Identität kommen. Da Bajoraner und Cardassianer biologisch dazu fähig waren, ohne medizinische Hilfsmittel Kinder miteinander zu zeugen, entfernte man Iliana zur Sicherheit die Eierstöcke, damit sie während etwaiger sexueller Kontakte, die im Laufe der Mission geschahen, nicht schwanger wurde. Mindur Timot, der es sich nicht nehmen ließ, die Operationen persönlich zu beaufsichtigen, hatte ihr versichert, ihre Eizellen würden bis zu ihrer Rückkehr kryogen gelagert.
Nach den ersten OPs folgten subtile Veränderungen ihres Genmaterials, damit nachwachsende Haut und Haare den festgelegten optischen Eindruck beibehielten. Weitere Behandlungen sorgten dafür, dass ihre Körpertemperatur, ihre Atmung, ihr Herzschlag sowie die Blut- und Augenfarbe langfristig der bajoranischen Norm entsprachen. Unmengen eines DNA-Maskierungsmittels – Agenten benutzten es schon seit Jahrzehnten, um ihre wahre Natur vor Bioscans zu verbergen – wurden ihr in kristalliner Form an strategischen Stellen ins Lymphsystem injiziert. Die Kristalle würden sich im Laufe der Zeit auflösen und fünf Jahre lang wirken.
Zu guter Letzt wickelte man Iliana in eine Art biomimetische Hülle. Diese, erklärte man ihr, würde die Veränderungen stabilisieren und ihr bei der Genesung helfen.
»Sie sind ein wahres Kunstwerk«, sagte Timot fröhlich. Es war der Morgen, an dem die Hülle abgenommen würde. Auch die Ärzte, die sie operiert hatten – sie begleiteten Timot bei seiner Visite – wirkten so freudig erregt, als würden sie eine neue Statue enthüllen.
Entek stand im Hintergrund und sah sie ausdruckslos an.
»Wir haben für Sie getan, was immer in unserer Macht stand«, fuhr Timot fort. »Falls Sie je genauer als mit einem oberflächlichen medizinischen Scan untersucht werden oder eine schwerwiegende Operation benötigen, wird die Wahrheit ans Licht kommen. Aber ansonsten gibt es keinen Grund, Sie nicht für eine Bajoranerin zu halten.«
Anfangs verweigerte sie den Blick in den Spiegel. Sie war noch nicht bereit, in die Augen einer Fremden zu sehen. Schon das Gefühl der glatten Gesichtshaut unter ihren viel zu blassen Fingern war ein großer Schock gewesen. Hinzukam noch, dass dort, wo früher ihre Schulterkämme gewesen waren, nun nichts mehr war. So höflich, wie sie nur konnte, bat Iliana ihre Ärzte um ein wenig Privatsphäre. Timot und sein Stab zögerten, irritiert dadurch, dass sie die Früchte ihrer Arbeit nicht in Augenschein nehmen wollte. Es war Entek, der Iliana schließlich rettete. Mit einem Ton, der keinen Widerspruch duldete, komplimentierte er die Mediziner aus dem Krankenzimmer und versprach Iliana, sie brauche erst am nächsten Tag zum Dienst zu erscheinen. Dankbar lächelte sie ihm nach, bis er die Tür hinter sich schloss. Sogar das Lächeln fühlte sich nun, da sie keine Gesichtshöcker mehr besaß, fremd an.
Irgendwann gab sie sich einen Ruck. Sie verließ das Biobett und trottete barfuß über den kalten Fliesenboden, bis sie den dicken
Weitere Kostenlose Bücher